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Donnerstag, 21. März 2013

Die zyprische Zentralbank geht davon aus, dass bis Anfang nächster Woche ein Rettungsplan für das Land steht und damit eine von der EZB gesetzte Frist eingehalten werden kann.


Europas SchuldenkriseZypern diskutiert über den „Plan B“

 ·  Die EZB will ihre Nothilfe für Zypern nur bis Montag garantieren. Die Regierung sucht weiter nach einer Krisenlösung. Schon bald könnte das Parlament über einen „Plan B“ abstimmen. In Moskau verhandeln die Zyprer weiter über russische Hilfe. Die neuesten Entwicklungen im Überblick.
© DPAWer rettet Zypern - und wie?
Nach der Ablehnung des ersten Rettungspakets für Zypern im Parlament wird weiter nach einer Lösung in der Krise gesucht. Wie geht es weiter?
Die wichtigsten Meldungen vom Donnerstag in Stichpunkten:
  • Die EZB setzt Zypern eine Frist. Die Nothilfe für die Banken gilt nur noch bis Montag.
     
  • In Nikosia läuft die entscheidende Sitzung mit Präsident Anastasiades - dort wird über einen „Plan B“ debattiert.
     
  • Zypern strebt bei den Verhandlungen mit Russland keinen neuen Kredit an, sondern bessere Konditionen für einen laufenden Vertrag.
     
  • Eurogruppenchef Dijsselbloem übernimmt die Verantwortung für die umstrittene Zwangsabgabe auf zyprische Konten.
     
  • Wegen der Schließung der Banken gibt es erste Lieferengpässen bei Medikamenten. Auch Treibstoff wird knapp.
     
  • EU-Kommissionspräsident Barroso sichert weiter Hilfe bei der Suche nach einem Ausweg zu.

EZB-Nothilfe nur noch bis Montag

Die Europäische Zentralbank (EZB) erhöht den Druck auf Zypern. Wie die Notenbank mitteilte, kann das Land nur bis kommenden Montag auf Hilfskredite der zyprischen Notenbank zählen. Bis dahin werde das Niveau der „Emergency Liquidity Assistance“ (ELA) aufrecht erhalten. Danach könne die ELA nur gewährt werden, wenn ein Hilfsprogramm von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF) stehe, das die Solvenz der zyprischen Banken sicherstelle. Die ELA ist eine Notkreditlinie im europäischen Zentralbanksystem. Die Kreditlinie wird von der jeweiligen nationalen Notenbank zur Verfügung gestellt, muss aber von der EZB genehmigt werden. Der EZB-Rat hatte die Regelung für Zypern im Januar um zwei Monate verlängert, sie läuft also aus. Die Ankündigung löste erste Panikreaktionen aus. Dutzende Menschen eilten zu den Geldautomaten, um sich noch ein paar Scheine zu holen. Panikartig reagierten vor allem Inhaber von Konten der Popular Bank (griechisch: Laiki Bank). In Nikosia kursierten Gerüchte, wonach diese Bank in eine Bad-Bank und eine gesunde Bank aufgespalten werden soll.

Entscheidende Sitzung in Nikosia läuft

Im Präsidialpalais von Nikosia begann am Donnerstagmorgen eine entscheidende Sitzung aller Vorsitzenden der zyprischen Parteien mit dem Präsidenten der Inselrepublik, Nikos Anastasiades. Er präsentiert eine neue Version des Rettungsprogramms. Sollte es eine Einigung geben, könnte darüber möglicherweise bereits am Donnerstagabend im zyprischen Parlament abgestimmt werden, wie einige Politiker meinten. Die zyprische Zentralbank geht davon aus, dass bis Anfang nächster Woche ein Rettungsplan für das Land steht und damit eine von der EZB gesetzte Frist eingehalten werden kann. Der neue Plan sieht in erster Linie die Bildung eines Fonds vor, der Staatsanleihen ausgibt. Er soll mit Geldern aus Rentenkassen und der Kirche sowie anderen Institutionen Zyperns gebildet werden. Der Plan sieht auch eine Zwangsabgabe für Bankeinlagen vor, damit die fehlende Summe von einer Milliarde Euro erreicht werden kann. Allerdings solle dies nur für Sparguthaben über 100.000 Euro gelten, hieß es in Medienberichten.

Dijsselbloem übernimmt Verantwortung

Nach heftiger Kritik im Europaparlament übernimmt Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem die Verantwortung für die umstrittene Zwangsabgabe auf zyprische Konten. „Es war eine gemeinsame Entscheidung. Wenn irgendjemand die Verantwortung übernimmt, dann bin ich es“, sagte der Niederländer in Brüssel vor EU-Abgeordneten. Er hoffe, dass bald eine Lösung für das Zypern-Hilfspaket mit einer Lastenverteilung gefunden werde, die fairer sei. Details nannte er nicht. Die zyprische Parlament hatte zu Wochenbeginn die Zwangsabgabe und damit auch das Hilfspaket internationaler Geldgeber von zehn Milliarden Euro zurückgewiesen. Dijsselbloem sieht in der Krise in Zypern eine Gefahr für den Euro. „Die aktuelle Situation stellt definitiv ein systemisches Risiko dar“, sagte er. „Die Unruhe der letzten Tage hat das bewiesen.“

EU sichert Zypern Hilfe zu

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso sicherte Zypern weiter Hilfe bei der Suche nach einem Ausweg aus der Finanzkrise zu. „Wir haben in der Vergangenheit größere Probleme gelöst. Ich hoffe, dass diesmal auch eine Lösung gefunden wird“, sagte Barroso auf einer Konferenz in Moskau. Die EU-Kommission werde Zypern weiter unterstützen. Gegenwärtig liefen Konsultationen zwischen dem Inselstaat und anderen Mitgliedern der Eurogruppe, sagte Barroso. Mit mehr als einem Dutzend EU-Kommissaren führt Barroso in Moskau bis zu diesem Freitag Gespräche mit der russischen Regierung. Dabei geht es auch um die Zypern-Krise. Er sei bereit, sich die Bedenken Russlands anzuhören, sagte Barroso. Er bestätigte, dass Russland über das Zypern-Rettungspaket der vergangenen Woche nicht vorab informiert worden sei. Der Kompromiss sei erst am Samstag zustande gekommen - ohne vorbereitete Entscheidung.

Zypern fordert von Russland keinen neuen Kredit

Zypern strebt bei den Verhandlungen mit Russland keinen neuen Kredit an, sondern bessere Konditionen für einen laufenden Vertrag über 2,5 Milliarden Euro sowie Investitionen. So solle nach den Vorstellungen Zyperns der bestehende Kredit aus Russland um fünf Jahre verlängert und die Zinsen auf 2,5 Prozent von 4,5 Prozent gesenkt werden, sagte der zyprische Finanzminister Michael Sarris in Moskau. Zypern wünsche sich zudem Investitionen aus Russland in den Banken- sowie Erdgassektor des Landes. „Die Banken sind das absolute Ziel jeder Hilfe, die wir bekommen“, stellte er klar. Diese könne in direkter Form oder indirekt über andere Sektoren gegeben werden, werde aber in jedem Fall an den Bankensektor umgeleitet. Nach den Worten von Sarris laufen die Gespräche in Moskau gut. Er hält sich dort bereits den zweiten Tag zu Verhandlungen auf.

Börse bleibt wie die Banken geschlossen

Die zyprische Börse folgt dem Beispiel der bis Dienstag kommender Woche geschlossenen Banken und lässt den Handel weiter ruhen. Mit dem Schritt reagiert der Börsenbetreiber auf die Furcht der Regierung, die jüngsten Beschlüsse zur Rettung der Banken könnten zu panikartigen Reaktionen bei Sparern und Anlegern führen. Wie aus einer Mitteilung auf der Homepage der zyprischen Börse hervorgeht, soll die verlängerte Handelspause dem Schutz der Investoren gelten und sicher stellen, dass bei Wiederaufnahme des Geschäfts ein ordnungsgemäßer Handel ermöglicht wird.

Medikamente und Sprit werden knapp

In Zypern gibt es wegen der Schließung der Banken erste Lieferengpässen bei Medikamenten. Auch Treibstoff wird langsam knapp. Viele Tankstellen nahmen am Donnerstag nur noch Bargeld an. Auch einige Supermärkte akzeptierten keine Kreditkarten mehr. Die Geldinstitute sind wegen der schweren Finanzkrise seit sechs Tagen geschlossen. Nur Geldautomaten funktionieren. Allerdings haben viele Menschen mittlerweile keinen Cent mehr auf ihren Girokonto, weil das Online-Bankingsystem blockiert ist und damit Gehalts- und andere Zahlungen nicht möglich sind. „Wir haben das Sparschweinchen meines Sohnes zertrümmert, um Lebensmittel zu kaufen“, sagte Mairi Stylianou, eine Hausfrau in Nikosia, der Nachrichtenagentur dpa.

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