WashingtonUS-Finanzminister Jacob Lew zeichnet ein düsteres Bild: Er habe die letzten Mittel aktiviert, um das Erreichen der Verschuldungsgrenze zu verhindern, schrieb er in einem Brief an die führenden Kongressabgeordneten. Es es gebe „keine weitere Zeit mehr zum Handeln“. Und weiter: Er habe damit begonnen, die drei noch zur Verfügung stehenden buchhalterischen Werkzeuge anzuwenden, mit denen er noch für etwas Kreditspielraum sorgen könne, um die Rechnungen seines Landes zu bezahlen. Seien diese ausgeschöpft, gebe es keine „legalen und vernünftigen“ Mittel mehr, um an Geld zu kommen.
Vergangene Woche hatte Lew dem Kongress erklärt, dass die Schuldenobergrenze von 16,7 Billionen Dollar (gut 12,3 Billionen Euro) spätestens am 17. Oktober der Fall sein werde. Ab diesem Tag blieben der Regierung noch 30 Milliarden Dollar (gut 22 Milliarden Euro), „um den Verpflichtungen unseres Landes nachzukommen“. Ohne eine Anhebung der Schuldengrenze drohe den USA damit binnen kürzester Zeit die Zahlungsunfähigkeit, machte Lew deutlich. Die 30 Milliarden Dollar lägen unterhalb dessen, was die USA allein an bestimmten Tagen anzuweisen hätten. An manchem Tag beliefen sich die Zahlungsverpflichtungen auf das Doppelte, schrieb der Minister.
Eigentlich wäre die Verschuldungsgrenze bereits im Mai überschritten worden. Seither nutzte die Regierung „besondere Maßnahmen“, um den Kreditrahmen um weitere 300 Milliarden Dollar zu erweitern. Dazu zählte zum Beispiel, Zahlungen an Sicherungsfonds für öffentlich Bedienstete auszusetzen.
Was bedeutet der Shutdown?
Was bedeutet der Stillstand für Staatsbedienstete?
Die Bundesregierung ist der mit Abstand größte Arbeitgeber in den USA mit gut 3,4 Millionen Beschäftigten, davon 1,4 Millionen Soldaten. Der Großteil von ihnen gilt als unabdingbar. Rund 800.000 Staatsbediensteten droht aber unbezahlter Zwangsurlaub, etwa Angestellten in Nationalparks und Museen oder den Statistikern im Arbeitsministerium. Die Behörden für Umweltschutz, Arbeitssicherheit und Nahrungsmittelsicherheit werden ihre Kontrollen herunterfahren. Auch bei der Raumfahrtbehörde NASA sind tausende Angestellte betroffen, wichtige Projekte wie die Internationale Raumstation ISS bleiben von Kürzungen aber ausgenommen.
Im Weißen Haus und im Kongress müssen ebenfalls Mitarbeiter ohne Bezahlung daheim bleiben - der Politikbetrieb wird im Großen und Ganzen aber weiterlaufen. Die Soldaten des US-Militärs bleiben dagegen alle im Dienst. Auch die Flugsicherheit, die Geheimdienste, die Bundesgefängnisse und der Grenzschutz arbeiten normal weiter. Die "unentbehrlichen" Staatsbediensteten bekommen ihre Gehälter aber vermutlich erst nach dem Ende des Haushaltsnotstands ausgezahlt.Spüren alle US-Bürger die Einschränkungen?
Wie wirkt sich ein Finanzierungsstopp auf die Wirtschaft aus?
Sind auch Ausländer betroffen?
Lew setzt mit seinem Schreiben ein öffentliches Ausrufezeichen. Niemand soll hinterher sagen können, er habe nicht gewusst, wie ernst es um die Finanzlage der USA steht. Es ist der Versuch, die Brisanz des Streit zwischen Republikanern und Demokraten um die US-Staatsfinanzen deutlich zu machen.
Die Erhöhung der Schuldengrenze ist das eine, der Haushaltsstreit das andere große Problem. Am Dienstag mussten in den USA bereits zahlreiche Einrichtungen des Bundes wegen des fehlenden Etats – eine Verabschiedung zum 1. Oktober wurde von den Republikanern blockiert – dichtmachen. Mitarbeiter wurden in den unbezahlten Zwangsurlaub geschickt. In diesem Haushaltsstreit gibt es nach wie vor keine Aussichten auf eine Einigung.
Selbst Teillösungen finden keine Mehrheit. Ein Entwurf der Republikaner, der zumindest eine teilweise Öffnung der lahmgelegten Verwaltung vorsah, scheiterte am Dienstagabend (Ortszeit) im Abgeordnetenhaus an den Demokraten. Die notwendige zwei Drittelmehrheit wurde verfehlt. Ziel der Vorlage war es, trotz des Verwaltungsstillstandes die Nationalparks zu öffnen und pünktliche Zahlungen an Veteranen sicherzustellen.
Das Weiße Haus hatte allerdings schon im Vorfeld abgewinkt. „Ein Stück-für-Stück-Ansatz, die Regierung zu finanzieren, ist kein ernsthafter Ansatz“, sagte Regierungssprecher Jay Carney.
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