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Freitag, 12. August 2016

Truppenbewegungen auf der Krim?

Truppenbewegungen auf der Krim?

Russland behauptet, Anschläge des ukrainischen Militärs verhindert zu haben und präsentiert einen „ukrainischen Agenten“. Doch dessen Bruder spricht von einer Entführung.
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© REUTERSUkrainisches Militär bei einer Luftwaffenübung
Schon in der Nacht auf Montag will der russische Geheimdienst FSB auf der von Russland annektierten Halbinsel Krim einen Terroranschlag auf „wichtige Elemente der Infrastruktur“ vereitelt haben. Die Nachricht darüber machte aber erst am Mittwoch die Runde, als der FSB eine offizielle Erklärung auf seiner Internet-Seite veröffentlichte und der russische Präsident Wladimir Putin in einer Pressekonferenz den Bericht bestätigte. Putin sagte, es eine „dumme und kriminelle Aktion“ des ukrainischen Geheimdienstes gewesen. Zwei russische Sicherheitskräfte und zwei Angreifer seien bei einem Kampf getötet worden, während fünf weitere Angreifer festgenommen worden seien. Putin stellte eine Verbindung her zu einem Attentat auf den Führer der prorussischen selbsternannten Volksrepublik Luhansk in der Ostukraine, Igor Plotnizki, neben dem am Wochenende eine Autobombe explodiert war. Die Ukraine habe nun zum Mittel des Terrors gegriffen, so Putin.
Die Ukraine wies die Anschuldigungen zurück. Sie seien ein Vorwand, um militärisch gegen das Land vorgehen zu können, sagte Präsident Petro Poroschenko am Donnerstag und versetzte die Streitkräfte des Landes an der Grenze zur Krim in erhöhte Gefechtsbereitschaft.

Alles nur inszeniert?

Russland präsentierte derweil den ukrainischen Staatsbürger Evgenij Panow als einen der mutmaßlichen Angreifer. Auf von Medien veröffentlichten Bildern ist der Mann mit mehreren Kratzern im Gesicht zu sehen. Er sei Mitarbeiter des ukrainischen Militärgeheimdienstes und Anführer der Saboteure gewesen, hieß es aus dem FSB. Panows Bruder widersprach dieser Darstellung auf seiner Facebook-Seite. Er sei sich sicher, dass sein Bruder aus der ukrainischen Stadt Saporosche entführt worden sei. Es gebe „keine andere Möglichkeit, wie er auf die Krim gelangt sein könnte“, schrieb er.
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Die von der Ukraine vorgebrachte Theorie, dass es sich um eine Inszenierung zu ihrem Schaden handele, wurde von vielen ausländischen Beobachtern und Medien aufgegriffen. Schon in der Vergangenheit hat der Kreml Gegnern der Annektion der Krim Terrorismus vorgeworfen. So wurde der Regisseur Oleg Senzow im August vergangenen Jahres von einem Gericht im südrussischen Rostow am Don wegen des Vorwurfs, terroristische Akte auf der Halbinsel geplant zu haben, zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt; sein Mitangeklagter, der Aktivist Alexander Koltschenko zu zehn Jahren. Moskau versucht mit dieser Strategie seit der Annektion der Krim, die Anhänger einer Wiedervereinigung mit der Ukraine einzuschüchtern und mundtot zu machen.
© REUTERSUkraine versetzt Truppen in höchste Alarmbereitschaft
Ukrainische Beobachter sehen die jüngsten Terrorvorwürfe in Verbindung mit russischen Truppenbewegungen. Die russische Armee habe in den vergangenen Tagen zusätzliche Ausrüstung auf die Halbinsel gebracht, heißt es. Hinter den Berichten stehen ukrainische Befürchtungen, Russland bereite eine militärische Aktion gegen das Land vor. Russland hatte die Krim besetzt, während die Weltöffentlichkeit die Olympischen Spiele in Sotschi feierte. Ukrainische Beobachter befürchten nun, dass Moskau darauf setzen könnte, dass die öffentliche Aufmerksamkeit durch die Olympischen Spiele in Rio und den Kampf gegen die Terrorgruppe „Islamischer Staat“ in Syrien und Irak abgelenkt ist. Der Grund der Truppenbewegungen ist jedoch unklar. Es könnte auch sein, dass sie Teil eines anstehenden Manövers sind.

Sabotageakte früher auch von Gegnern der Okkupation verübt

Andererseits haben die Gegner der russischen Okkupation auch schon in der Vergangenheit Sabotageakte verübt. Im vergangen Jahr wurden Strommasten gesprengt, die für die Stromversorgung der Krim wichtig sind. Damals steckten dahinter vor allem Krimtataren, eine Bevölkerungsgruppe, die die Annexion scharf ablehnt und deswegen Kreml-Repressionen ausgesetzt ist. Erst am Donnerstag schickte ein Gericht den unter der Parkinson-Krankheit leidenden Tatarenführer Ilmi Umerow wegen „Extremismus“ zu einer „psychiatrischen Begutachtung“.
In die Sprengung der Strommasten war der ukrainische Geheimdienst allerdings nicht involviert, wie er es jetzt nach russischen Angaben sein soll. Russische Sicherheitskreise berichteten, die am Wochenende Festgenommenen hätten zugegeben, dem Tourismus auf der zur Ukraine gehörenden Halbinsel schaden zu wollen, berichtete die russische Zeitung „Kommersant“. Die Zeitung „Vedomosti“ zitiert wiederum einen ungenannten FSB-Mitarbeiter mit der Aussage, die Ukraine habe mit der Aktion das Ziel verfolgt, Russland in der internationalen Öffentlichkeit schlecht dastehen zu lassen.
Ungeachtet dessen, ob der von Russland dargestellte Vorfall tatsächlich stattgefunden hat, rückt eine Lösung des Ukraine-Konflikts damit in noch weitere Ferne. Wladimir Putin sagte bei seiner Pressekonferenz, dass die für den G-20-Gipfel in China geplanten Gespräche über den Konflikt im Normandie-Format - Russland, Ukraine, Deutschland und Frankreich - „sinnlos“ seien.

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