GeldanlageDas Elend mit den Immobilienfonds
Viele Anleger, die in offene Immobilienfonds investiert haben, warten auf ihr Geld. Werden sie es je wiedersehen?
26.10.2015, von NADINE OBERHUBER
Manche Immobilienfondsmanager haben tatsächlich die Ruhe weg: Bis Ende nächsten Jahres, spätestens aber bis zum Frühling 2017 muss eine Reihe von Fonds aufgelöst worden sein, weil sie nach der Finanzkrise in die Schieflage geraten waren. Viele aber sitzen immer noch auf riesigen Immobilienbeständen, die sie bisher nicht veräußert haben. Obwohl die Hauspreise steigen und steigen. Rund elf Milliarden Euro Anlegergeld stecken noch in diesen Fonds fest. Nun werden einige Anleger nervös und fragen sich, ob sie ihr Geld je wiedersehen werden. Wäre es nicht cleverer, die Anteile doch noch abzustoßen? Das geht, obwohl die Fonds inzwischen geschlossen sind. Es wäre aber in den meisten Fällen keine gute Idee.
Im Grunde wäre es ähnlich kontraproduktiv wie der frühere Ansturm auf die Immobilienfonds, der überhaupt erst zu ihrer Schließung führte: Viele Anleger hatte die Finanzkrise 2008 so nervös gemacht, dass sie ihr Geld aus den Immobilienfonds abzogen, woraufhin die dichtmachen mussten. Denn irgendwann hatten sie schlicht nicht mehr genug Geld flüssig, um alle Verkaufswilligen auszuzahlen. Das Hauptvermögen steckte ja in den verwalteten Gebäuden. Zuerst wurden die Fonds daher eingefroren. Weil dadurch noch mehr Anleger Angst bekamen, fällten die Fonds später die Entscheidung: Wir wickeln ab. Seitdem arbeiten die Investmentgesellschaften daran, insgesamt 18 Fonds zu liquidieren, darunter elf Fonds für Privatanleger.
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Ob das allerdings immer im Sinne der Anleger geschieht, bezweifelten Analysten oft. Die Anteilseigner müssten sich darauf einstellen, größere Verluste mit den Investments hinzunehmen, warnten diverse Auswertungen. Die Ratingagentur Scope etwa mahnte Ende 2013, die Fondsgesellschaften müssten immer noch mehr als 380 Objekte verkaufen. Während sich vor allem die sehr großen und die kleinen Immobilien als wertbeständig entpuppten, bröselten gerade beim Mittelbau die Preise dahin. Vor allem die drei großen Fonds hielten zu diesem Zeitpunkt noch an ihren Gebäuden fest, der SEB Immoinvest hatte 2013 noch 119 Immobilien im Bestand, der CS Euroreal 94 und Kanam Grundinvest 41.
Auch die Auswertungen der Immobilienanalysten von Drescher und Cie. stimmten nicht unbedingt positiv. Sie errechneten, welchen Wertverlust die Abwicklungsfonds bereits hinnehmen mussten, und kamen 2014 auf sogenannte „Cash-Burn-Raten“ von in der Spitze 50 Prozent (Degi Europa), 52 Prozent (TMW Immobilien Weltfonds) oder sogar 58 Prozent (Morgan Stanley P2 Value). Das sei das Geld, das diese Fonds bisher verbrannt hätten - im Vergleich zu den Vermögenswerten, die noch 2007 in ihren Büchern standen. Nun klingt all das nicht gut, zumal noch im September dieses Jahres allein die drei Großen immer noch an einem Gebäudebestand von knapp neun Milliarden Euro festhielten.
Warum also handeln diese Fonds nicht endlich?
In der Tat sind die bisherigen Verkaufsquoten erstaunlich: Nach einer Auswertung der Kanam Grund REAM von September hat das Branchenschwergewicht SEB Immoinvest erst 29 Prozent seiner Immobilien losgeschlagen. Beim CS Euroreal sind es immerhin 50 Prozent, beim Kanam Grundinvest 62 Prozent. Vergleicht man das aber mit anderen Fonds, scheinen diese Quoten geradezu winzig. Warum also handeln diese Fonds nicht endlich?
Zum einen, weil gerade die drei Großen noch am längsten Zeit haben für den Verkauf. Für sie hat die Aufsichtsbehörde Bafin die Abwicklungsfrist von drei Jahren auf fünf Jahre verlängert. Das soll verhindern, dass Gebäude aus Zeitnot unter Wert verscherbelt werden. Generell haben alle Fonds überdies das Problem, dass sie von Investoren natürlich zuerst für die Sahnestücke in ihren Portfolios gute Angebote erhielten. Die übrigen Gebäude lassen sich erheblich schwerer vermarkten. Die steigenden Immobilienpreise allerdings spielen den Verkäufern eher in die Hände. Momentan ist keine Eile angesagt, um sich von Objekten zu trennen.
Zumindest nicht, wenn es Immobilien sind, die gut vermietet sind, was bis zum Verkauf die Vermietungseinnahmen steigert. Beim SEB Immoinvest etwa gibt es im Jahresschnitt 1,4 Prozent Rendite - zurückgerechnet auf den Zeitpunkt fünf Jahre vor Schließung des Fonds. Zudem gab das SEB-Management jüngst bekannt, es habe einen Abnehmer gefunden für ein Gebäudeensemble am Potsdamer Platz, von dem es oft hieß, es sei ein Klumpenrisiko für den Fonds. So gesehen, könnten zwar einige Fonds an Geschwindigkeit zulegen, das lange Warten kann aber auch im Sinne der Anleger sein. Jedenfalls dann, wenn man davon ausgehen kann, dass die Restgebäude auch einen hohen Wert haben. Die besten Aussichten räumen die Analysten von Drescher und Cie. den Fonds von TMW, dem Kanam Grundinvest und dem UBS 3 Sector Real Estate ein. Sie verfügten über die besten Portfolios.
Und bisher sahen Anleger verhältnismäßig viel von ihrem Geld wieder: Das meiste bei Hansaimmobilia, wo sie 98 Prozent ihres Geldes zurückerhielten, und beim Kanam Grundinvest US, wo es 84 Prozent waren. Beide Fonds haben ihren Immobilienbesitz nun vollständig aufgelöst. Der Degi International zahlte bisher 75 Prozent aus, der Verkauf von drei Gebäuden steht aber noch an. Für viele Fonds sieht es nicht schlecht aus. Die Hälfte der Privatanlegerfonds schrieb seit der Zeit fünf Jahre vor ihrer Schließung noch positive Renditen. Geduld könnte sich also auszahlen.
Manche spekulationsfreudigere Analysten sagen sogar: Bei den Abwicklungsfonds sollte man jetzt noch einsteigen, wenn man bisher nicht investiert war. Die Abschläge, mit denen ihre Anteile an der Börse gehandelt werden (zum Beispiel in Hamburg), sind satt. Gemessen an dem, was ihre Restgebäude noch erzielen könnten, notieren sie dort 30 bis 35 Prozent zu tief. Vor allem Axa Immoselect, Degi Europa und der Kanam Grundinvest scheinen interessant.
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