CH/Bundesrat will mit EU und USA über aut. Informationsaustausch verhandeln (AF)
(Meldung nach MK durchgehend ergänzt)
Bern (awp/sda) - Der Bundesrat will mit der EU über den automatischen Informationsaustausch verhandeln. Er hat am Mittwoch den Entwurf für das Verhandlungsmandat verabschiedet. Auch mit den USA und mit weiteren Staaten soll es Verhandlungen geben.
«Einmal mehr» habe der Bundesrat über das Thema diskutiert, sagte Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf vor den Medien in Bern. International gebe es einen klaren Trend hin zu mehr Transparenz. Das könne einem gefallen oder nicht, aber es sei eine Realität, und danach müsse man sich richten.
Dass die Schweiz das Bankgeheimnis gegenüber anderen Staaten aufgeben und beim automatischen Informationsaustausch (AIA) mitmachen soll, hatte der Bundesrat bereits vergangenen Sommer im Grundsatz entschieden. Im Herbst kündigte er an, dass er mit den wichtigsten Partnerländern darüber verhandeln werde, wenn ein international anerkannter Standard vorliege.
Dieser Standard liegt nun vor. Der OECD-Rat will ihn im Juli genehmigen, die G20-Staaten sollen ihn im September bestätigen. Mit frühzeitigen Verhandlungen will der Bundesrat nicht zuletzt verhindern, dass die Schweiz wieder auf einer schwarzen Liste landet. Das zuständige Global Forum werde im Herbst zwei Listen erstellen, sagte Widmer-Schlumpf. Eine Liste mit jenen Ländern, die sich zum AIA bekannt hätten - und eine mit den anderen.
VERHANDLUNGEN MIT DER EU
Was die EU betrifft, soll das Abkommen über den automatischen Informationsaustausch das Zinsbesteuerungsabkommen ersetzen, über dessen Erweiterung die Schweiz und die EU eigentlich verhandeln wollten. Auf beiden Seiten habe sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass es wenig sinnvoll wäre, neue Regeln aufzustellen und nach zwei oder drei Jahren auf den AIA umzusteigen, sagte Widmer-Schlumpf.
Die EU hatte stets gefordert, dass in den Verhandlungen auch der AIA Thema sein müsse. Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf lehnte dies bisher ab, weil der internationale Standard noch nicht vorlag.
Gemäss einer Sprecherin von EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta muss die EU-Kommission ihr Mandat zum Zinsbesteuerungsabkommen nicht anpassen. Das Ziel Brüssels sei schon immer der automatische Informationsaustausch gewesen, sagte sie auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Doch gibt es EU-Staaten, die hierbei nicht alle Kompetenzen bei der EU-Kommission angesiedelt sehen.
VERHANDLUNGEN MIT DEN USA
Verhandeln will der Bundesrat nicht nur mit der EU, sondern auch mit den USA, die mit dem Steuergesetz FATCA bereits einen einseitigen Informationsfluss durchgesetzt haben. Beim Abkommen zur Umsetzung von FATCA hatte die Schweiz auf das Modell 2 gesetzt, weil das Modell 1 ohne vorgängigen Paradigmenwechsel in der Schweiz nicht möglich war und die Umsetzung eilte. Nun will der Bundesrat über einen Wechsel zum Modell 1 verhandeln.
Mit dem Modell 1 fliessen die Daten direkt zwischen den Steuerbehörden. Beim Modell 2 liefern die Banken bestimmte Informationen zu US-Konten den US-Behörden, die dann via Amtshilfe an die gewünschten Kundendaten gelangen können.
Die Umsetzung von FATCA beginnt wie geplant im Juli nach Modell 2.Modell 1 hätte aber laut Widmer-Schlumpf viele Vorteile. Anders als Modell 2 würde es die Schweiz nicht dazu zwingen, die Weiterentwicklung von US-Recht zu übernehmen.
VERHANDLUNGEN MIT WEITEREN LÄNDERN
Das dritte Verhandlungsmandat betrifft «weitere Länder». Um welche es sich handeln könnte, präzisierte Widmer-Schlumpf nicht. Der Bundesrat will prüfen, welche in Frage kämen. In einer ersten Phase würden prioritär Staaten in Betracht gezogen, mit denen enge wirtschaftliche und politische Beziehungen bestünden und die für die Schweizer Finanzindustrie wichtig seien, hält das EFD fest.
Widmer-Schlumpf betonte, die Schweiz wolle nicht mit allen Ländern automatisch Informationen austauschen. Es müsse etwa gewährleistet sein, dass das andere Land über ein Rechtssystem verfüge, welches den Schweizer Vorstellungen entspreche.
Eine weitere Voraussetzung ist, dass die Länder ihren Steuerpflichtigen eine genügende Möglichkeit zur Regularisierung ihrer Vermögen bereitstellen. Der Bundesrat hat festgehalten, dass - wo angebracht - Fragen der Regularisierung der Vergangenheit und des Marktzutritts in die Verhandlungen zum AIA einzubringen sind.
GESETZ ZUR UMSETZUNG IM INLAND
Den Marktzutritt für Banken will Widmer-Schlumpf nicht als politische Bedingung verstanden wissen. Ohne Marktzutritt sei der AIA schlicht nicht sinnvoll, gab sie zu bedenken. Was die Regularisierung der Vergangenheit betrifft, wies sie darauf hin, dass diese sich im Fall von Deutschland praktisch erübrigt habe, weil sich so viele Betroffene selbst angezeigt hätten.
Die Einführung des automatischen Informationsaustausches mit anderen Ländern würde mit bilateralen Abkommen erfolgen. In der Schweiz wäre indes ein Umsetzungsgesetz notwendig, da das geltende Recht den automatischen Informationsaustausch ausschliesst.
Zu den Verhandlungsmandaten können nun die zuständigen parlamentarischen Kommissionen und die Kantone Stellung nehmen. Im Herbst will der Bundesrat die Mandate definitiv verabschieden. Gesetzesvorschläge sollen dem Parlament später vorgelegt werden.
tp
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