Zypern – schon wieder ein PSI?
Die Situation in Zypern hat sich in den letzten Wochen dramatisch zugespitzt, nachdem S&P das drittkleinste Land der Eurozone auf CCC+ herabgestuft hat, während die Kurse zypriotischer Staatsanleihen drastisch gesunken sind. Es lässt sich also nicht nur eine sprachliche Nähe zu Griechenland feststellen, sondern auch eine ökonomische. Das Land benötigt angesichts seines maroden Bankensektors 17 Mrd. Euro Hilfsgelder, die wiederum von der EU und dem IMF bewilligt werden müssen. Sogar Russland hat sich als potenzielles Geberland angeboten, was allerdings vor allem daran liegen dürfte, dass Zypern russisches Kapital verwaltet. Das Problem besteht allerdings darin, dass Russland an einem bereits von der EU und dem IMF geschnürten Rettungspaket teilnehmen würde, genau dieses aber aktuell daran scheitert, dass die EU einen Schuldenschnitt kategorisch ablehnt, während der IMF darauf besteht. Die entscheidende Frage ist also, ob es zu einem weiteren PSI (Private Sector Involvement, also ein Schuldenschnitt bei den Privatinvestoren, die zypriotische Staatsanleihen halten) in der Eurozone nach dem griechischen im März 2012 kommt.
Angesichts der Erfahrungen mit dem griechischen PSI (rechtliche Fragen etc.) sollte es keinesfalls verwundern, dass sich Europa nicht mit einem zweiten Restrukturierungsfall beschäftigen möchte. Man kann Griechenland als einen Einzelfall verkaufen – falls das Beispiel allerdings Schule macht, erscheint es sehr problematisch, die für die Refinanzierung der europäischen Staatsschulden dringend notwendigen ausländsichen Investoren in Zukunft für europäische Staatsanleihen begeistern zu können – wenn diese offensichtlich jederzeit restrukturiert werden können und Investorenrecht ignoriert werden kann. Aus europäischer Sicht wäre es also sehr viel eleganter, Hilfsgelder aus dem ESM zur Verfügung zu stellen, wobei das Argument herangezogen wird, dass es sich um ein spezielles Problem des Bankensektors (wiederum der größte Halter zypriotischer Staatsanleihen) handelt. Der IMF wiederum besteht auf einem Schuldenschnitt à la Griechenland, um eine nachhaltige Lösung umzusetzen, die das Land in die Lage versetzt, in Zukunft seinen Schuldendienst leisten zu können. Die aus Sicht des IMF (rein ökonomisch betrachtet) erfolgreiche Umsetzung des Griechenland-PSI spricht also dafür, denselben Mechanismus auch bei Zypern anzuwenden. Diese politische „Patt-Situation“ kann jedoch ökonomisch leicht aufgelöst werden.
Die gesamte Staatsverschuldung Zyperns beläuft sich auf knapp 10 Mrd. Euro. Davon sind rund 3,7 Mrd. Euro „Foreign Loans“ v. a. Russlands und der Europäischen Entwicklungsbank. Das Volumen von „Local Loans“ beläuft sich auf knapp 2 Mrd. Euro, während ca. 3,8 Mrd. Euro in International Bonds ausstehend sind. Wie die Erfahrung Griechenlands lehrt, haben v. a. letztere einen immensen Wert, da sie eben nicht einfach durch einen parlamentarischen Beschluss restrukturiert werden können. Bleiben also ca. 5,7 Mrd. Euro an Verbindlichkeiten, die von einem PSI betroffen sein könnten. Jedoch können auch die 3,7 Mrd. Euro Foreign Loans nicht im Rahmen eines PSI restrukturiert werden, da sie sich in öffentlichen Händen befinden. Verbleiben also letztlich nur ca. 2 Mrd. Euro an Local Loans, die wiederum hauptsächlich bei zypriotischen Banken liegen. Ein PSI hätte also keinerlei Entschuldungswirkung, da nur etwa 20 % restrukturiert der Verbindlichkeiten werden können und diese Restrukturierung v. a. den inländischen Bankensektor trifft, der ja der Auslöser des Hilfsanstrags ist! Ein PSI macht folglich ökonomisch keinerlei Sinn, weshalb die Forderung des IMF eher als verhandlungstaktische Maßnahme gesehen werden kann und weniger als ernstzunehmender Vorschlag.
Wie sieht der Markt die Situation? Die implizite Ausfallwahrscheinlichkeit im CDS-Markt liegt im einjährigen Bereich bei knapp 20 %, steigt sukzessive an und liegt im fünfjährigen Bereich bereits bei über 50 %. Aber anders als kurz vor dem Griechenland-PSI handelt die CDS-Kurve noch nicht flat! Das heißt, der Markt zweifelt momentan noch an einem PSI für Zypern und wir teilen diese Meinung angesichts der obigen Argumentation. 2013 werden ca. 2,2 Mrd. Euro zypriotischer Verbindlichkeiten fällig, wobei Zypern bis Ende Februar 2013 refinanziert ist. Eine Lösung muss also in den nächsten zwei Monaten gefunden werden, wobei es aktuell danach aussieht, dass die europäischen Rettungsfonds angezapft werden und es zu keinem weiteren Restrukturierungsfall in Europa kommt.
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