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Mittwoch, 3. Juni 2015

Griechenlands Schuldenkrise Jetzt ist Alexis Tsipras am Zug Kanzlerin Merkel hat sich auf höchster Ebene mit Griechenlands Gläubigern besprochen. Allein damit kommt sie dem griechischen Regierungschef entgegen. Der reagiert rasch.


Griechenlands SchuldenkriseJetzt ist Alexis Tsipras am Zug

Kanzlerin Merkel hat sich auf höchster Ebene mit Griechenlands Gläubigern besprochen. Allein damit kommt sie dem griechischen Regierungschef entgegen. Der reagiert rasch.

© REUTERSVergrößernDie Gläubiger haben sich abgestimmt - nun ist der griechische Regierungschef an der Reihe zu erklären, wie er den Vorschlag findet, wenn er ihn bekommen hat.
Draußen ist es längst dunkel, im Bundeskanzleramt brennt immer noch Licht: Angela Merkel berät mit Griechenlands größten Geldgebern auf höchster Ebene den andauernden Schuldenstreit. Mit Frankreichs Staatspräsident François Hollande, EZB-Präsident Mario Draghi und IWF-Direktorin Christine Lagarde, außerdem mit EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker. Drei Stunden, bis nach Mitternacht, dauert dieses außergewöhnliche Spitzen-Krisentreffen am Montagabend. Am Ende gibt es für die Öffentlichkeit nur den so wenig wie viel sagenden Satz des deutschen Regierungssprechers, es sei vereinbart worden, „mit großer Intensität“ weiter nach einer Lösung zu suchen. Und die Geldgeber wollen untereinander und mit der griechischen Regierung in engem Kontakt bleiben. Viele Fragen bleiben für die Öffentlichkeit offen.
Zunächst natürlich diese: Was hat der Gipfel gebracht? Ziel der Gläubigervertreter war es nach einhelliger Auffassung gewesen, eine konkrete gemeinsame Haltung in den weiteren Verhandlungen mit der griechischen Regierung abzustecken. Nach einem Bericht der „Financial Times“, die sich auf informierte Kreise beruft, ist die Basis ein technisch aufgesetztes Papier der EU-Kommission, in dem detailliert diejenigen Punkte aufgelistet werden, die für die Gläubiger wichtig sind, um zu einer Einigung zu gelangen. Angeblich sollen dort auch einzelne Maßnahmen gegeneinander abgewogen und so Verhandlungsmasse aufgezeigt werden.
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Daraus soll ein gemeinsamer Vorschlag werden, der dann der griechischen Regierung übermittelt wird - vielleicht an diesem Dienstag, vielleicht in den kommenden Tagen. Symbolisch zumindest ist der Gipfel ein mehrfaches Entgegenkommen gegenüber dem griechischen Regierungschef Alexis Tsipras. Der hatte immer wieder beklagt, die Gläubiger träten mit unterschiedlichen Positionen an die griechische Regierung heran. Und er drängte außerdem darauf, dass der Streit auf die Ebene der „Chefs“ gehoben wird. Dort ist er nun endgültig angekommen: Die deutsche Kanzlerin bringt sich offensiv und öffentlichkeitswirksam ein. Die Spitzen Frankreichs, der Europäischen Zentralbank und des Währungsfonds - auch das gehört zur symbolischen Seite des Spitzentreffens - kamen nach Berlin ins Kanzleramt. Da ist es einerlei, dass die Zusammenkunft mit Hollande und Juncker schon länger eingeplant war.
Fraglich ist , wie sehr sich Tsipras über so viel geschicktes „Entgegenkommen“ seitens der Gläubiger freut. Denn nun ist klar: Er ist am Zug. Kommt seine Regierung den Geldgebern in den brisanten Streitfragen entgegen? In griechischen Medien wird seit einiger Zeit immer mal wieder spekuliert, dass weitere Rentenkürzungen - eigentlich eine „rote Linie“ - wohl doch von der Linksregierung ins Auge gefasst werden könnten. Schon vor zwei Wochen sagte George Romanias, Direktor der griechischen Sozialversicherung, im Fernsehen, dass insbesondere die lange Zeit mit Steuergeld subventionierten Zusatzrenten nicht erhalten werden könnten. Auch das Renteneintrittsalter könnte wohl heraufgesetzt werden. EU-Währungskommissar Pierre Moscovici sagte am Dienstagmorgen im französischen Radio: „Wir fangen an, uns ausführlich mit den Renten zu beschäftigen.“ Und weiter: „Die griechische Regierung hat einige erste Vorschläge gemacht, deren Vor- und Nachteile sich jetzt angesehen werden.“
Wenig später teilte der griechische Premier Tsipras mit, den Geldgebern nun einen umfassenden Reformplan übermittelt zu haben. „Wir haben einen realistischen Plan für Griechenland unterbreitet, um die Krise zu beenden“, sagte Tsipras in Athen: „Die Entscheidung liegt nun bei den politischen Führungen Europas.“ Angeblich soll es sich dabei um ein 47 Seiten langes Dokument handeln.
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Ob darin auch ernsthafte Renten-Reformvorschläge enthalten sind, ist bislang nicht bekannt. Und ob die griechische Regierung sie wirklich umsetzten würde, dürfte wesentlich auch davon abhängen, dass sichTsipras weiter gegen die Kritiker in seiner Syriza-Partei durchsetzt. Er gibt zwar grundsätzlich die Richtung vor, seine Position ist jedoch nicht einfach mit der des Vorsitzenden einer etablierten deutschen Partei vergleichbar.
Tsipras gegenüber steht eine linksradikale Plattform, der rund 60 der mehr als 300 Mitglieder des wichtigsten Parteigremiums zugerechnet werden und deren Vertreter etwa 30 der 149 Syriza-Parlamentssitze einnehmen sollen. Die Frage ist, ob diese Plattform, die jedes Zugeständnis im Schuldenstreit ablehnt, letztlich tatsächlich bereit ist, die eigene Regierung untergehen zu lassen. Energieminister Panagiotis Lafazanis, der sie anführt, gilt nach Ansicht eines gut informierten Beobachters selbst als „Team-Player“, für den im Zweifel die Nöte der Regierung und der Partei insgesamt über jenen der radikalen Plattform stehen.
Zu erwarten ist in jedem Fall, dass das öffentliche Getöse einzelner Syriza-Minister und -Abgeordneter lauter werden wird, je näher ein Übereinkommen rückt. Tsipras selbst hatte nach griechischen Medienberichten am Montag seine wichtigsten Minister um sich versammelt während die Geldgeber-Spitzen in Berlin tagten. Positiv soll demnach in Athen aufgenommen worden sein, dass im Anschluss an das Treffen in Berlin von Gläubigerseite dem klammen Land (bewusst) kein öffentliches Ultimatum gestellt worden war.
Für die Frage, wie der Schuldenstreit ausgeht, sollte schließlich auch eine an den Gesprächen mindestens indirekt beteiligte Partei nicht vergessen werden: die Vereinigten Staaten. Der amerikanische Finanzminister Jack Lew drängte unlängst mehrfach dazu, eine Einigung zu erzielen. Er rief sowohl die Gläubiger - auch den IWF - als auch die griechische Regierung dazu auf, Zugeständnisse zu machen. Da die Vereinigten Staaten der größte Anteilseigner des Währungsfonds sind, ist auch in dieser Sache nicht unmaßgeblich, was Washington will.
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© DPA, REUTERSVergrößernGriechenland-Krise: Die Zeit wird knapp

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