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Mittwoch, 2. Mai 2012

Griechenland Unheilvolle Morgendämmerung 01.05.2012 · Die rechtsextreme Partei Chrysi Avgi steht vor dem Einzug ins griechische Parlament. Das Parteiprogramm sieht Schießbefehle gegen Flüchtlinge und Arbeitslager für kriminelle Ausländer vor. Von Michael Martens, Athen

 grosser, lesenswerter Artikel in der FAZ....

 

Arbeitslager für straffällige Ausländer?

Dafür ist das Parteiprogramm inzwischen umso bekannter. Kern ist das Versprechen, alle Ausländer aus dem Land zu jagen, vor allem Muslime. Zunächst sollen die illegal Eingewanderten verhaftet und abgeschoben werden, danach die bereits zu griechischen Staatsbürgern gewordenen Einwanderer der neunziger Jahre, mehrheitlich Albaner. In einem von der Chrysi Avgi regierten Griechenland würden straffällig gewordene Ausländer als Vorstufe zur Ausweisung grundsätzlich in Arbeitslager eingewiesen, wo sie sich das Geld für die Rückreise zu verdienen hätten. Alle unerwünschten Ausländer müssen das Land „auf gute oder schlechte Weise“ verlassen, drohte ein Kandidat der Partei im Wahlkampf.
Wer an die Hetzjagden in der Athener Innenstadt denkt, die Chrysi-Avgi-Mitglieder auf Afrikaner und Südasiaten veranstalten, kann sich vorstellen, was mit der „schlechten Art“ gemeint sein könnte.
Damit neue Unerwünschte gar nicht erst ins Land gelangen, verspricht die Partei außerdem, Griechenlands Landgrenze zur Türkei in Westthrakien, das europäische Haupteinfallstor für Flüchtlinge aus Asien und Afrika, zu verminen und von Sondereinheiten der Armee mit Schießbefehl sichern zu lassen. Das Ottawa-Abkommen von 1997 über das Verbot von Landminen werde man kündigen. Griechische Politiker der alten Elite sollen zudem vor Sondertribunalen des Landesverrats angeklagt und unter Einziehung ihres Vermögens ins Gefängnis gebracht werden.

Das erste Auffanglager ist bereits eröffnet

Als Vorbilder für den Umgang mit politischen Gegnern preist die Chrysi Avgi den Athener Diktator der dreißiger Jahre, Ioannis Metaxas, sowie die Militärjunta, die von 1967 bis 1974 das Land beherrschte. Nikolaos Michaloliakos, der sich als Nationalist bezeichnet, würzt seine Aussagen zwar auch mit dem üblichen Schuss Antisemitismus und Holocaustleugnung, doch ist Judenhass für die Chrysi Avgi nur eine Randbeschäftigung. Ihren großen Auftritt hat die Partei an hohen islamischen Feiertagen, wenn die Muslime Athens sich auf den Straßen der Hauptstadt zum Gebet sammeln. Grölende junge „Aktivisten“ stören dann mit lauter Musik die Andacht und bewerfen die Betenden mit Eiern.
Vom Erfolg der Chrysi Avgi getrieben, haben auch die beiden Regierungsparteien ihre Rhetorik verschärft. Griechenlands Bürgerschutzminister Chrysochoidis von der Panhellenischen Sozialistischen Bewegung (Pasok) lässt als Teil seines Wahlkampfs Razzien in den Ausländervierteln Athens abhalten. Außerdem ordnete er die Errichtung von 30 Auffanglagern für illegale Einwanderer an. Bis 2014 sollen unter anderem aufgegebene Kasernen der griechischen Armee umgerüstet werden, um bis zu 30.000 Unerwünschte darin einzusperren. Ein erstes Musterlager für 1.200 Insassen wurde am vergangenen Sonntag eröffnet. Das Wahlkampfgeschenk brachte der Regierungspartei allerdings den Zorn von Lokalpolitikern ein, denen ihre Wähler im Nacken sitzen. Die begrüßen zwar die Errichtung von Abschiebelagern, aber nicht ausgerechnet in ihrer Region. Beliebter ist die Idee der Rechtsradikalen, die Lager auf verlassenen Mittelmeerinseln zu errichten.

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