SteuertippAbgeltungsteuer mindern
16.03.2013 · Die Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge hat den Nachteil, dass das Finanzamt keine steuermindernden Werbungskosten akzeptiert. Neue Hoffnung für die Berücksichtigung von Werbungskosten macht aber ein Richterspruch aus Baden-Württemberg.
Von BERND SCHMITT
Auf den ersten Blick ist die Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge mit ihrem einheitlichen Steuersatz von 25 Prozent von Vorteil: Da der Schuldner der Kapitalerträge, zum Beispiel die Bank, die Steuer direkt an den Fiskus abführt, ist die Steuerschuld des Anlegers abgegolten. Innerhalb des Sparerfreibetrags (jährlich 801 Euro, bei gemeinsam veranlagten Eheleuten 1602 Euro) bleiben die Erträge steuerfrei. Der Nachteil der Abgeltungsteuer: Das Finanzamt akzeptiert keine steuermindernden Werbungskosten.
Neue Hoffnung für die Berücksichtigung von Werbungskosten bei der Abgeltungsteuer macht ein Richterspruch aus Baden-Württemberg (17. Dezember 2012, 9 K 1637/10). Die Richter hatten den Fall einer älteren Dame zu beurteilen, die sich aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters von 95 Jahren und einer Demenzkrankheit eines Treuhänders bei der Verwaltung ihres Vermögens bediente. Da ihr persönlicher Einkommensteuersatz auf die übrigen Einkünfte unter 25 Prozent lag, konnte sie von der sogenannten Günstigerprüfung profitieren. Die Kapitalerträge unterlagen daher nicht dem Abgeltungsteuersatz, sondern ihrem niedrigeren persönlichen Steuersatz. Im Rahmen dieser Günstigerprüfung berücksichtigte das Gericht auf Grundlage des verfassungsrechtlich gebotenen Nettoprinzips trotz des im Einkommensteuergesetz vorgesehenen Werbungskostenabzugsverbotes über den Sparerfreibetrag hinaus die aufgrund des Treuhandvertrages gezahlte Vergütung als Werbungskosten, und zwar insoweit, als sie nicht mit der allgemeinen Betreuung der älteren Dame in Zusammenhang standen. Die auf die allgemeine Betreuung entfallende Vergütung wurde als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt.
Werbungskosten im Rahmen der Abgeltungsteuer
Neben dem hohen Alter und der schweren Krankheit, die eine Verwaltung der eigenen Angelegenheiten ohne fremde Hilfe nicht möglich machten, hat der Fall weitere Besonderheiten. So war die Gebühr für die Vermögensverwaltung im Vergleich zu der üblicherweise anfallenden Gebühr von 1 bis 1,5 Prozent des zu verwaltenden Vermögens ungewöhnlich hoch. Auch nähere Ausführungen zu den genau vom Verwalter erbrachten Tätigkeiten sind dem Urteil nicht zu entnehmen. Das Gericht beließ es bei dem Hinweis, dass die Tätigkeit des Treuhänders fast ausschließlich im Zusammenhang mit der Verwaltung des Finanzvermögens stand, mit dem die Kapitalerträge erzielt wurden. Das Gericht wertete etwa zwei Drittel der Vergütung als Werbungskosten und etwa ein Drittel als außergewöhnliche Belastung.
Abzuwarten bleibt, wie sich der BFH zu der Frage der Werbungskosten im Rahmen der Abgeltungsteuer äußert. Gelegenheit dazu hat er, da die Finanzverwaltung gegen das Urteil Revision eingelegt hat (Aktenzeichen VIII R 13/13).
Von Interesse ist das Urteil zunächst für Steuerpflichtige, deren persönlicher Einkommensteuersatz auf die anderen Einkünfte unter 25 Prozent liegt. Aber auch wer darüber liegt, kann sich die Argumentation der Finanzrichter durchaus zunutze machen, etwa wenn fremdfinanzierte Kapitalanlagen vorliegen, da sich das Gericht auf das Nettoprinzip beruft. Private Kapitalanleger sollten daher ihre im Zusammenhang mit den Kapitalerträgen stehenden und über dem Pauschbetrag liegenden tatsächlichen Werbungskosten in ihrer Einkommensteuererklärung geltend machen. Erkennt das Finanzamt die Werbungskosten nicht an, kann unter Bezug auf das anhängige Revisionsverfahren Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid eingelegt werden. Wer seinen Steuerbescheid schon bekommen hat, sollte auch einen Einspruch prüfen.
Der Autor ist Steuerberater und Partner der Ernst & Young GmbH.
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