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Samstag, 16. Januar 2016

Umstrittene Geldpolitik EZB-Anleihenkäufe im Februar wieder vor Bundesverfassungsgericht Auf dem Höhepunkt der Euro-Krise versprach die Europäische Zentralbank im Notfall den unbegrenzten Ankauf von Staatsanleihen. Was die Märkte beruhigte, beschäftigt immer noch Richter. In Karlsruhe geht der Streit in die nächste Runde - Ausgang ungewiss.

Umstrittene GeldpolitikEZB-Anleihenkäufe im Februar wieder vor Bundesverfassungsgericht

Auf dem Höhepunkt der Euro-Krise versprach die Europäische Zentralbank im Notfall den unbegrenzten Ankauf von Staatsanleihen. Was die Märkte beruhigte, beschäftigt immer noch Richter. In Karlsruhe geht der Streit in die nächste Runde - Ausgang ungewiss.

© DPAVor dem Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe
Das Bundesverfassungsgericht verhandelt am 16. Februar abermals über den Kauf von Staatsanleihen zur Euro-Rettung durch die Europäische Zentralbank (EZB). Der Europäische Gerichtshof hatte das Programm der Notenbank von 2012 im Juni vergangenen Jahres für rechtmäßig erklärt. Die Karlsruher Richter würden die Verfahren auf dieser Grundlage fortsetzen, wurde am Freitag mitgeteilt.
Nach einer ersten Verhandlung im Jahr 2013 hatte der Zweite Senat deutlich gemacht, dass er das Programm für rechtswidrig hält, die Vorabentscheidung über mehrere Fragen aber Luxemburg überlassen - ein absolutes Novum.
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EuGH-Urteil für Verfassungsrichter nicht bindend

Die spannende Frage ist nun, ob dieVerfassungsrichter trotzdem an ihrer Einschätzung festhalten. Denn das EuGH-Urteil wird in die Entscheidungsfindung zwar einfließen, ist aber nicht bindend. Die Richter entscheiden allein nach den Maßstäben des Grundgesetzes. Ein Urteil wird wohl erst Monate nach der Verhandlung verkündet.
Der sogenannte OMT-Beschluss („Outright Monetary Transactions“) der EZB gilt als entscheidende Maßnahme in der Euro-Krise. Er sieht vor, notfalls unbegrenzt Anleihen von Krisenstaaten zu kaufen, um diese zahlungsfähig zu halten - vorausgesetzt, sie verpflichten sich im Rahmen der Euro-Hilfsmaßnahmen zu Einsparungen und Strukturreformen.
Staatsanleihenkäufe einer Notenbank drücken die Zinsen des betroffenen Landes, das dann weniger für Kredite zahlen muss und zahlungsfähig bleibt. Zum Einsatz kam das Programm nie. Aber allein die Ankündigung beruhigte die Märkte.
Pk mit Peter Gauweiler© DPAVergrößernKläger Peter Gauweiler
Die Karlsruher Richter waren im Januar 2014 zu dem Schluss gekommen, dass die EZB damit ihre Kompetenzen überschritten habe. Die Notenbank dürfe laut EU-Vertrag keine eigenständige Wirtschaftspolitik betreiben. Der OMT-Beschluss verstoße außerdem gegen das Verbot der Mitfinanzierung von Staatshaushalten. Der Senat hielt es jedoch für möglich, den Beschluss einschränkend auszulegen, so dass er mit EU-Recht vereinbar wäre, und gaben das Thema zur Klärung an den EuGH.
Dieser erklärte den Kauf von Staatsanleihen im Sommer 2015 grundsätzlich für rechtens. „Das Programm überschreitet nicht die währungspolitischen Befugnisse der EZB und verstößt nicht gegen das Verbot der monetären Finanzierung von Mitgliedstaaten“, befand der Gerichtshof in seinem Urteil (Rechtssache C-62/14).
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Der CSU-Politiker Peter Gauweiler, einer der Kläger, sprach damals von einer „Kriegserklärung“ an das Bundesverfassungsgericht. Dass in Karlsruhe nun noch einmal verhandelt wird, war erwartet worden. Denn seit 2013 haben im Zweiten Senat zwei Richter gewechselt.
Geklagt hatten neben Gauweiler unter anderen die frühere Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD), die Linksfraktion im Bundestag und der Verein „Mehr Demokratie“. In den Verfahren ging es ursprünglich auch um die deutsche Beteiligung am Euro-Rettungsschirm ESM. Darüber hatten die Richter im März 2014 separat entschieden: Sie wiesen die Klagen gegen den ESM endgültig ab und stellten damit eine zentrale Maßnahme zur Stabilisierung der Gemeinschaftswährung auf sicheren Boden.
Hintergrund: Das Anleihenkaufprogramm OMT der Europäischen Zentralbank
Im September 2012 traf der EZB-Rat eine weitreichende Entscheidung: Die Notenbank werde notfalls unbegrenzt Staatsanleihen von Euroländern kaufen, um den Euro zu retten. Geknüpft wurde das Programm „Outright Monetary Transactions“ (OMT), das nie genutzt wurde, an bestimmte Bedingungen:
  • Die EZB wird nur tätig, wenn das betroffene Land unter einen Euro-Rettungsschirm (EFSF/ESM) geschlüpft ist und folglich strenge Reformvorgaben erfüllen muss.
  • Der EZB-Rat kann die Geschäfte jederzeit einstellen, wenn die Ziele erreicht sind oder die Länder Reformen nicht wie vereinbart umsetzen.
  • Anders als beim früheren Anleihenkaufprogramm SMP verzichtet die EZB auf eine vorrangige Gläubigerstellung. Das heißt: Ein Schuldenschnitt würde sie genauso treffen wie andere Gläubiger.
  • Das Volumen des OMT ist theoretisch unbegrenzt. Die EZB kann die Notenpresse anwerfen und Staatspapiere kaufen.
Aktenzeichen: 2 BvR 2728/13, 2 BvR 2729/13, 2 BvR 2730/13, 2 BvR 2731/13 und 2 BvE 13/13
Quelle: dpa 

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