Gesamtzahl der Seitenaufrufe

Freitag, 27. Dezember 2013

Verhaftungen, Rücktritte, Justizbehinderung: Der Korruptionsskandal in der Türkei weitet sich immer weiter aus. Das alarmiert auch Anleger und Unternehmen. Ihr Vertrauen in den Wirtschafts-Mann Erdogan ist erschüttert

REGIERUNGSKRISE IN DER TÜRKEIInvestoren fliehen vor Erdogan

Verhaftungen, Rücktritte, Justizbehinderung: Der Korruptionsskandal in der Türkei weitet sich immer weiter aus. Das alarmiert auch Anleger und Unternehmen. Ihr Vertrauen in den Wirtschafts-Mann Erdogan ist erschüttert.
Investoren zweifeln an Ministerpräsident Erdogan: „Die jüngsten Meldungen unterminieren die Fassade der Wirtschaftskompetenz der Regierung“
Investoren zweifeln an Ministerpräsident Erdogan: „Die jüngsten Meldungen unterminieren die Fassade der Wirtschaftskompetenz der Regierung“
DüsseldorfDie schwere Regierungskrise in der Türkei beunruhigt zunehmend auch Unternehmen und Investoren. Nach der radikalen Kabinettsumbildung in Folge eines Korruptionsskandals fiel die türkische Lira am Freitag zum Dollar auf ein Rekordtief von 2,146 Lira. Der Leitindex der Börse in Istanbul brach bis Freitagmittag um vier Prozent ein, hatte zeitweise gar sechs Prozent im Minus notiert. Neben der Währung gerieten türkische Staatsanleihen massiv unter Verkaufsdruck, nachdem sich ausländische Investoren teilweise aus dem Markt verabschiedet haben.
Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hatte am Donnerstag zehn Minister und damit die Hälfte seiner Regierung ausgetauscht. Zuvor waren mehrere Minister im Zuge von Korruptionsermittlungen zurückgetreten. Die türkische Opposition wirft Erdogan vor, konspirative Ziele zu verfolgen und sich ein Kabinett aus gefügigen Ministern schaffen zu wollen. Diese seien Teil von Erdogans Machtstrukturen, mit denen er das Land ohne demokratische Kontrolle regieren wolle. Der türkische Premier selbst sprach von einer Schmutzkampagne gegen seine Regierung.
Mit Erdogan ist ausgerechnet der Politiker unter Druck geraten, der sich als Mann des wirtschaftlichen Aufschwungs in der Türkei gibt und lange das Vertrauen der Geldgeber genoss. „Die jüngsten Meldungen unterminieren die Fassade der Wirtschaftskompetenz der Regierung“, sagte US-Anlagestratege Michael Shaoul von Marketfield Asset Management.

Türkei: Wer ist Erdogan?

Ausländische Anleger sehen das offenbar ähnlich: Sie haben in der vergangenen Woche und in der Woche davor Bonds im Wert von rund zwei Milliarden Dollar verkauft. Derzeit sind noch Anleihen im Wert von rund 54 Milliarden Dollar im Besitz von Ausländern – im Mai waren es noch 72 Millionen Dollar. Am Freitagvormittag stieg der Zinssatz der Staatsanleihe mit zehnjähriger Laufzeit um 0,46 Prozent auf 10,27 Prozent. Zuvor hatte die Rendite mit 10,33 Prozent den höchsten Stand seit 2010 erreicht.
Auch Unternehmen sind alarmiert, etwa der türkische VW- und Audi-Großhändler Dogus Otomotiv. Bisher geht man dort zwar davon aus, im kommenden Jahr mit dem Verkauf von 140.000 Autos umgerechnet rund 2,1 Milliarden Euro umsetzen zu können, sagte Chef Ali Bilaloglu der Nachrichtenagentur Reuters. Damit läge der Händler, der auch Porscheund andere Marken im Programm hat, auf dem Niveau von 2013. Das Ziel könne aber noch korrigiert werden. Dies hänge von der weiteren politischen Entwicklung und den Maßnahmen der Finanzbehörden ab. Denn obendrein hat die Autobranche in der Türkei mit härteren Regeln bei der Vergabe von Krediten zu kämpfen. Renault, deren Autos Dogus nicht im Programm hat, rechnet früheren Angaben zufolge 2014 in der Türkei mit einem Absatzrückgang von zwei Prozent auf 800.000 Fahrzeuge.

Zurück

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen