ZweitwohnungsteuerWohnen wie Hofreiter
Nach dem Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter „outen“ sich immer mehr Politiker in Berlin, die Anmeldung ihrer Bleibe in der Hauptstadt versäumt zu haben. Die Zweitwohnungsteuer bekommt so eine erstaunliche Bedeutung.
14.05.2014, von MANFRED SCHÄFERS, BERLIN
Berlin hat im vergangenen Jahr 2,69 Millionen Euro aus der Zweitwohnungsteuer eingenommen. Gemessen an den Steuereinnahmen von 11,9 Milliarden Euro, ging das Aufkommen aus der Zweitwohnungsteuer unter. Dieses Jahr könnte es etwas mehr werden, nachdem der ein oder andere Abgeordnete freundlicherweise darauf aufmerksam gemacht wurde, dass es diese Steuer in der Hauptstadt gibt. Doch wird das Aufkommen im Vergleich zum Gesamthaushalt weiterhin unter der Nachweisschwelle bleiben.
Dafür ist die Zweitwohnungsteuer von erstaunlich großer Bedeutung. Immer mehr Politiker „outen“ sich, mal getrieben, mal durch die Berichterstattung aufgeschreckt, die Anmeldung ihrer Bleibe vergessen zu haben oder einfach nicht dazu gekommen zu sein. Den Anfang machte der Grünen-Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter. Er gestand, mehrere Jahre keine Steuern für seine Zweitwohnung in Berlin gezahlt zu haben. Er sei „sehr zerknirscht“, dass er die Anmeldung der 2005 gemieteten Zweitwohnung „einfach aus den Augen verloren“ habe. 2475 Euro Steuern hat er nach eigenem Bekunden nachträglich gezahlt.
Weitere Beichten von Abgeordneten
Es folgten die Grünen-Abgeordnete Maria Klein-Schmeink und der SPD-Politiker Niels Annen. Sie habe die entsprechende Information in den umfangreichen Unterlagen für neue Abgeordnete übersehen, beichtete die Münchnerin. Annen will nichts entschuldigen und ärgert sich über sein Versäumnis, wie er sagte. Am Mittwoch folgte der CDU-Politiker Tankred Schipanski, den die Berichterstattung der letzten Tage veranlasste, seine „melderechtliche Situation“ zu prüfen. „Dabei musste ich feststellen, dass ich es versäumt habe, meine Wohnung, die ich seit 2010 während der Berliner Sitzungswochen nutze, ordnungsgemäß zu melden.“ Auch wenn die erste Phase nach Antritt des Bundestagsmandats mit einem sehr hohen Organisationsaufwand verbunden gewesen sei, „hätte mir dieses private Versäumnis nicht passieren dürfen“.
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Wie den Abgeordneten geht es vermutlich immer mehr Menschen, da immer mehr Kommunen die Zweitwohnungsteuer erheben. Dabei handelt es sich um eine recht junge Einnahmequelle. Die ersten Versuche, eine solche Steuer einzuführen, gab es Anfang der siebziger Jahre. 1972 beschloss Überlingen am Bodensee eine Zweitwohnungsteuer-Satzung. Andere Kommunen folgten.
Das Bundesverfassungsgericht entschied 1983 zum „Überlinger Modell“, dass eine Zweitwohnungsteuer bei entsprechender Ausgestaltung eine rechtlich zulässige örtliche Aufwandsteuer sei. Ein angenehmer Nebeneffekt für die Kommunen ist, dass mehr Menschen ihren Erstwohnsitz ummelden; durch den Finanzausgleich bekommen sie für jeden Einwohner mehr Geld.
Es gibt Ausnahmen
Berlin ist mit seinem Steuersatz von fünf Prozent der Miete recht moderat. Andere verlangen das Doppelte. Die Hauptstadt hat in einem Gesetz alles genau geregelt, etwa dass „Wohnwagen und Wohnschiffe nur dann als Wohnungen anzusehen sind, wenn sie nicht oder nur gelegentlich fortbewegt werden“. Es gibt Ausnahmen, beispielsweise für Räume, die unter das Bundeskleingartengesetz fallen, für Räume in Frauenhäusern, für Räume zum Zwecke des Strafvollzugs. 2006 gab es eine wichtige Ergänzung, als das Bundesverfassungsgericht entschied, dass Ehepaare, die aus beruflichen Gründen teilweise getrennt leben, nicht mit der Steuer auf die zweite Wohnung belastet werden dürfen.
Damit ist Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) aus dem Schneider, die über eine „Rückzugsmöglichkeit innerhalb ihrer Büroräume“ verfügt, wie ihr Sprecher formulierte. 221 Euro habe sie deshalb als geldwerten Vorteil im Rahmen der Einkommensteuer zu versteuern.
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