13.09.2012, 17:01 Uhr
Die Euro-Retter der EZB halten an ihrem Anleihen-Programm fest – trotz der großen Vorbehalte aus Karlsruhe. Das kann sich rächen: Kritiker dieser Politik bringen schon die nächsten juristischen Geschütze in Stellung. 
Bewegt sich mit seiner Krisenpolitik rechtlich auf dünnem Eis: EZB-Präsident Mario Draghi. Quelle: dapd
BerlinEuro-Retter Mario Draghi ist nicht zu bremsen. Zwar feuerten die Karlsruher Verfassungsrichter am Mittwoch einen Warnschuss Richtung Frankfurt. Doch stoppen kann das Gericht die umstrittenen Anleihenkäufe der Europäischen Zentralbank (EZB) nicht. Die Notenbank betont ihre Unabhängigkeit - obwohl sie weitere Hilfen für strauchelnde Euro-Schwergewichte wie Spanien und Italien an politische Zugeständnisse gekoppelt hat. Kann die EZB als machen, was sie will? Weit gefehlt. In der Politik sowie unter Ökonomen und Juristen ist die Krisenpolitik der Zentralbank heftig umstritten
Nicht nur ehemalige Notenbanker wie Ex-EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark bezweifeln nämlich, dass die Währungshüter noch so unabhängig handeln wie sie behaupten. „Geldpolitik kann und darf nicht an Bedingungen geknüpft werden. Indem eine Zentralbank ihr Handeln vom Verhalten Dritter abhängig macht, ist dies nicht mehr geldpolitisch begründbar“, kritisierte Stark in einem Gastbeitrag für „Die Welt“.
Darin heißt es, dass gegen den ESM-Vertrag selbst nicht eingewandt werden könne, dass er "zum Vehikel einer verfassungswidrigen Staatsfinanzierung durch die Europäische Zentralbank werden" könne, da eine Aufnahme von Kapital durch den ESM bei der EZB allein oder in Verbindung mit der Hinterlegung von Staatsanleihen mit dem in Art. 123 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union) verankerten Verbot monetärer Haushaltsfinanzierung nicht vereinbar wäre. Demnach könne der Vertrag nur so verstanden werden, dass er derartige Anleiheoperationen nicht zulasse. Mit der Frage, ob EZB-Staatsanleihekäufe gesetzwidrig sein könnten, will sich das Gericht im Hauptsacheverfahren eingehender befassen.
http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/verfassungswidrige-staatsfinanzierung-die-naechste-klage-droht-der-ezb/7130700.html
Nicht nur ehemalige Notenbanker wie Ex-EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark bezweifeln nämlich, dass die Währungshüter noch so unabhängig handeln wie sie behaupten. „Geldpolitik kann und darf nicht an Bedingungen geknüpft werden. Indem eine Zentralbank ihr Handeln vom Verhalten Dritter abhängig macht, ist dies nicht mehr geldpolitisch begründbar“, kritisierte Stark in einem Gastbeitrag für „Die Welt“.
Auch Bundesbank-Präsident Jens Weidmann wird nicht müde anzuprangern, die EZB habe in der Krise rote Linien überschritten. Im Grunde finanziere die Notenbank über Anleihenkäufe durch die Hintertür Staatsschulden - das ist ihr per EU-Vertrag verboten und ein Risiko für Steuerzahler vor allem von Ländern wie Deutschland, das den Löwenanteil der Milliardenhilfen trägt und im Falle von Verlusten am härtesten getroffen würde.
Das Bundesverfassungsgericht nimmt diesen Ball auf und erklärte in seiner Urteilsbegründung im Eilverfahren zum Rettungsfonds ESM am Mittwoch: „Ein Erwerb von Staatsanleihen am Sekundärmarkt durch die Europäische Zentralbank, der auf von den Kapitalmärkten unabhängige Finanzierung der Haushalte der Mitgliedstaaten zielte, ist als Umgehung des Verbotes monetärer Haushaltsfinanzierung ebenfalls untersagt
Einige Politiker reagieren mit der Forderung nach drastischen Konsequenzen: So sieht etwa der hessische Europaminister Jörg-Uwe Hahn (FDP) die Bundesregierung in der Pflicht, vor dem europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen die EZB zu klagen. Berlin müsse entsprechende Hinweise des Bundesverfassungsgerichts ernstnehmen. „Wer geeignete Maßnahmen unterlässt, macht sich zum Mittäter eines europarechtswidrigen Handelns“, sagte Hahn Handelsblatt Online.
Hahn begründete dies ausdrücklich mit dem Hinweis der Karlsruher Richter, dass der ESM nicht zum „Vehikel“ einer verbotenen Staatsfinanzierung durch die Zentralbank werden dürfe. Der FDP-Politiker leitet dies aus der Urteilsbegründung ab. Darin heißt es, dass gegen den ESM-Vertrag selbst nicht eingewandt werden könne, dass er "zum Vehikel einer verfassungswidrigen Staatsfinanzierung durch die Europäische Zentralbank werden" könne, da eine Aufnahme von Kapital durch den ESM bei der EZB allein oder in Verbindung mit der Hinterlegung von Staatsanleihen mit dem in Art. 123 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union) verankerten Verbot monetärer Haushaltsfinanzierung nicht vereinbar wäre. Demnach könne der Vertrag nur so verstanden werden, dass er derartige Anleiheoperationen nicht zulasse. Mit der Frage, ob EZB-Staatsanleihekäufe gesetzwidrig sein könnten, will sich das Gericht im Hauptsacheverfahren eingehender befassen.
- Seite 1: Die nächste Klage droht der EZB
- Seite 2: "Wer das toleriert, macht sich mitschuldig"
- Seite 3: Auch Schäuble sieht als Klage als Möglichkeit
http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/verfassungswidrige-staatsfinanzierung-die-naechste-klage-droht-der-ezb/7130700.html
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