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Samstag, 23. März 2013

Zyperns Parlament für Solidaritätsfonds


Abstimmung

Zyperns Parlament für Solidaritätsfonds

Wirtschaftsnachrichten 
Zyperns Notenbankchef Demetriades im Fokus der Aufmerksamkeit.
Zyperns Notenbankchef Demetriades im Fokus der Aufmerksamkeit. (Bild: Keystone / AP)
Das zypriotische Parlament hat spät am Freitagabend Teile eines Massnahmenpakets verabschiedet, die das Land vor der Pleite bewahren sollen. Die am Dienstag abgelehnte Zwangsabgabe steht wieder zur Diskussion.
Elena Panagiotidis, Nikosia
Das zypriotische Parlament hat am späten Freitagabend Teile eines Massnahmenpakets verabschiedet, die das Land vor der Pleite bewahren sollen. Die meisten Abgeordneten stimmten für die Einführung von Kapitalverkehrskontrollen, die massive Kapitalabflüsse verhindern sollen, wenn die seit letztem Samstag geschlossenen Banken am Dienstag wieder öffnen. Das Gesetz sieht vor, dass der Finanzminister und die Zentralbank Zyperns alle nötigen Massnahmen treffen dürfen. So braucht es wohl eine Genehmigung der Zentralbank, um grössere Summen ins Ausland zu überweisen.

Streit um Pensionskassen

Die Parlamentsabstimmung über Alternativlösungen, die Zypern vor der Pleite bewahren sollen, war im Laufe des Freitags mehrere Male verschoben worden. Grund für die Verschiebung war, dass der von der zypriotischen Regierung eingebrachte Vorschlag eines nationalen Solidaritätsfonds – namentlich die Einbeziehung der Pensionskassen – auf grosse Kritik seitens der europäischen Partner gestossen ist. Das Parlament billigte auch diesen Vorschlag. Bereits am Donnerstag hatten sich die Parteiführer auf diesen Fonds geeinigt, mit dem ein Teil der 5,8 Mrd. € zusammenkommen soll, den Zypern als Eigenleistung im Gegenzug für Hilfskredite in Höhe von 10 Mrd. € erbringen muss. Laut Medienberichten würden durch diese faktische Verstaatlichung zwischen 2,2 und 2,8 Mrd. € zusammenkommen. Die Kassen bekämen im Gegenzug Anleihen auf den Fonds. Dieser soll unter anderem durch die erwarteten Gewinne gesichert werden, die aus Erdgasvorkommen vor der zypriotischen Küste erwartet werden. Allerdings stiess die Hinzuziehung der halbstaatlichen, staatlichen und privaten Pensionskassen auf Widerstand. So sagte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, Europa werde eine Verstaatlichung der zypriotischen Pensionskassen nicht dulden.
Vor diesem Hintergrund kam die Zwangsabgabe auf Bankguthaben, die das zypriotische Parlament am Dienstagabend verworfen hatte, am Freitag doch wieder aufs Tapet. Dies soll jedoch nur Einlagen über 100 000 € betreffen. Verschiedene Prozentsätze wurden genannt. Einige Agenturen sprachen von 7%, das staatliche Fernsehen sprach sogar von bis zu 25%. Über diese Teilenteignung von Bankkunden will das Parlament am Samstag beraten.
Der Vorsitzende der Euro-Gruppe, der niederländische Finanzminister Jeroen Dijsselbloem, hatte am Freitag erneut betont, dass ein Beitrag der zypriotischen Banken unumgänglich sei. Zudem musste der Finanzminister Zyperns, Michalis Sarris, unverrichteter Dinge aus Moskau zurückkehren (siehe Zusatz).
Angesichts der dramatischen Situation drangen auch die Vorstände mancher Banken darauf, zu dem ursprünglichen Vorschlag aus Brüssel zurückzukehren. Der CEO der Bank of Cyprus, der grössten zypriotischen Bank, Andreas Artemis, appellierte am Nachmittag an das Parlament, einer Abgabe auf Einlagen über 100 000 € zuzustimmen, um den Kollaps des Bankensektors zu verhindern.

Aufspaltung der Laiki Bank

Des Weiteren wurde am Abend die Zerschlagung der Laiki Bank (Popular Bank) beschlossen. Im Fall des zweitgrössten Kreditinstituts des Landes hatte die Regierung bereits am Donnerstag bekanntgegeben, die Bank in eine «Good Bank», die mit der Cyprus Bank, der grössten Bank des Landes, verschmolzen werden soll, und eine «Bad Bank» aufzuspalten. Die «Good Bank» soll die Geldeinlagen mit einer Höhe von 100 000 € erhalten, ebenso wie Immobilien und Kredite, die normal bedient werden. Ungesicherte Kredite und Einlagen über 100 000 € sollen in der «Bad Bank» verbleiben. Ziel der Abwicklung der Bank ist es, den Rekapitalisierungsbedarf der Banken zu verringern. Bei den Bankangestellten stiess der Vorschlag jedoch auf Widerstand. Takis Phidias, CEO der Laiki Bank, wies warnend darauf hin, dass eine Aufspaltung der Bank nicht nur eine Katastrophe für die Bank, sondern für die gesamte Wirtschaft des Landes sein werde.
Die Restrukturierung des aufgeblähten Bankensektors der Insel ist eine der Bedingungen, damit Zypern Finanzhilfen von der EU erhält. Am Freitag einigten sich Athen und Zypern darauf, dass griechische Banken die Filialen zypriotischer Banken übernehmen. Ziel dieser Transaktion ist es, eine Übertragung der Bankenpanik von Zypern auf Griechenland zu verhindern (siehe Zusatz). Die Europäische Zentralbank hatte am Donnerstag gewarnt, sie werde die Notfallversorgung der zypriotischen Banken mit Liquidität nur bis Montag unterstützen, falls bis dahin kein überzeugender Rekapitalisierungsplan für die Geldhäuser vorliege. Die Finanzminister der Euro-Gruppe wollen am Sonntag in Brüssel zu einem Sondertreffen wegen der Zypern-Krise zusammenkommen.

Der Kapitalverkehr im EU-Recht

Der EU-Wirtschaftskommissar Rehn hat laut Angaben seines Sprechers Zypern aufgerufen, die geplanten Gesetze zur Bankenabwicklung und über Einschränkungen des Kapitalverkehrs unverzüglich zu verabschieden. Das Abwicklungs-Gesetz müsse gegebenenfalls auf jede Bank und nicht nur auf einen spezifischen Fall anwendbar sein.
Beim Kapitalverkehr geht es um Massnahmen, die nach der für Dienstag geplanten Öffnung der zypriotischen Banken Kapitalflucht verhindern sollen. Sie widersprechen dem in Art. 63 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU fixierten freien Kapitalverkehr innerhalb der EU und mit Drittstaaten, einer der Grundfreiheiten des Binnenmarkts. Doch erlaubt der Vertrag Ausnahmen, sofern sie verhältnismässig und nötig sind (etwa «aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit»). Seien die Kriterien erfüllt, könne ein Mitgliedstaat Einschränkungen ohne vorgängige Erlaubnis der EU-Kommission verhängen, sagte eine Kommissionssprecherin.

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