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Freitag, 24. April 2015

Debatte über Genozid Gauck bezeichnet Massaker an Armeniern als Völkermord Bundespräsident Gauck findet klare Worte: Gleich mehrfach spricht er nach einem Gedenkgottesdienst im Berliner Dom von einem „Völkermord“ an den Armeniern im Osmanischen Reich.


Debatte über GenozidGauck bezeichnet Massaker an Armeniern als Völkermord

Bundespräsident Gauck findet klare Worte: Gleich mehrfach spricht er nach einem Gedenkgottesdienst im Berliner Dom von einem „Völkermord“ an den Armeniern im Osmanischen Reich.

© DPAVergrößernArmenische Flüchtlinge aus dem Osmanischen Reich sitzt 1915 in Syrien auf dem Boden.
In seiner Rede über die Massaker an der armenischen Bevölkerung im Osmanischen Reich vor hundert Jahren hat Bundespräsident Joachim Gauck gemahnt, die Nachfahren der Opfer dürften „die Anerkennung historischer Tatsachen und damit auch einer historischen Schuld“ zu recht erwarten. Gauck sprach nach einem ökumenischen Gottesdienst, der aus Anlass „der Erinnerung an den Völkermord an Armeniern, Aramäern und Pontos-Griechen“ am Donnerstagabend im Berliner Dom stattfand.
In der Bewertung der damaligen Ereignisse hielt sich Gauck wörtlich an die Absprachen mit der Bundesregierung und der Koalition, die in deren Bundestagsantrag eingefügt wurden. „Das Schicksal der Armenier steht beispielhaft für die Geschichte der Massenvernichtungen, der ethnischen Säuberungen, der Vertreibungen, ja der Völkermorde, von der das 20. Jahrhundert auf so schreckliche Weise gezeichnet ist“, sagte er.
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Gauck verwandte in seiner Rede den Hinweis auf den Völkermord vor hundert Jahren wörtlich noch ein zweites Mal. Die jungtürkische Ideologie habe im ethnisch homogenen und religiös einheitlichen Nationalstaat „eine Alternative“ zum Neben- und Miteinander der verschiedener Völker und Religionen gesehen. Die Trennung nach Volksgruppen und ethnische Säuberungen hätten zu Beginn des 20. Jahrhunderts „die düstere Seite der Entstehung von Nationalstaaten“ widergespiegelt. Gauck sagte: „Im Osmanischen Reich entwickelte sich daraus eine genozidale Dynamik, der das armenische Volk zum Opfer fiel.“ Er versicherte zugleich: „Indem wir erinnern, setzen wir niemanden, der heute lebt, auf die Anklagebank.“ Zwar sei den Kindern der Täter die Schuld nicht anzulasten. Doch die Opfer dürften „zu recht erwarten“, dass historische Tatsachen anerkannt würden.
Gauck sprach auch die deutsche Mitschuld an den damaligen Ereignissen an. Deutsche Militärs seien an den Deportationen der Armeniern beteiligt gewesen. Das Deutsche Reich habe seinen osmanischen Verbündeten nicht verlieren wollen. Hitler habe 1939 seine Pläne zur Ermordung von Polen mit der rhetorischen Frage „Wer redet heute noch von der Vernichtung der Armenier?“ versehen. „Wir tun dies, damit Hitler nicht Recht behält.“
Ähnlich wie Außenminister Frank-Walter Steinmeier sagte Gauck, die Debatte dürfe nicht „auf Differenzen über einen Begriff reduziert“ werden. Es müsse aber die „planvolle Vernichtung eines Volkes“ anerkannt werden. „Sonst verlieren wir den Kompass für unsere Orientierung und die Achtung vor uns selbst.“ Er freue sich über jedes ermutigende Zeichen der Verständigung zwischen Türken und Armeniern. „Niemand braucht Angst zu haben vor der Wahrheit“, sagte er zum Schluss seiner Rede.

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