Schuldenstreit mit HedgefondsDie Geier kreisen über Argentinien
Der Druck der Hedgefonds auf Argentinien wächst. Ein amerikanischer Richter blockiert die Schuldenzahlungen in Buenos Aires. Bald sind die letzten Devisenreserven aufgezehrt.
28.03.2015, von CARL MOSES, BUENOS AIRES
© AFPArgentiniens Präsidentin Cristina Kirchner nennt die Blockade des amerikanischen Richters „Erpressung“.
Argentinien gerät in dem seit Jahren schwelenden Schuldenkonflikt mit Hedgefonds immer stärker unter Druck. Ein amerikanisches Gericht untersagt Argentinien nun selbst die Bedienung von Fremdwährungsanleihen im eigenen Land, solange die Regierung die seit dem Staatsbankrott von 2001 offenen Anleiheschulden im Besitz der Hedgefonds nicht zurückzahlt. Für Argentinien wird es damit immer schwerer, überhaupt noch neue Fremdwährungsanleihen zu begeben. Ein zunehmender Devisenmangel veranlasst die Regierung schon seit längerem, Importe und Devisenkäufe zu rationieren. Nicht zuletzt aus diesem Grund rutschte Argentiniens Wirtschaft 2014 in eine Rezession.
Nach Argentiniens Zahlungseinstellung auf rund 100 Milliarden Dollar Staatsschulden Ende 2001 hatten insgesamt 93 Prozent des Gläubigerkapitals in mehreren Umschuldungsrunden einen Verzicht auf mehr als zwei Drittel ihrer Forderungen akzeptiert. Von den 7 Prozent der Gläubiger, die eine Umschuldung verweigerten (Holdouts), zogen viele vor Gericht, um die volle Zahlung einzuklagen. So auch die amerikanischen Hedgefonds NML und Aurelius, die Argentiniens Anleihen zu Ramschpreisen aufgekauft hatten und nun rund 1,7 Milliarden Dollar einfordern. Der New Yorker Richter Thomas Griesa hatte schon 2012 entschieden, dass Argentinien zunächst die Forderungen der Hedgefonds erfüllen müsse, bevor es Zahlungen auf die umgeschuldeten Anleihen leisten dürfe. Ein Einspruch Argentiniens beim Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten wurde nicht erhört. Seit Juni 2014 blockiert Richter Griesa die über New York kanalisierten Zahlungen auf Argentiniens Umschuldungsanleihen im Ausland, da Argentinien sich weiter weigert, an die Hedgefonds zu zahlen.
Staatspräsidentin Kirchner bleibt hart gegenüber den Hedgefonds
Mitte März entschied Richter Griesa überdies, dass Argentinien auch umgeschuldete Anleihen, die nach argentinischem Recht begeben wurden und in Buenos Aires verwaltet werden, nicht mehr bedienen darf, solange es die Hedgefonds nicht befriedigt. Lediglich die lokale Filiale der amerikanischen Citibank, die dadurch in eine Zwickmühle zwischen der amerikanischen und der argentinischen Justiz geriet, erhielt in einer Vereinbarung mit den Hedgefonds und dem Gericht eine bis Juni befristete Ausnahmegenehmigung für die Abwicklung von Schuldenzahlungen. Bis dahin will sich die Bank aus dem Depotgeschäft in Argentinien zurückziehen.
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Für Argentinien wird es nun eng. Trotz kurzfristiger Währungshilfen aus China decken die Devisenreserven nur noch den Importbedarf von fünf Monaten. Seit Richter Griesa Argentiniens Schuldenzahlungen blockiert, gilt das Land bei Ratingagenturen als teilweise zahlungsunfähig.
Argentiniens Zugang zu neuen Devisenkrediten ist seither noch enger begrenzt. Zudem wird spekuliert, dass der Richter demnächst sämtliche Emissionen von Fremdwährungsanleihen durch Argentinien mit seinem Embargo belegen könnte. Im Februar musste Argentinien bereits auf eine geplante Emission von 2 Milliarden Dollar am lokalen Markt verzichten, weil die mit der Abwicklung beauftragten Banken schon aufgrund einer bloßen Anfrage Griesas nach den Details der Transaktion einen Rückzieher machten. Ohne Zugang zu neuen Krediten dürften sich Argentiniens Devisenengpässe weiter verschärfen. Allein die Schuldenfälligkeiten sind im laufenden Jahr mehr als doppelt so hoch wie im Vorjahr und entsprechen nahezu den gesamten Netto-Devisenreserven des Landes.
Argentiniens Staatspräsidentin Cristina Kirchner bleibt dennoch bei ihrer harten Haltung gegenüber den von ihr als „Aasgeier“ bezeichneten Hedgefonds. Die Verfügungen des New Yorker Richters wertet sie als „Erpressung“. Die Geierfonds sollen nicht mehr kassieren als die anderen Gläubiger, beharrt Kirchner. Ein mögliches Einknicken gegenüber den Hedgefonds, das die meisten Ökonomen auf längere Sicht für unvermeidbar halten, will Kirchner offenbar ihrem im Oktober zu wählenden Nachfolger überlassen – zusammen mit einer leeren Devisenkasse.
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