VW-Abgasaffäre und VerbraucherschutzMandat vs. Mandant
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- Stephan Harbarth ist Obmann der Unionsfraktion im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz - und damit einer der wichtigsten Rechtspolitiker der CDU.
- Harbarths Kanzlei "SZA Schilling, Zutt & Anschütz" wurde von VW in der Abgasaffäre mandatiert.
- Im Rechtsausschuss des Bundestages stimmte Harbarth dafür, das Thema VW von der Tagesordnung zu nehmen.
Über die Nebeneinkünfte von Abgeordneten ist in den vergangenen Jahren viel geklagt worden. Peter Gauweiler kam als Millionen-Verdiener regelmäßig in die Schlagzeilen. Peer Steinbrück hatte es in seiner Zeit als SPD-Kanzlerkandidat wegen hoher Vortragshonorare nicht einfach. Neben diesen prominenten Fällen gibt es aber auch immer wieder unbekanntere Abgeordnete, deren Verhalten dem Ansehen des Bundestags nicht unbedingt zum Vorteil gereicht. Über so einen Fall empört sich gerade die Opposition.
Es geht dabei um Stephan Harbarth. Der 43-Jährige ist Obmann der Unionsfraktion im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz - und damit einer der wichtigsten Rechtspolitiker der CDU. Harbarth vertritt nicht nur den Wahlkreis Rhein-Neckar im Bundestag, er arbeitet auch ziemlich erfolgreich als Rechtsanwalt. Seit Mai 2008 ist er Vorstandsmitglied der Kanzlei "SZA Schilling, Zutt & Anschütz". Im Bundestagshandbuch weist Harbarth allein für diese Tätigkeit Jahr für Jahr Nebeneinkünfte der höchsten Kategorie aus. In diese "Stufe 10" fallen Einkünfte von mehr als 250 000 Euro jährlich. Unter den 630 Bundestagsabgeordneten gibt es keine zehn, die mehr verdienen als Harbarth.
Vor allem die Grünen wollten mehr über den Skandal erfahren
Pikant wird die Nebentätigkeit als Anwalt aber deshalb, weil Harbarths Kanzlei von Volkswagen mandatiert wurde, um dem Konzern in der Abgasaffäre zu helfen. Von den VW-Manipulationen sind Millionen deutscher Verbraucher betroffen. Auf der Tagesordnung der jüngsten Sitzung des Rechtsausschusses stand deshalb auch der Punkt: "Bericht der Bundesregierung zu den verbraucherrechtlichen Auswirkungen, den zivilrechtlichen Ansprüchen und den rechtlichen Konsequenzen des aktuellen VW-Skandals."
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Vor allem die Grünen wollten von der Regierung Näheres zu dem Skandal erfahren. Doch daraus wurde nichts, denn gleich zu Beginn der Sitzung beantragte eine Vertreterin der Unionsriege im Ausschuss, deren Chef Harbarth als Obmann ist, den Tagesordnungspunkt abzusetzen. Die Abgeordneten der Koalition nahmen das Thema VW daraufhin von der Tagesordnung - mit der Stimme Harbarths, der sich an dem Votum beteiligte.
Harbarth weist den Vorwurf auf Nachfrage zurück
Für die Opposition ist das ein Unding. "Herr Harbarth ist Vorstand einer Kanzlei, die Volkswagen mandatiert hat", sagt die grüne Rechtspolitikerin Nicole Maisch der Süddeutschen Zeitung. Sie halte es "für ein starkes Stück, dass Harbarth für die Absetzung des Tagesordnungspunktes VW stimmt, ohne den Ausschuss über seinen Interessenskonflikt zu informieren". Der CDU-Abgeordnete "hätte keinesfalls an der Abstimmung teilnehmen dürfen", sagt Maisch.
Harbarth weist den Vorwurf auf Nachfrage zurück. Den Punkt VW habe man abgesetzt, weil es "keine schriftliche Beschlussgrundlage" gegeben habe, sagt der Anwalt. Außerdem sei er in seiner Kanzlei "persönlich nicht mit dem Mandat befasst". Die Grünen finden dieses Argument absurd. Harbarth profitiere als Vorstandsmitglied der Kanzlei indirekt von dem Mandat, sagt Maisch. Es sei jedenfalls "absolut bizarr, dass angesichts von Millionen betroffener Verbraucher der zuständige Bundestagsausschuss immer noch keine Diskussion über VW geführt" habe.
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