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Sonntag, 4. Oktober 2015

Das Urteil besitzt eine hohe Praxisrelevanz, weil es die Fungibilität von Inhaberschuldschreibungen erhöht. Für den Schuldner besteht keine Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme. Denn gemäß § 797 Satz 1 BGB ist er nur gegen Aushändigung der Urkunde zur Leistung verpflichtet.

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Samstag, 3. Oktober 2015

Das Urteil besitzt eine hohe Praxisrelevanz, weil es die Fungibilität von Inhaberschuldschreibungen erhöht. Für den Schuldner besteht keine Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme. Denn gemäß § 797 Satz 1 BGB ist er nur gegen Aushändigung der Urkunde zur Leistung verpflichtet.

BGH: Übertragung einer Inhaberschuldverschreibung ohne Urkunde


  
Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 14. Mai 2013 (Az: XI ZR 160/12) entschieden, dass eine in einer Inhaberschuldverschreibung verbriefte Forderung auch ohne Übergabe der Wertpapierurkunde im Wege der Abtretung wirksam übertragen werden kann.
 
Der Kläger machte aus abgetretenem Recht Zinsansprüche aus ausländischen sammelverwahrten Staatsanleihen geltend. Allerdings konnte er zum Nachweis seiner Berechtigung weder die Zinsscheine noch einen Depotauszug vorlegen. Der Fall wurde in Deutschland verhandelt, weil in den Anleihebedingungen die Anwendung deutschen Rechts sowie ein deutscher Gerichtsstand bestimmt waren. Das OLG Frankfurt am Main als Vorinstanz hatte entschieden, dass der Kläger die abgetretenen Zinsansprüche ohne Urkunde nicht geltend machen kann. Dies ergebe sich aus § 793 Abs. 1 Satz 1 BGB. Darin heißt es: „Hat jemand eine Urkunde ausgestellt, in der er dem Inhaber der Urkunde eine Leistung verspricht (Schuldverschreibung auf den Inhaber), so kann der Inhaber von ihm die Leistung nach Maßgabe des Versprechens verlangen, es sei denn, dass er zur Verfügung über die Urkunde nicht berechtigt ist.” Dies bedeutet dem OLG Frankfurt zufolge, dass nur derjenige Gläubiger der Inhaberschuldverschreibung sei, wer auch Inhaber der Wertpapierurkunde sei und die Verfügungsbefugnis darüber habe.
 
Dem hat jedoch der BGH insofern widersprochen, als es für den Zweiterwerb nicht auf das Innehaben der Urkunde ankommt; die Urkundeninhaberschaft ist lediglich für den Ersterwerb der in der Inhaberschuldverschreibung verbrieften Forderung konstitutiv. Zwar regelt § 793 Abs. 1 Satz 1 BGB, dass der Inhaber der Urkunde die Leistung verlangen kann. Der BGH betont jedoch, dass die Urkundeninhaberschaft lediglich eine Legitimationswirkung verschafft, den Inhaber jedoch nicht zum materiell Berechtigten der verbrieften Forderung werden lässt. Im Weiteren führt der BGH aus, dass die Übertragung der in der Inhaberschuldverschreibung verbrieften Forderung auf zwei Arten erfolgen kann: Entweder durch Übertragung des Eigentums am Wertpapier nach den §§ 929 ff. BGB - wobei die dafür erforderliche Übergabe des Papiers bei sammelverwahrten Wertpapieren regelmäßig durch die depotmäßige Umbuchung geschieht - oder aber durch formlose Abtretung der verbrieften Forderung nach § 398 BGB. Dabei nimmt der BGH ausdrücklich von einem früheren Urteil (Senatsurteil vom 25. November 2008, Az: XI ZR 413/07) Abstand, weil dieses Urteil dahingehend verstanden werden konnte, dass die Wirksamkeit der Abtretung auch die Übergabe der Urkunde oder ein Übergabesurrogat wie beispielsweise die Umbuchung in den betreffenden Depots voraussetze. Schließlich weist der BGH darauf hin, dass durch die bloße Abtretung keine Gefahr besteht, dass Forderungsinhaberschaft und Eigentum an der Urkunde auseinanderfallen. Denn derjenige, der die Forderung im Wege der Abtretung erwirbt, erwirbt gemäß § 952 Abs. 2 BGB analog zugleich Eigentum an der Urkunde.
 
Das Urteil besitzt eine hohe Praxisrelevanz, weil es die Fungibilität von Inhaberschuldschreibungen erhöht. Für den Schuldner besteht keine Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme. Denn gemäß § 797 Satz 1 BGB ist er nur gegen Aushändigung der Urkunde zur Leistung verpflichtet.

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