Gesamtzahl der Seitenaufrufe

Mittwoch, 28. Mai 2014

Jay Newman treibt für den Hedgefonds Elliott Management seit zehn Jahren ausstehende argentinische Staatsschulden ein. Im Interview erklärt er die Tricks seines Gewerbes - und macht Argentinien ein neues Angebot.

28.05.2014
Twitter GooglePlus Facebook

HEDGEFONDS ELLIOT
Ein verdammt hartnäckiger Typ

Von Christian Rickens, SPIEGEL ONLINE
Jay Newman: "Die wahren Schuldigen für die Armut in Argentinien sitzen in Buenos Aires"
Miguel Rajmil
Jay Newman: "Die wahren Schuldigen für die Armut in Argentinien sitzen in Buenos Aires"
Jay Newman treibt für den Hedgefonds Elliott Management seit zehn Jahren ausstehende argentinische Staatsschulden ein. Im Interview erklärt er die Tricks seines Gewerbes - und macht Argentinien ein neues Angebot.
SPIEGEL ONLINE: Seit über zehn Jahren versucht der Hedgefonds Elliott Management ausstehende argentinische Staatsschulden einzutreiben. Was ist eigentlich Ihr Hauptantrieb? Suchen Sie nach Rendite, nach Gerechtigkeit oder nach Rache dafür, dass Ihnen die Regierung in Buenos Aires so lange die kalte Schulter zeigt?
Newman: Rache ist es sicher nicht, auch wenn wir nicht damit gerechnet haben, dass sich diese Angelegenheit über zehn Jahre hinzieht. Wir sind Geschäftsleute, die einfordern, was im Geschäftsleben üblich ist: dass sich die Gegenseite an Verträge hält. Und dass man, wenn ein Vertrag nicht erfüllt wird, über eine einvernehmliche Lösung verhandelt. Argentinien kann seinen Geldgebern nicht einfach einseitig ein Friss-oder-stirb-Angebot aufzwingen, wie es das Land 2005 getan hat.
SPIEGEL ONLINE: Dank ihres Drucks auf hochverschuldete Staaten bezeichnen manche Globalisierungskritiker Elliott als "Geierfonds". Zu Recht?
Newman: Elliott hat bei seinen Investoren, seinen Geschäftspartnern und in der Finanz-Community einen tadellosen Ruf. Wir kaufen nur Verbindlichkeiten von Ländern, die auch imstande sind, ihren Verpflichtungen nachzukommen. Die meisten Länder, inklusive der europäischen, suchen das Gespräch mit ihren Gläubigern, wenn sie Probleme haben, ihre Schulden zu bedienen. Argentinien ist da ein absoluter Ausnahmefall.
SPIEGEL ONLINE: Fühlen Sie sich verantwortlich für die dramatische Verarmung der argentinischen Bevölkerung?
Newman: Die wahren Schuldigen für die Armut in Argentinien sitzen in Buenos Aires. Argentinien ist heute ein Land, das sich von den internationalen Finanzmärkten isoliert hat, das unter Korruption leidet und das routinemäßig seine Zahlen zur Inflationsrate und zum Wirtschaftswachstum fälscht. Argentiniens Regierungsvertreter verschwenden Milliarden Dollar durch unnötig hohe Kreditzinsen, sie benachteiligen die heimische Wirtschaft und schaden Unternehmen, Verbrauchern und ganz besonders den Ärmsten, indem sie sich hartnäckig weigern, mit ihren privaten Gläubigern zu verhandeln.
SPIEGEL ONLINE: Und Ihr schlechtes Image kümmert Sie gar nicht?
Newman: Argentinien und seine Verbündeten beschimpfen uns vor allem, weil es ihnen hilft, ihre Version der Geschichte zu erzählen. Es gibt Zehntausende Rentner, die für ihre Altersvorsorge in argentinische Staatsanleihen investiert haben und seit mehr als zehn Jahren nicht einen Penny gesehen haben. Sie haben wegen Argentiniens Verhalten einen beträchtlichen Teil ihrer Ersparnisse verloren und wissen es sehr zu schätzen, dass wir versuchen, eine faire Lösung herbeizuführen. Außerdem stellen wir keine übertriebene Forderung, wenn wir die Regierung bitten, sich endlich mit uns an den Verhandlungstisch zu setzen.
SPIEGEL ONLINE: Wie könnte aus Ihrer Sicht ein Kompromiss aussehen?
Newman: Wenn Argentinien uns sagen würde: Wir können einen Teil der Schulden in bar begleichen und einen Teil mit neuen Anleihen, dann wäre das ein guter Anfang. Das wäre ein Kompromiss, den so ähnlich auch die im Pariser Klub organisierten öffentlichen Gläubiger Argentiniens anstreben.
SPIEGEL ONLINE: Im Jahr 2005 hat Argentinien doch schon einmal seinen Gläubigern einen Tausch von alten gegen neue Anleihen angeboten. Inwiefern unterscheidet sich Ihr Vorschlag davon?
Newman: Der wichtigste Unterschied ist zunächst einmal der, dass Argentiniens bisherige Angebote an die Gläubiger unilateral erfolgt sind nach dem Motto "Nimm es, oder lass es bleiben", flankiert von der Drohung, die Zahlung ganz zu verweigern. Im Gegensatz dazu schlagen wir vor, dass Argentinien mit uns und anderen privaten Gläubigern über seine noch ausstehenden Schulden verhandelt, um eine einvernehmliche Lösung zu finden.
SPIEGEL ONLINE: Argentiniens Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner hat geschworen, sich niemals mit Ihnen an einen Verhandlungstisch zu setzen. Wie soll sie von dieser Position abrücken, ohne ihr Gesicht zu verlieren?
Newman: Frau Kirchner hat schon vieles zu Prinzipienfragen erhoben und sich dann meist recht pragmatisch gezeigt, wenn der Druck zu groß wurde.
SPIEGEL ONLINE: Und deshalb erhöhen Sie weiter den Druck. 2012 haben Sie zum Beispiel ein argentinisches Marineschiff beschlagnahmen lassen. Was haben Sie noch so alles im Arsenal?
Newman: Derzeit versuchen wir zum Beispiel, zwei für argentinische Satelliten reservierte Startplätze beim privaten Raumfahrtanbieter SpaceX in Kalifornien beschlagnahmen zu lassen. Die Startoptionen stellen einen werthaltigen Vermögensgegenstand des argentinischen Staates dar, der uns zusteht, solange Argentinien seine Schulden nicht zahlt. Wir haben noch eine Reihe weiterer Dinge in der Vorbereitung, die wir aber noch nicht auf den Weg gebracht haben.
SPIEGEL ONLINE: Woher bekommen Sie Ihre Informationen über solche Vermögensgegenstände?
Newman: Oft reicht es, aufmerksam die Zeitung zu lesen. Oder wir wühlen uns durch Handelsregistereinträge. Juristisch befinden wir uns gerade in einer sehr wichtigen Phase. Bis Juli erwarten wir eine endgültige Entscheidung des Obersten US-Gerichts darüber, ob wir ein Recht haben, Informationen über argentinische Vermögensbestände in den USA einzufordern. Das würde es uns erlauben, auch Vermögen ausfindig zu machen, das sich mit öffentlichen Quellen nicht ohne Weiteres Argentinien zuordnen lässt.
SPIEGEL ONLINE: Und wo werden Sie als nächstes zuschlagen?
Newman: Das kann ich Ihnen jetzt noch nicht verraten. Aber wenn, dann erfährt es SPIEGEL ONLINE zuerst.

http://www.manager-magazin.de/finanzen/artikel/a-972213.html

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen