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Freitag, 30. Oktober 2015

Im Ernstfall müssen die Abwehrspezialisten an Bord binnen Sekunden entscheiden, ob ein anfliegendes Radarsignal harmlos ist - oder tatsächlich eine ernste Bedrohung für die milliardenteuren Flugzeugträger darstellt. In früheren Fällen ist es dabei durchaus schon vorgekommen, dass es irrtümlicherweise zum scharfen Schuss kam: Im Juli 1988 zum Beispiel feuerte der Kreuzer "USS Vincennes" im Persischen Golf in einer ähnlichen Situation zwei Luftabwehrraketen auf eine anfliegende Maschine ab - die sich kurz darauf als vollbesetztes Passagierflugzeug einer iranischen Fluggesellschaft entpuppte. Bei dem Zwischenfall kamen 290 Menschen ums Leben.

LITIK
Flottenverband in Linienformation: Die "USS Ronald Reagan" (r.) vor Südkorea.
Flottenverband in Linienformation: Die "USS Ronald Reagan" (r.) vor Südkorea.(Foto: U.S. Navy photo by Mass Communication Specialist 3rd Class Nathan Burke/Released)

Gefährlicher Zwischenfall vor KoreaBomber bedrängen US-Flugzeugträger

Alarm auf hoher See: Im Meer vor der koreanischen Halbinsel nähern sich zwei russische Kampfflugzeuge bis auf eine Seemeile an eines der größten und teuersten US-Kriegsschiffe an. Der Flugzeugträger schickt den Russen vier Kampfjets entgegen.
Mit vier Kampfjets haben die USA zwei russische Militärjets in unmittelbarer Nähe eines US-Flugzeugträgers im Japanischen Meer abgefangen. Sie hätten sich der "USS Ronald Reagan" vor Korea auf einer Höhe von rund 150 Metern bis auf eine Seemeile genähert, bestätigte das Pentagon. Eine nautische Meile entspricht einer Distanz von 1852 Metern.
Die vier F/A-18 "Super Hornet" hätten die russischen U-Boot-Jäger vom Typ Tupolew Tu-142 aus der Nähe des Flugzeugträgers geleitet, sagte Pentagonsprecher Bill Urban. Er bezeichnete die Aktion als "Standardvorgehensweise". Warum sich die beiden russischen Maschinen bis in die engeren Verteidigungskreise des Flugzeugträgers vorwagten, blieb offen. Möglich wäre ein zufälliger Anflug - oder der Versuch einer gezielten Provokation.

Alarmstart mit vier Kampfflugzeugen: Eine F/A-18 auf dem Flugdeck der "USS Ronald Reagan".
Alarmstart mit vier Kampfflugzeugen: Eine F/A-18 auf dem Flugdeck der "USS Ronald Reagan".(Foto: REUTERS)
Hektische Minuten für die US Navy

Die "USS Ronald Reagan" hielt sich den US-Angaben zufolge während des Zwischenfalls in internationalen Gewässern auf. Die unangekündigte Annäherung an einen Flugzeugträger birgt erhebliche Risiken: Strategisch bedeutsame Großkampfschiffe werden zur Versorgung und zum Schutz in der Regel von zahlreichen Begleitschiffen eskortiert. Teil einer solchen Trägerkampfgruppe sind üblicherweise auch Spezialschiffe, die über weitreichende Radartechnik, hochempfindliche Elektronik und reichlich Raketen zur Abwehr von Bedrohungen aus der Luft verfügen.
Im Ernstfall müssen die Abwehrspezialisten an Bord binnen Sekunden entscheiden, ob ein anfliegendes Radarsignal harmlos ist - oder tatsächlich eine ernste Bedrohung für die milliardenteuren Flugzeugträger darstellt. In früheren Fällen ist es dabei durchaus schon vorgekommen, dass es irrtümlicherweise zum scharfen Schuss kam: Im Juli 1988 zum Beispiel feuerte der Kreuzer "USS Vincennes" im Persischen Golf in einer ähnlichen Situation zwei Luftabwehrraketen auf eine anfliegende Maschine ab - die sich kurz darauf als vollbesetztes Passagierflugzeug einer iranischen Fluggesellschaft entpuppte. Bei dem Zwischenfall kamen 290 Menschen ums Leben.

Gut 50 Meter Spannweite: Eine Tu-142 im Landeanflug (Archivbild).
Gut 50 Meter Spannweite: Eine Tu-142 im Landeanflug (Archivbild).(Foto: REUTERS)
Code-Name "Bear"

Bei den beiden U-Boot-Jägern vor Südkorea handelt es sich um viermotorige Langstrecken-Seeaufklärer auf Basis der Tu-95 mit einer Spannweite von gut 50 Metern. Die schwerfälligen Maschinen tragen im Sprachgebrauch der Nato den Code-Namen "Bear". Für einen Angriff auf einen Flugzeugträger aus der Nähe sind diese vergleichsweise trägen und leicht erkennbaren Militärflugzeuge kaum geeignet. Allerdings können sie theoretisch durchaus weitreichende Anti-Schiffsraketen tragen.
Per Funk habe der Flugzeugträger Kontakt mit den Piloten aufnehmen können, berichtete die Militärzeitung "Stars and Stripes". Nach Angaben des Weißen Hauses hatten südkoreanische Flugzeuge die Russen zuerst entdeckt und identifiziert. Es war "kein besonders bedrohliches Aufeinandertreffen", bemühte sich Regierungssprecher Josh Earnest um eine Einordnung.
Gegen diese Darstellung spricht die Annäherung im Niedrigflug bis auf Sichtweite des Trägers. Dabei mussten die russischen Piloten gleich mehrere Warnsignale missachtet oder übersehen haben. Als Seeaufklärer sind die Maschinen unter anderem ebenfalls mit Radar zur Überwachung der Meeresoberfläche ausgerüstet. Dass der Crew an Bord der beiden "Bears" das vereinte Flottenmanöver mit zahlreichen Kriegsschiffen der Südkoreaner und US-Amerikaner entgangen sein könnte, scheint schwer vorstellbar.

Nicht der erste Vorfall

Ein Sprecher des US-Verteidigungsministeriums erklärte, es gebe keinen Hinweis, dass die russischen Flugzeuge eine konkrete Bedrohung gewesen wären. Es sei jedoch "Routine", dass US-Flugzeuge jegliche Flugzeuge eskortierten, die "irgendwo in der Nähe von Schiffen der US-Navy fliegen". Es sei nicht der erste derartige Zwischenfall.
Die US-Trägerkampfgruppe rund um die "USS Ronald Reagan" nimmt derzeit im Osten der koreanischen Halbinsel an einem Seemanöver mit der südkoreanischen Marine teil. Russland verfügt in der Region mit dem Marinestützpunkt Wladiwostok traditionell über umfangreiche eigene Kräfte. Von Wladiwostok bis zur südkoreanischen Küste sind es Luftlinie weniger als 600 Kilometer.
BILDERSERIE
Quelle: n-tv.de , mmo/AFP/dpa

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