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Donnerstag, 21. März 2013

Euro-Zone wappnet sich für den Zypern-Schock


Europas SchuldenkriseEuro-Zone wappnet sich für den Zypern-Schock

 ·  In der Euro-Zone herrscht Alarmstufe Rot über einen drohenden Kollaps Zyperns. Zwischen Brüssel und Nikosia herrscht offenbar Funkstille. Dass ein Rettungskandidat derart abtaucht, habe es noch nie gegeben, sagte der Vertreter Frankreichs. Die aktuellen Entwicklungen.
© APEine Schlange vor dem Geldautomaten der Laiki Bank in Nikosia.
Die Vertreter der Euro-Staaten besprachen in einer Telefonkonferenz am Mittwoch Vorkehrungen gegen einen Zusammenbruch der Banken auf der Insel, wie aus Reuters vorliegenden Notizen eines Teilnehmers hervorgeht. Dazu gehören Kapitalverkehrskontrollen gegen einen massiven Geldabfluss. Der Vertreter Deutschlands wies den Unterlagen zufolge darauf hin, dass Ansteckungsgefahren bei einem Ausscheiden Zyperns aus der Euro-Zone gebannt werden müssten. Die Chancen für ein neues Rettungspaket schwänden, so dass an einem Notfallplan für die Kernschmelze des aufgeblähten Finanzsektors gearbeitet werde. Sollte Zypern nicht kooperieren, müsste es bald sein eigenes Geld drucken und aus der Euro-Zone ausscheiden, sagte der EU-Vertreter.
Zwischen Brüssel und Nikosia herrscht Funkstille. Der Vertreter Zyperns nahm nicht an der Telefonkonferenz teil, was die anderen Teilnehmer schockierte, wie aus der Mitschrift hervorgeht. Dass ein Rettungskandidat derart abtaucht, habe es noch nie gegeben, sagte der Vertreter Frankreichs. Da das Parlament auf Zypern zu emotional sei für jegliche Entscheidung, müsse die Regierung womöglich ohne Rückhalt der Volksvertretung handeln.
Die EZB-Nothilfe gilt nur noch bis Montag. Zypern muss für ein internationales Sanierungspaket der EU und des IWF eine Eigenleistung von 5,8 Milliarden Euro erbringen. Nur wenn das Land diese Summe zusammenbringt, hilft die EU und der IWF mit 10 Milliarden Euro. Zyperns Alternativplan sieht einen „Solidaritätsfonds“ vor. Er soll mit Kapital von der Kirche, der Rentenkasse sowie anderen Einrichtungen gefüllt werden. Auch die Goldreserven sollen angezapft werden.
Die wichtigsten Meldungen vom Donnerstag in Stichpunkten:
  • Zypern legt Alternativplan vor
  • Russland gibt Zypern keinen neuen Kredit
  • EU fordert von Zypern Kapitalverkehrskontrollen
  • Die EZB setzt Zypern eine Frist. Die Nothilfe für die Banken gilt nur noch bis Montag.
     
  • Zypern strebt bei den Verhandlungen mit Russland keinen neuen Kredit an, sondern bessere Konditionen für einen laufenden Vertrag.
     
  • Eurogruppenchef Dijsselbloem übernimmt die Verantwortung für die umstrittene Zwangsabgabe auf zyprische Konten.
     
  • Wegen der Schließung der Banken gibt es erste Lieferengpässen bei Medikamenten. Auch Treibstoff wird knapp.
     
  • EU-Kommissionspräsident Barroso sichert weiter Hilfe bei der Suche nach einem Ausweg zu.
  • Schäuble sieht russische Zypern-Hilfen als Problem: Kredit würde Staatsverschuldung nochmal erhöhen

Bankangestellte demonstrieren vor Parlament in Nikosia

Mehrere hundert Angestellte der zyprischen Popular Bank (griechisch: Laiki Bank) haben sich am Donnerstag vor dem Parlament in Nikosia versammelt und gegen die befürchtete Schließung ihrer Bank protestiert. Nach der Vorstellung eines neuen Plans zur Lösung der Finanzkrise kursierten Gerüchte, wonach die Bank in eine weiter funktionsfähige und eine „Bad Bank“ aufgespalten werden soll. Dabei könnten viele Angestellte ihre Arbeit verlieren.

Zypern legt Alternativplan vor

Zypern hat am Donnerstag eine Alternative für das gescheiterte Rettungspaket vorgelegt. Ein Fonds mit Kapital von Kirche, Rentenkassen und sowie anderen Institutionen soll Staatsanleihen ausgeben und so einen eigenen Beitrag zu internationalen Beistandskrediten leisten. Auf dieses Plan einigten sich die politischen Parteien bei einer Krisensitzung in Nikosia, wie das Büro des zyprischen Präsidenten Nikos Anastasiadis am Donnerstag mitteilte. Auch die zyprische Zentralbank soll mit ihren Goldreserven dazu beitragen. Damit könnten 4,8 Milliarden Euro zusammenkommen. Die zyprische Kirche hatte am Mittwoch dem Staat zur Überwindung der Krise ihr gesamtes Geld angeboten: „Die Kirche und die Klöster werden für die Rettung des Landes alles zur Verfügung stellen“, hatte der zyprische Erzbischof Chrysostomos II.  nach einem Treffen mit Zyperns Staatspräsidenten Nikos Anastasiades am Mittwoch erklärt.
Der Plan sieht nach noch nicht offiziell bestätigten Informationen zudem eine begrenzte Zwangsabgabe auf Bankeinlagen vor, um die noch fehlende Summe von einer Milliarde Euro zu erreichen. Allerdings sollen nach Medienberichten nur Guthaben über 100.000 Euro belastet werden.

Sarris: Russland gibt keinen Kredit an Zypern

Russland wird Zypern nicht mit einem weiteren Kredit unterstützen. Dies sagte der zyprische Finanzminister Michalis Sarris am Donnerstag im zyprischen Fernsehen. „Sie können uns nicht mit einem Kredit helfen, weil unsere Schulden wachsen würden“, sagte Sarris. Jetzt sei Hilfe seitens der Unternehmer nötig. Darüber werde er am Abend in Moskau mit russischen Ministern reden, sagt Sarris weiter.  Russische Unternehmen und Privatleute bei zyprischen Banken Milliardensummen gebunkert, die mit niedrigen Steuern, hohen Zinsen und laxen Geldwäsche-Standards angelockt worden waren. 

EU fordert von Zypern Kapitalverkehrskontrollen

Die Europäische Union fordert von der Regierung in Zypern die Einrichtung von Kapitalverkehrskontrollen, um eine Pleite der zyprischen Banken zu verhindern. „Die zyprische Regierung muss bis Dienstag drei Sachen erledigen“, sagte ein europäischer Vertreter am Donnerstag der Nachrichtenagentur AFP in Brüssel. „Einen glaubwürdigen Plan B vorlegen als Ersatz für den vom Parlament abgewiesenen Rettungsplan, für einen längeren Zeitraum Kapitalverkehrskontrollen einführen und die Fusion der beiden größten Banken vorbereiten, die in Schwierigkeiten geraten sind.“ Ansonsten bestehe die Gefahr, dass Zypern aus dem Euro ausscheiden müsse. Die Banken des Landes sollen nach bisherigen Planungen bis Dienstag geschlossen bleiben. Durch die Kapitalverkehrskontrollen soll den Angaben aus Brüssel zufolge verhindert werden, dass nach einer Wiedereröffnung und einer Freigabe des Zahlungsverkehrs Milliardensummen von den Banken des Inselstaats abgezogen werden und das Finanzsystems Zyperns dadurch zusammenbricht.

Zyperns Zentralbankchef: Bis Montag wird Rettungsprogramm stehen

Zypern wird nach den Worten des Zentralbankchefs der Mittelmeerinsel bis Montag ein Rettungsprogramm haben. „Es wird ein Programm bis Montag geben“, versicherte Panikos Demetriades am Donnerstag im zyprischen Fernsehen in Nikosia.

EZB stellt Zypern Ultimatum: Nothilfe nur noch bis Montag

Die Europäische Zentralbank (EZB) erhöht den Druck auf Zypern. Wie die Notenbank mitteilte, kann das Land nur bis kommenden Montag auf Hilfskredite der zyprischen Notenbank zählen. Bis dahin werde das Niveau der „Emergency Liquidity Assistance“ (ELA) aufrecht erhalten. Danach könne die ELA nur gewährt werden, wenn ein Hilfsprogramm von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF) stehe, das die Solvenz der zyprischen Banken sicherstelle. Die ELA ist eine Notkreditlinie im europäischen Zentralbanksystem. Die Kreditlinie wird von der jeweiligen nationalen Notenbank zur Verfügung gestellt, muss aber von der EZB genehmigt werden. Der EZB-Rat hatte die Regelung für Zypern im Januar um zwei Monate verlängert, sie läuft also aus. Die Ankündigung löste erste Panikreaktionen aus. Dutzende Menschen eilten zu den Geldautomaten, um sich noch ein paar Scheine zu holen. Panikartig reagierten vor allem Inhaber von Konten der Popular Bank (griechisch: Laiki Bank). In Nikosia kursierten Gerüchte, wonach diese Bank in eine Bad-Bank und eine gesunde Bank aufgespalten werden soll.

Dijsselbloem übernimmt Verantwortung

Nach heftiger Kritik im Europaparlament übernimmt Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem die Verantwortung für die umstrittene Zwangsabgabe auf zyprische Konten. „Es war eine gemeinsame Entscheidung. Wenn irgendjemand die Verantwortung übernimmt, dann bin ich es“, sagte der Niederländer in Brüssel vor EU-Abgeordneten. Er hoffe, dass bald eine Lösung für das Zypern-Hilfspaket mit einer Lastenverteilung gefunden werde, die fairer sei. Details nannte er nicht. Die zyprische Parlament hatte zu Wochenbeginn die Zwangsabgabe und damit auch das Hilfspaket internationaler Geldgeber von zehn Milliarden Euro zurückgewiesen. Dijsselbloem sieht in der Krise in Zypern eine Gefahr für den Euro. „Die aktuelle Situation stellt definitiv ein systemisches Risiko dar“, sagte er. „Die Unruhe der letzten Tage hat das bewiesen.“

EU sichert Zypern Hilfe zu

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso sicherte Zypern weiter Hilfe bei der Suche nach einem Ausweg aus der Finanzkrise zu. „Wir haben in der Vergangenheit größere Probleme gelöst. Ich hoffe, dass diesmal auch eine Lösung gefunden wird“, sagte Barroso auf einer Konferenz in Moskau. Die EU-Kommission werde Zypern weiter unterstützen. Gegenwärtig liefen Konsultationen zwischen dem Inselstaat und anderen Mitgliedern der Eurogruppe, sagte Barroso. Mit mehr als einem Dutzend EU-Kommissaren führt Barroso in Moskau bis zu diesem Freitag Gespräche mit der russischen Regierung. Dabei geht es auch um die Zypern-Krise. Er sei bereit, sich die Bedenken Russlands anzuhören, sagte Barroso. Er bestätigte, dass Russland über das Zypern-Rettungspaket der vergangenen Woche nicht vorab informiert worden sei. Der Kompromiss sei erst am Samstag zustande gekommen - ohne vorbereitete Entscheidung.

Zypern fordert von Russland keinen neuen Kredit

Zypern strebt bei den Verhandlungen mit Russland keinen neuen Kredit an, sondern bessere Konditionen für einen laufenden Vertrag über 2,5 Milliarden Euro sowie Investitionen. So solle nach den Vorstellungen Zyperns der bestehende Kredit aus Russland um fünf Jahre verlängert und die Zinsen auf 2,5 Prozent von 4,5 Prozent gesenkt werden, sagte der zyprische Finanzminister Michael Sarris in Moskau. Zypern wünsche sich zudem Investitionen aus Russland in den Banken- sowie Erdgassektor des Landes. „Die Banken sind das absolute Ziel jeder Hilfe, die wir bekommen“, stellte er klar. Diese könne in direkter Form oder indirekt über andere Sektoren gegeben werden, werde aber in jedem Fall an den Bankensektor umgeleitet. Nach den Worten von Sarris laufen die Gespräche in Moskau gut. Er hält sich dort bereits den zweiten Tag zu Verhandlungen auf.

Börse bleibt wie die Banken geschlossen

Die zyprische Börse folgt dem Beispiel der bis Dienstag kommender Woche geschlossenen Banken und lässt den Handel weiter ruhen. Mit dem Schritt reagiert der Börsenbetreiber auf die Furcht der Regierung, die jüngsten Beschlüsse zur Rettung der Banken könnten zu panikartigen Reaktionen bei Sparern und Anlegern führen. Wie aus einer Mitteilung auf der Homepage der zyprischen Börse hervorgeht, soll die verlängerte Handelspause dem Schutz der Investoren gelten und sicher stellen, dass bei Wiederaufnahme des Geschäfts ein ordnungsgemäßer Handel ermöglicht wird.

Medikamente und Sprit werden knapp

In Zypern gibt es wegen der Schließung der Banken erste Lieferengpässen bei Medikamenten. Auch Treibstoff wird langsam knapp. Viele Tankstellen nahmen am Donnerstag nur noch Bargeld an. Auch einige Supermärkte akzeptierten keine Kreditkarten mehr. Die Geldinstitute sind wegen der schweren Finanzkrise seit sechs Tagen geschlossen. Nur Geldautomaten funktionieren. Allerdings haben viele Menschen mittlerweile keinen Cent mehr auf ihren Girokonto, weil das Online-Bankingsystem blockiert ist und damit Gehalts- und andere Zahlungen nicht möglich sind. „Wir haben das Sparschweinchen meines Sohnes zertrümmert, um Lebensmittel zu kaufen“, sagte Mairi Stylianou, eine Hausfrau in Nikosia, der Nachrichtenagentur dpa.

Schäuble sieht russische Zypern-Hilfen als Problem

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sieht Kreisen zufolge bei möglichen russischen Finanzhilfen an Zypern eine Gefahr für die Schuldentragfähigkeit des Landes. Ein russischer Kredit an das krisengebeutelte Land als Ersatz für die geforderte Eigenleistung würde die Staatsverschuldung nochmal erhöhen, warnte der Minister nach Angaben von Teilnehmern am Mittwoch im Haushaltsausschuss des Bundestages. Die Schuldentragfähigkeit sei jedoch eine Bedingung für Hilfen an das Krisenland aus dem Rettungsschirm ESM. Möglich sei daher nur ein Einstieg Russlands in Banken, wurde der CDU-Politiker zitiert. Schäuble habe sich aber skeptisch gezeigt, dass Russland dies am Ende machen würde.

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