Allein im Bundesland Hessen zeigten sich seit Anfang Jahr 1009 Steuersünder selbst an. Das führte laut dem Hessischen Ministerium für Finanzen zu vorläufig festgesetzten Mehrsteuern von 35,9 Millionen Euro. Bayern verbuchte gar 70 Millionen Euro im ersten Halbjahr 2013, die von 1179 Steuersündern stammen.
Allein in diesen zwei Bundesländern führte dies seit 2010 zu Mehreinnahmen von 1,1 Milliarden Euro. Ausgelöst hatte die Flut von Selbstanzeigen Nordrhein-Westfalen. Im Februar 2010 kam aus, dass das Bundesland für 2,5 Millionen Euro eine erste CD mit Daten steuersäumiger Credit-Suisse-Kunden gekauft hatte. Zuletzt hatte Rheinland-Pfalz im April bestätigt, 40 000 Datensätze für rund vier Millionen Euro gekauft zu haben. Gemäss Finanzminister Carsten Kühl lassen sich damit bundesweit Mehreinnahmen von 500 Millionen Euro erzielen.
Schweizer Banken machen Druck
Jede Meldung über einen CD-Kauf führt dazu, dass weitere Steuersünder eine Selbstanzeige einleiten. Aber auch Schweizer Finanzinstitute wollen keine Kunden mehr mit unversteuerten Geldern. Es gibt solche, sagt Steueranwalt Rainer Spatscheck von der Münchner Kanzlei Streck Mack Schwedhelm, die von Kunden verlangen, ihre Situation bis Ende Jahr zu bereinigen.
Die Hochrechnung
Die Berechnung basiert auf folgenden Annahmen: Gemäss einer Dokumentation des Beratungsunternehmens Ernst & Young (EY) zahlt ein Steuersünder 85100 Euro an Nachsteuern, wenn er eine Million Euro hinterzogen hat. Dazu kommen Nachzinsen von 25900 Euro. Eine Selbstanzeige bringt dem Fiskus also zusätzliche Einnahmen von 111000 Euro pro hinterzogene Million. Oder andersrum: Die hinterzogenen Vermögenswerte sind neunmal höher als die Kosten der Selbstanzeige. Das ist eine konservative Schätzung. Die Berechnungen basieren laut EY-Partner Hanno Kiesel auf der Basis des höchsten Steuersatzes. (sei)
Gemäss einer Umfrage der «Nordwestschweiz» meldeten sich 2013 bei den Finanzministerien von Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz bisher 8400 Steuersünder. Total dürften in Deutschland rund 50 000 Selbstanzeigen eingegangen sein. Aufgrund der Angaben der Bundesländer Bayern und Hessen lässt sich hochrechnen, dass diese Deutschen ihrem Fiskus bundesweit Mehreinnahmen von 4,7 Milliarden Euro in die Kassen spülen. Das entspricht 5,8 Milliarden Franken.
Pro Selbstanzeige budgetiert Bayern 96 500 Euro, Hessen 91 500. Ein Steuersünder versteckte im Schnitt Vermögenswerte von 847 000 Euro vor dem Fiskus. Daher schätzt die «Nordwestschweiz», dass die 50 000 reuigen Steuersünder Vermögenswerte von total 42 Milliarden Euro oder umgerechnet 52 Milliarden Franken vor dem Fiskus versteckt hatten. «Dies ist plausibel», sagt Hanno Kiesel, Leiter Steuerstrafrecht bei Ernst & Young in Deutschland. Auch beim Finanzministerium Hessens hält man die Hochrechnung für «plausibel und in sich schlüssig».
Auf Steuerämter wartet viel Arbeit
Ein Löwenanteil dieser Steuersünder hat ihr Geld in der Schweiz parkiert. Das Deutsche Bundesfinanzministerium ging im September 2012 davon aus, dass in der Schweiz «unversteuerte Kapitalanlagen in Höhe von 60 bis 95 Milliarden Franken» parkiert seien. Vom später von den Sozialdemokraten versenkten Abgeltungssteuer-Abkommen (siehe Box rechts) erhofften sich die Deutschen Mehreinnahmen von zehn Milliarden Euro. Da Selbstanzeigen für Steuerhinterzieher meist günstiger sind, ist offen, ob diese Summe nun effektiv erreicht wird. Allerdings haben wohl noch Zehntausende keine Nachdeklaration eingeleitet.
Hessen für Steuerabkommen
Auf die jetzt schon überlasteten Steuerämter in Deutschland wartet eine Menge Arbeit. Überlastet seien auch Schweizer Banken, sagt Steueranwalt Spatscheck: «Bis ein Kunde, der eine Selbstanzeige machen will, von seinem Finanzinstitut sämtliche dafür nötigen Steuerbescheinigungen und Depotauszüge erhält, dauert es im Schnitt zwei bis sechs Monate.»
Hessens Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) bedauert, dass die Sozialdemokraten das Abkommen für eine Abgeltungssteuer versenkt haben. Beim Ankauf von Steuer-CDs handle es sich «stets um Zufallsfunde», sagt er. Damit würden «lediglich Einzelfälle» aufgegriffen: «Wir wollen aber alle erwischen.» Deshalb hält er nach wie vor ein Steuerabkommen mit der Schweiz für «das richtige und wirkungsvollste Instrument»: «Damit sorgen wir einerseits für Rechts- und andererseits für Einnahmensicherheit für die Haushalte von Bund und Ländern.»