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Samstag, 20. Juni 2015

In Deutschland hat sich eine neue Art der Pfand-Mafia entwickelt, wie das Wirtschaftsmagazin „Capital“ aufdeckt. Wer im Einzelhandel Getränke in Einwegflaschen kauft, zahlt 25 Cent Pfand pro Stück. Im Großhandel kommt allerdings noch die Mehrwertsteuer hinzu – hier zahlt man 30 Cent und bekommt diese bei Abgabe auch zurück. So ist es gesetzlich vorgeschrieben. Fünf Cent Differenz pro Flasche, die sich gut organisierte Banden wie beispielsweise in Berlin zunutze machen.

SIE ERSCHLEICHEN SICH BIS ZU 40 MILLIONEN EURO PRO JAHRSo funktioniert das miese
Geschäft der Pfand-Mafia

VergrößernSo funktioniert das miese Geschäft der Pfand-Mafia
Eine Lücke im Pfandsystem wird von Banden eiskalt ausgenutzt – leiden muss letztlich der Steuerzahler
Foto: dpa Picture-Alliance
Sie nutzen eine Lücke im System und kosten den Staat so bis zu 40 Millionen Euro im Jahr!
In Deutschland hat sich eine neue Art der Pfand-Mafia entwickelt, wie das Wirtschaftsmagazin „Capital“ aufdeckt.
Wer im Einzelhandel Getränke in Einwegflaschen kauft, zahlt 25 Cent Pfand pro Stück. Im Großhandel kommt allerdings noch die Mehrwertsteuer hinzu – hier zahlt man 30 Cent und bekommt diese bei Abgabe auch zurück. So ist es gesetzlich vorgeschrieben. Fünf Cent Differenz pro Flasche, die sich gut organisierte Banden wie beispielsweise in Berlin zunutze machen.
Die Masche der Abzocker ist leicht: Sie holen das Leergut von Kiosken, Kneipen und Restaurants ab und zahlen den Betreibern 25 Cent pro Flasche. Da diese aus Preisgründen meist beim Discounter einkaufen, entsteht ihnen kein Verlust und sie sparen sich die Abgabe. Der Großhandel wiederum ist verpflichtet, jede Flasche abzunehmen, ganz egal wo sie gekauft wurde. Der Schaden entsteht dadurch jedoch nicht beim Großhandel, sondern beim Staat, da die Mehrwertsteuer mit diesem verrechnet wird.
„70 bis 80 Prozent aller zurückgenommenen Einwegflaschen stammen mittlerweile aus dem Einzelhandel“, so ein Metro-Mitarbeiter aus Berlin gegenüber „Capital“. An manchen Tagen kommen Lieferungen mit bis zu 5000 Flaschen – und das mehrfach! „Das ist nicht einmal alles“, sagt ein Metro-Mitarbeiter. Das Ganze funktioniere auch bei leeren Mehrwegflaschen.
Der Schaden ist immens und die Tendenz steigend! Denn: Immer mehr Marken setzen verstärkt auf Einwegflaschen, und nicht nur die Pfand-Mafia, sondern auch immer mehr Einzelpersonen nutzen die Lücke im System. Jeder, der einen Großhandelsausweis besitzt – Gewerbetreibende, Selbstständige und Freiberufler –, kann sein Leergut im Großhandel eintauschen und die fünf Cent extra einsacken.
Beim Bundesfinanzministerium sieht man sich für diese Steuerverschwendung nicht verantwortlich: „Der Sachverhalt ist auf das DPG-Pfandsystem und die zugrunde liegenden zivilrechtlichen Vereinbarungen zurückzuführen.“ Die Ursache liege damit nicht im Umsatzsteuerrecht.
Auf Nachfrage bei Verena Böttcher, Geschäftsführerin der Deutschen Pfandsystem GmbH, erklärt sie, dass ihr das Prinzip bisher nicht bekannt gewesen sei. Allerdings räumt sie ein, dass das System so möglich sei und zulasten des Steuerzahlers ginge. Bei Einführung des Systems im Jahr 2003 sei sowohl „die Zeit sehr knapp“ als auch der „politische Druck groß“ gewesen, sodass in den komplexen Strukturen ein enormes Potenzial für Abzocke und Betrug stecke. Das wird deutlich, wenn man bedenkt, dass das System mit Pfandflaschen in Deutschland ein Volumen von 16 bis 18 Milliarden Euro hat.

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