ZwangsabgabenDie Grenzen der deutschen Einlagensicherung
19.03.2013 · Die deutsche Kreditwirtschaft garantiert fast alle Einlagen ihrer Kunden. Doch jenseits der gesetzlichen Grenze sind Zweifel angebracht - vor allem bei privaten Instituten.
Von MARKUS FRÜHAUF
Die gute Nachricht zuerst: Kein deutscher Sparer hat bislang in einer Schieflage seiner Bank Einlagen verloren. Doch das erfreuliche Ergebnis wird durch zwei Faktoren getrübt: Erstens, zu den Einlagen zählen keine Indexzertifikate, wie sie etwa die deutsche Tochtergesellschaft der zusammengebrochenen amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers hierzulande vertrieben hat. Diese sind in der Regel als nachrangige Anleihen konzipiert, die im Insolvenzfall erst weit nach den vorrangigen Schulden - dazu zählen Einlagen oder Anleihen - bedient werden.
Zweitens, einen Rechtsanspruch der Kunden auf einen vollumfänglichen Einlagenschutz, wie ihn die Sparkassen sowie die Volks- und Raiffeisenbanken versprechen, gibt es nicht. Dieser geht nur bis zu 100.000 Euro je Institut, entsprechend der in den 27 Mitgliedsländern der Europäischen Union geltenden gesetzlichen Sicherung. Über diese Grenze hinaus ist die Einlagensicherung Vertrauenssache.
Und da können die Bankkunden schnell ins Zweifeln geraten. Privatpersonen, Unternehmen und öffentliche Stellen haben der deutschen Kreditwirtschaft Einlagen über 2,9 Billionen Euro anvertraut. Diese Einlagen unterliegen zum einen dem gesetzlichen Schutz, für den die jeweiligen Entschädigungseinrichtungen und Sicherungstöpfe der Verbünde aufkommen. Darüber hinaus gibt es den über das gesetzliche Limit hinausgehenden freiwilligen Einlagenschutz. Und da sind Zweifel erlaubt.
Rechtlich belastbar ist die Garantie der Kanzlerin nicht
Denn in den Sicherungseinrichtungen der jeweiligen kreditwirtschaftlichen Säulen dürften deutlich weniger als ein Prozent der Gesamteinlagen liegen. Gegen die Schieflage einer größeren Bank und einen dadurch ausgelösten Ansturm auf die anderen Institute sind diese Einrichtungen nicht gewappnet. Deshalb war auf dem Höhepunkte der Finanzkrise nach dem Lehman-Kollaps auch die Einlagengarantie der Bundeskanzlerin Angela Merkel nötig. Diese wurde nun durch ihren Regierungssprecher erneuert. Aber rechtlich belastbar ist die Garantie der Kanzlerin nicht.
Mit ihren nur mager gefüllten Sicherungstöpfen, auch „Feuerwehrfonds“ genannt, versprechen Sparkassen (samt Landesbanken) sowie Volks- und Raiffeisenbanken (einschließlich DZ und WGZ Bank) einen vollumfänglichen Schutz der Kundeneinlagen. Private Institute wie Deutsche Bank, Commerzbank oder Hypo-Vereinsbank (HVB) müssen ihre Einrichtung reformieren und fahren den Schutz bis zum Jahr 2025 schrittweise zurück. Derzeit beträgt er noch 30 Prozent des haftenden Eigenkapitals. Damit reicht die Sicherungsgrenze für einen Privatkunden der Commerzbank derzeit bis zu 6,3 Milliarden Euro. Hochgerechnet auf 11 Millionen Commerzbank-Kunden, ergibt sich die (rein hypothetische) Garantiesumme von fast 70 Billionen Euro.
Ab 2015 sinkt der Schutz der Privatbanken auf 20 Prozent des Eigenkapitals, von 2020 auf 15 Prozent und fünf Jahre später auf die endgültige Grenze von 8,75 Prozent. Dann würde die Sicherungsgrenze für die Commerzbank auf 1,8 Milliarden Euro je Kunden sinken. Dass die Privatbanken ihre Einlagensicherung reformieren, ist auch dem Lehman-Kollaps geschuldet. Um die Kundeneinlagen der deutschen Tochtergesellschaft auszuzahlen, war eine staatliche Garantie nötig. Dies zeigt, dass die Sicherungseinrichtung den im Vergleich zu einer Großbank eher kleinen Schadensfall nur mit staatlicher Rückendeckung auffangen konnte.
Ein weiterer Grund ist auch der Ärger deutscher Privatbanken darüber, dass sie mit ihrer Einlagensicherung auch ausländische Wettbewerber wie ING-Diba oder Santander Consumer Bank versichern. Denn die Auslandsbanken gehören der privaten Einlagensicherung an und haben im vergangenen Jahr ihre Einlagen laut Bundesbank um 22 Milliarden auf 94 Milliarden Euro ausgeweitet. „Wir subventionieren deren Marktanteilsgewinne“, ist aus einer Frankfurter Großbank zu hören.
Den vollen Einlagenschutz versprechen die öffentlich-rechtlichen Sparkassen und die genossenschaftlichen Volks- und Raiffeisenbanken. Das Zauberwort lautet „Institutssicherung“ und dafür kämpfen die ansonsten im Wettbewerb stehenden Verbünde gemeinsam in Berlin und Brüssel. Gerät eine Sparkasse oder Volksbank in eine Schieflage, wird sie durch die Sicherungseinrichtung ihrer Verbünde aufgefangen. Das Institut kann zwar vom Markt verschwinden.
Für dessen Verbindlichkeiten, zu denen die Einlagen zählen, haftet aber der Verbund. Volks- und Raiffeisenbanken haben in der Finanzkrise die Probleme der DZ Bank oder der Deutschen Apotheker- und Ärztebank aus eigener Kraft gemeistert. Nicht ganz so weiß sieht die Weste der Sparkassen aus. Denn für ihre Spitzeninstitute, die Landesbanken wie die inzwischen untergegangene West LB, musste vor allem der zweite wichtige Anteilseigner herhalten: Das waren die jeweiligen Bundesländer und damit die Steuerzahler.
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