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Montag, 21. Juli 2014

Abrechnung mit Anlegeranwälten Gericht: Millionenhonorar auf dem Rücken der Mandanten

Abrechnung
mit Anlegeranwälten
Gericht: Millionenhonorar auf dem Rücken der Mandanten

FAZ PRINT MONTAG, 21. JULI 2014 • NR. 166 ■ SEITE 23

jja. BERLIN, 20. Juli. Wer mit einer Kapitalanlage
Pech gehabt hat, sollte nicht
auch noch Geld für sinnlose Gerichtsprozesse
vergeuden. Das Lüneburger Landgericht
hat jetzt mit einer Kanzlei von Anlegeranwälten
gnadenlos abgerechnet.
Die Quintessenz des Urteils, das dieser
Zeitung vorliegt: Deren Klagen wegen angeblicher
Falschberatung beim Kauf einer
der diversen „Dreiländerfonds“ sind
sowohl unzulässig wie auch unbegründet.
Mehr noch: Bis hin zum Bundesgerichtshof
hätten verschiedene Gerichte
dieselben Argumente der Anwaltskanzlei
längst verworfen.
Dennoch hat diese munter weiter prozessiert
- und mit 3500 nahezu identischen
Klageschriften rund 6,6 Millionen
Euro verdient, wie das Gericht jetzt vorrechnet.
Bezahlen mussten dies Rechtsschutzversicherer,
die - weil die erfolglosen
Kläger außerdem die Gerichtskosten
sowie die Anwaltsgebühren der Gegenseite
zahlen müssen - einen zweistelligen
Millionenbetrag aufbringen mussten. „Insofern
ähnelt das Vorgehen der Prozessbevollmächtigten
in seinen Wirkungen einem
Vertrag zu Lasten Dritter“, tadelt
das Gericht die Anlegeranwälte (Az.: 5 O
58/14).
Die Lüneburger Zivilkammer spricht
von einer Massenklage, welche die Kanzlei
selbst initiiert habe: Sie habe sich mit
sämtlichen 34 000 Anlegern der Fonds in
Verbindung gesetzt und ihnen ihre Dienste
angeboten. So habe sie 1750 Mandanten
geworben, für die sie bundesweit vor
Gericht gezogen sei - unter Verwendung
eines „stets gleichlautenden Textbausteins“,
Mehr noch: Vor dem Landgericht
Stuttgart habe sie den Gründungsgesellx
schafter nochmals verklagt, obwohl es
kostengünstiger gewesen wäre, stattdessen
das zuständige Gericht festsetzen zu
lassen. Das Lüneburger Gericht sieht dar-
die Klagen würden nur im Gebühreninteresse
der Prozessbevollmächtigten erhoben“.
Der Sinn der Massenklage bestehe
vornehmlich darin, Millionenumsätze
zu generieren, „ohne dabei die Interessen
der Mandanten hinreichend zu wahren“.
Auch an der handwerklichen Qualität
der Schriftsätze lässt das Gericht kein
gutes Haar. So habe die Kanzlei in keinem
Fall dargelegt, wie hoch überhaupt
der angebliche Schaden sei. Auch eine individualisierte
Darstellung der Umstände
sei nirgends erfolgt. Damit genügten
die Darstellungen nicht einmal den Mindestanforderungen
an einen schlüssigen
Vortrag.
Auf 18 Seiten zerpflückt das Gericht
sämtliche Argumente der Advokaten. So
hätten sie die falsche Klageart gewählt -
nämlich Feststellungs- statt Leistungsklagen
erhoben. Eine Falschberatung sei
trotz zahlreicher Vorwürfe nicht nachvollziehbar
dargelegt worden; dies gelte auch
für ein Schulungsvideö der. Anlagevermittler,
das sich das Gericht selbst angesehen
habe. Selbst wenn jemals Ansprüche
gegen den Anbieter bestanden haben sotten,
wären diese längst verjährt.
Dass sich die Lüneburger Robenträger
mit ihrer massiven Kritik in bester Gesellschaft
wähnen, machen sie auf der letzten
Seite ihres Urteils mit einem Zitat des
Landgerichts Kiel deutlich. Dieses hatte
jenen Anwälten in einem gleichgelagerten
Verfahren geschrieben: „Vorliegend
fehlt es im Übrigen an jedem konkreten
fallbezogenen Vorbringen.“ Es sei aber
nicht die Aufgabe des Gerichts, „den
Sachverhalt aus irgendwelchen Anlagen
zusammenzusuchen“ - noch des Gegners,
„ohne substantiiertes Klagevorbringens
einerseits konkrete Einzelheiten zu
dem Vertragsverhältnis mit den Klägern
vorzubringen“ (Az.: 6 O 151/13).

1 Kommentar:

  1. Meiner Meinung nach hat das Lüneburger Landgericht hier
    richtig gehandelt. Es darf nicht sein, dass die ohnehin schon
    schwierige Situation zu Lasten der Geschädigten weiter
    ausgenutzt wird um daraus noch mehr Kapital zu schlagen.

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