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Mittwoch, 3. Juni 2015

Griechenland Ein Schuldenschnitt rückt wieder näher Nach dem Spitzentreffen zur Schuldenkrise in Berlin wollen die Gläubiger Griechenland ein letztes Angebot machen. Es könnte für die Euro-Staaten teuer werden.


GriechenlandEin Schuldenschnitt rückt wieder näher

Nach dem Spitzentreffen zur Schuldenkrise in Berlin wollen die Gläubiger Griechenland ein letztes Angebot machen. Es könnte für die Euro-Staaten teuer werden.

© DPAVergrößernGriechenland im Gegenwind
Nach dem Berliner Spitzentreffen zur Griechenland-Krise waren am Dienstag alle Teilnehmer darauf bedacht, möglichst nichts zum Ergebnis mitzuteilen. Das hatte unterschiedliche Gründe. Zum einen sollten all jene nicht vor den Kopf gestoßen werden, die im Kanzleramt gar nicht dabei waren. Weder die griechische Regierung war in Berlin vertreten noch alle 19 Euro-Staaten, mit denen sich Athen am Ende einigen muss. Nicht einmal der Chef der Eurogruppe, der niederländische Finanzminister Jeroen Dijsselbloem, war beteiligt. Er sagte am Dienstag im niederländischen Fernsehen, man sei noch weit von einer Einigung mit Athen entfernt. Das ist schon deshalb fast trivial, weil völlig offen ist, wie die griechische Regierung auf das „letzte Angebot“ der Gläubiger reagiert, das in seinen Einzelheiten noch nicht bekannt ist.
Der andere Grund für das von Berlin ausgehende Schweigen liegt in der Sache selbst. Denn auch wenn alle Beteiligten das Gegenteil behaupten, die großen inhaltlichen Differenzen innerhalb der drei früher „Troika“ genannten Gläubiger-Institutionen – der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB) und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) – sind nicht mehr zu übersehen.
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Nicht zuletzt deshalb war wieder einmal das deutsch-französische EU-Direktorium gefragt: Es ging um eine gemeinsame Gläubigerposition gegenüber Athen. Die Berliner Gesprächsrunde war sich nur darin einig, dass die griechische Regierung noch in dieser Woche ein gemeinsames „Angebot“ der Gläubiger erhalten solle. Vor allem die geschäftsführende Direktorin des IWF, Christine Lagarde, machte aber klar, dass die europäische Seite dessen Risiken und Nebenwirkungen zu tragen habe.

Syriza-Regierung feilscht um fiskalischen Spielraum

Seit längerem streiten die Gläubiger und die griechische Regierung darüber, welche haushaltspolitischen Vorgaben Griechenland erfüllen muss. Schon lange ist klar, dass die Vorgabe des laufenden Programms eines Primärüberschusses – also eines positiven Haushaltssaldos abzüglich der Zinszahlungen – von 3 Prozent der Wirtschaftsleistung im Jahr 2015 nicht eingehalten werden kann. Diese Vorgabe basierte noch auf der Hoffnung auf einen kräftigen Aufschwung in diesem Jahr. Sie ist längst illusorisch, da die griechische Wirtschaft mittlerweile in die Rezession gerutscht ist. Ähnlich unrealistisch ist die noch mit der früheren griechischen Regierung getroffene Vereinbarung, dass der Primärüberschuss 2016 und 2017 jeweils 4,5 Prozent der Wirtschaftsleistung betragen soll.
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Schon im Februar hatten die Gläubiger der Syriza-Regierung einen gewissen haushaltspolitischen Spielraum zugesagt, aber nie präzisiert, was das bedeutet. Im Kern wurde seither in den Verhandlungen mit Athen immer darum gestritten, welche wirtschaftspolitischen Reformen welchen Beitrag zu einer Gesundung der griechischen Staatsfinanzen leisten können. Vor allem die Renten- und die Mehrwertsteuerreform sollten die Staatsausgaben dämpfen oder die Einnahmen erhöhen. Die Regierung will die Primärüberschuss-Vorgaben möglichst niedrig halten – und die Gläubiger vielleicht sogar dazu bringen, ein „Primärdefizit“ zu akzeptieren.

Lagarde fürchtet ökonomische Folgen eines Schuldenschnitts

Dem Vernehmen nach haben EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und EZB-Präsident Mario Draghi in Berlin darauf gedrungen, Athen in dieser Frage entgegenzukommen. Lagarde habe dagegen auf die ökonomischen Folgen eines solchen Entgegenkommens aufmerksam gemacht. Wenn Griechenland in den kommenden Jahren nicht in der Lage ist, einen Primärüberschuss zu erwirtschaften, ist es ausgeschlossen, dass die griechische Staatsschuld von derzeit rund 180 Prozent der Wirtschaftsleistung irgendwann noch einmal sinkt. Die Schuldentragfähigkeit, welche die zentrale Voraussetzung für eine weitere IWF-Beteiligung an weiterer Hilfe für Griechenland ist, wäre dann mittelfristig nicht mehr gegeben.
Lagarde erinnerte die europäische Seite an eine frühere Zusage, wonach die Euro-Staaten die Verantwortung dafür übernehmen müssen, wenn die Staatsschuld nicht sinkt. Kurzfristig ist das kein Problem: Die Kredite des Euro-Krisenfonds EFSF haben extrem lange Laufzeiten, die Zinshöhe ist fast gleich null. Dennoch dürften die griechischen Forderungen nach einem Schuldenschnitt umso lauter werden, je geringer der Primärüberschuss ausfällt. Vor allem deshalb wehrt sich Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bisher noch dagegen, Athen weiter entgegenzukommen. Der AfD-Europaabgeordnete Hans-Olaf Henkel wiederholte dagegen am Dienstag seine Forderung, Griechenland die Schulden zu erlassen, wenn es den Euroraum verlässt. „Andernfalls wird die griechische Gesellschaft in einer humanitären Krise gefangen bleiben“, sagte Henkel.

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