Steinmeier in AthenDie Vermessung des griechischen Weges
10.01.2014 · Außenminister Steinmeier macht den Griechen deutlich, dass der Eintritt der SPD in die Regierung ihnen zwar mildere Töne bringt. Auf einen Geldregen sollten sie aber nicht hoffen.
Von MAJID SATTAR, ATHEN
Politik sei immer auch Kommunikation, sagt Frank-Walter Steinmeier. Was das anbelangt, hat der neue alte Außenminister auf seinem Antrittsbesuch in Griechenland durchaus etwas im Gepäck. Steinmeier formuliert mit Bedacht: Da es in den vergangenen vier Jahren, die für die Griechen Schuldenkrise und für die Sozialdemokraten Opposition bedeuteten, im Miteinander von Athen und der vormaligen deutschen Regierung schon mal an gegenseitigem Verständnis gemangelt hat, sagt er in unterschiedlichen Paraphrasierungen immer wieder Sätze wie diesen: „Wir Deutsche haben Respekt vor dem ersten Teil des Weges. Ich weiß, dass man ein starkes Rückgrat braucht. Ich hoffe sehr und setze darauf, dass diese Regierung den Weg, den sie begonnen hat, auch zu Ende geht und die Legislaturperiode nutzt, um das zu tun, was möglich und auch notwendig ist.“
Die Sache mit dem Respekt gefällt Steinmeiers Gesprächspartner Evangelos Venizelos sichtlich. Es stimmt den griechischen Außenminister und Führer der sozialistischen Pasok, der sich zuletzt wieder aufbrausend zeigte, etwas milder: Venizelos dankt der deutschen Regierung und den deutschen Steuerzahlern für die Unterstützung in schwierigen Zeiten.
Eingenlob mit Hintersinn
Freilich überhört der Grieche nicht, was sein Parteifreund aus Berlin in seine Respektsbekundung mit hineinpackt: Ein langer Weg! Tun, was notwendig ist! Die ganze Legislaturperiode hindurch! Das erinnert doch sehr an Angela Merkel und Wolfgang Schäuble. Eurobonds beziehungsweise ein Altschuldentilgungsfonds - all die Werkzeuge aus dem Instrumentenkasten der vormals oppositionellen SPD sind offenbar vergessen. Auch von neuen Wachstumsimpulsen ist nicht mehr die Rede. Das Auswärtige Amt hat die Reise des Ministers mit dem Kanzleramt und dem Finanzministerium genau abgesprochen.
Und so fügt Venizelos, ohne die schrillen Töne zu wiederholen, die er jüngst in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung angestimmt hatte, an: Er erwarte, dass Brüssel anerkenne, dass Griechenland 2013 einen „Primärüberschuss im Haushalt“ erwirtschaftet habe. Mit diesem Eigenlob, das muss Steinmeier klar sein, ist die Erwartung verbunden, dass es Erleichterungen für die griechische Schuldentragfähigkeit geben werde - was heißen soll, die Zahlungsfristen zu verlängern oder die Zinssätze zu senken.
Von den weiteren Bedingungen, die an das zweite Hilfspaket geknüpft sind, ist bei Venizelos keine Rede. Zudem erwähnt auch er die Wegstrecke seines Landes. In seiner Version der Dinge ist allerdings der allergrößte Teil davon schon zurückgelegt: Im Sommer, am Ende der griechischen EU-Ratspräsidentschaft, soll Athen wieder „auf eigenen Füßen stehen“, was nicht so recht passen will zu der Hoffnung auf neuerliche Erleichterungen. Genau deshalb erwidert Steinmeier, dass man überprüfen müsse, wie nachhaltig der Erfolg der griechischen Haushaltspolitik sei. Im Übrigen müsse der Reformweg fortgesetzt werden. Auch mahnt er, das Reden über immer neue Hilfsprogramme sei nicht geeignet, das Vertrauen in Griechenland zu stärken.
Zu diesem Zeitpunkt, am Donnerstagabend, hatten Steinmeier und Venizelos gerade einmal eine dreiviertel Stunde miteinander geredet, bevor sie vor die Presse traten. Später sitzen beide lange bei einem Abendessen auf einer Dachterrasse mit Blick auf die Akropolis zusammen. Solchen Gesprächen ohne Kameras und Mikrofone fehlt die innenpolitische Färbung und mithin auch manche öffentlich herausgestrichene Schärfe. Steinmeier und Venizelos hatten zur Vorbereitung des Besuchs vor wenigen Tagen miteinander telefoniert. Schon da klang Venizelos anders als in dem Interview.
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