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Mittwoch, 2. Juli 2014

nonyme Äußerungen im Internet bleiben anonym. Wie der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe entschied, muss der Betreiber eines Internetportals die Daten des Nutzers selbst dann nicht herausgeben, wenn dieser wiederholt unwahre Aussagen ins Netz eingestellt hat. Für solche Auskünfte gebe es keine gesetzliche Grundlage; Ausnahme seien lediglich Auskünfte zum Zweck der Strafverfolgung. (Az: VI ZR 345/13).


GrundsatzurteilAnonyme Äußerungen im Netz bleiben anonym

Wer seinem Ärger im Internet anonym Luft macht, muss weiter keine Konsequenzen fürchten. Bewertungsportale müssen die Daten anonymer Nutzern nicht offenlegen, hat der Bundesgerichtshof geurteilt.
© DPA ;VergrößernDer BGH hat mit einem Grundsatzurteil die Anonymität im Internet gestärkt.
Anonyme Äußerungen im Internet bleiben anonym. Wie der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe  entschied, muss der Betreiber eines Internetportals die Daten des Nutzers selbst dann nicht herausgeben, wenn dieser wiederholt unwahre Aussagen ins Netz eingestellt hat. Für solche Auskünfte gebe es keine gesetzliche Grundlage; Ausnahme seien lediglich Auskünfte zum Zweck der Strafverfolgung. (Az: VI ZR 345/13).
Im Streitfall wollte ein Arzt von von dem Bewertungsportal Sanego den Namen eines Nutzers wissen. Dieser hatte mehrfach falsche Behauptungen über den Mediziner aufgestellt. So hatte er behauptet, in der Praxis würden Patientenakten in den Behandlungsräumen in Wäschekörben gelagert; es gebe unzumutbar lange Wartezeiten auch für Folgetermine, und eine Schilddrüsen-Überfunktion habe der Arzt nicht erkannt und falsch behandelt.
Allein im Juni 2012 wiederholte ein Nutzer diese nach Feststellung der Gerichte unwahren Behauptungen drei Mal; auf Beschwerde des Arztes löschte der Portalbetreiber sie jeweils. Im Juli 2012 dann war auf dem Portal abermals eine Bewertung mit gleichen Aussagen zu lesen, diesmal zumindest für vier Monate.

Filter gegen einzelne Beiträge nicht zumutbar

Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hatte Sanego rechtskräftig verurteilt, die Falschbehauptungen immer wieder zeitnah zu löschen oder durch Wortfilter technische Vorkehrungen zu treffen, dass sie gar nicht erst neu eingestellt werden können. Der BGH bekräftigte nun diesen „Unterlassungsanspruch gegen den Diensteanbieter“.
Nach dem Karlsruher Urteil muss das Bewertungsportal den Namen dennoch nicht herausgeben. Den Auskunftsanspruch verneinte das Gericht mit Blick auf den klaren Gesetzeswortlaut: Danach haben Betreiber die Nutzung von Diensten im Internet „anonym oder unter Pseudonym zu ermöglichen, soweit dies technisch möglich und zumutbar ist“.
Auch zum Einbau eines Filters, der verhindere dass inhaltsgleiche Beiträge abermals eingestellt werden, sei dem Betreiber eines Bewertungsportals nicht zumutbar, entscheid der BGH. Dies sei der eigentliche Kern des neuen Urteils sagt der Berliner Rechtsanwalt Thomas Schulte von der Kanzlei Dr. Schulte und Partner. Angesichts des Aufwandes für einen derartigen Filter und der Kosten sei dies grundsätzlich nachvollziehbar. Konkret heiße dies, dass anonymes Bewerten und Kritisieren weiter möglich bleibe, solange der Portalbetreiber auf „Zuruf“ ehrverletzende Äußerungen entferne. Erst wenn hiergegen verstoßen werde, hätten Kritiker mit einer Offenlegung ihrer Daten zu rechnen.
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Der Gesetzgeber habe sich sehr bewusst für eine weitreichende Anonymität im Internet entschieden, erklärten die Karlsruher Richter. Ausnahmen seien daher nur auf gesetzlicher Grundlage möglich. Ein Gesetz, das das Durchbrechen der Anonymität wegen Falschaussagen erlaube, gebe es aber nicht.
Eine Ausnahme besteht laut BGH allerdings für eine Auskunft, die „für Zwecke der Strafverfolgung erforderlich ist“. Als Konsequenz können die Opfer von Falschaussagen jedenfalls gegen schwer ehrverletzende Aussagen vorgehen, indem sie Strafanzeige gegen Unbekannt stellen. Zudem können sie vom Portalbetreiber verlangen, dass er falsche Aussagen zeitnah löscht.
Der Vorsitzende Richter Gregor Galke sagte, die Anonymität der Nutzer dürfe nach der Vorschrift des Telemediengesetzes nur in wenigen Ausnahmen aufgehoben werden. „Der Schutz der Persönlichkeitsrechte ist nicht genannt.“

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