Lehrstück für
Griechenland
IWF plant einen neuen Mechanismus für Schuldenerlass
New York - Der Internationale Währungsfonds,
IWF, arbeitet an einem neuen Verfahren,
um im Krisenfall notleidenden Län^
dem leichter einen Teil ihrer Schulden erlassenzu können. Eine Sprecherin der
Fonds bestätigte am Mittwoch, dass im
April ein entsprechender Arbeitsauftrag
an einen Ausschuss von Experten ergangen
ist. Ausformulierte Vorschläge gebe es
allerdings noch nicht. Die Spezialisten des
Fonds wollen mit dem neuen Verfahren die
Lehren aus dem Fall Griechenland ziehen,
Vorangetrieben wird das Projekt vom Vizedirektor
des Fonds, David Lipton,
Der IWF bildet zusammen mit der Europäischen
Zentralbank und der EU-Kommission
die sogenannte Troika, die zusammen
mit der Regierung in Athen die Staatsfinanzen
Griechenlands sanieren soll. Das
ganze Konzept der Griechenland-Rettung
ist innerhalb des IWF und seiner 188 Mitglieder
heftig umstritten. Noch hat ein
Land im Verhältnis zu seiner Größe so viel
Geld vom IWF bekommen wie Griechenland:
47 Milliarden Dollar. Dabei wäre der
Fonds für das Land eigentlich gar nicht zuständig,
denn Griechenland liegt in der reichen
EU und hat keine Währungskrise im
eigentlichen Sinne, was normalerweise
der Anlass für IWF-Programme ist. Insofern
war die Installation der Troika ein Tabubruch
für den Fonds. Und trotz des v ielen
Geldes ist die schwere Rezession in
dem Land immer noch nicht zu Ende. In
diesem Jahr wird die griechische Wirtschaft
lauft IWF-Schätzung um 4,2 Prozent
schrumpfen (nach 6,2 Prozent im vorigen
Jahr). Erst 2014 rechnet der Fonds wieder
mit Wachstum.
Jetzt überlegen die Fonds-Ökonomen,
was an dem bisher praktizierten Rettungsverfahren
in künftigen Fällen zu verbessern
wäre, Grundlage des Arbeitsauftrags
ist ein Papier vom vergangenen Frühjahr.
Darin bemängeln die Experten, dass Umschuldungen
in der Praxis oft zu klein sind
und zu spät kommen. Es gelinge dann
nicht „die Schulden dauerhaft tragfähig zu
machen und den Zugang zum Kapitalmarkt
herzustellen“ , heißt es in dem Papier,
Um dies zu ändern, müsse der Fonds
nach Wegen suchen, damit er nicht einfach
nur private Gläubiger rettet und dass er die
Kostenlast der Restrukturierung für die Betroffenen
senkt.
Der Chef der Griechenland-Mission des
IWF, Paul Thomsen, hatte im .Tuli eingeräumt,
dass die Experten des Fonds anfangs
von zu optimistische Annahmen ausgegangen
waren. Schuld daran seien vor allem
„die begrenzten administrativen Kapazitäten'*
Griechenlands gewesen. Auch habe
man zu kinge geglaubt, Athen komme
ohne Schuldenschnitt aus. Als man 2011
den Irrtum erkannte habe es nochmals ein
Jahr lang gedauert, bis die privaten Gläubiger
auf Forderungen verzichtet hätten.
Als Konsequenz aus diesen Erkenntnissen
erwägen die IWF-Experten die Einführung
einer befristeten „Stillhaltephase“
bei Umschuldungen. In dieser Phase dürften
die privaten Gläubiger ihre Anleihen
und andere Forderungen nicht verkaufen.
Auf diese Weise gewönne die notleidende
Schuldner-Regierung eine Atempause, in
der sie mit den Gläubigern über einen Verzicht
verhandeln könnte. Zudem sollten
die Regeln verschärft werden, nach denen
auch unwillige Anleihebesitzer dem Verzicht
gezwungen werden können (Collecti.-
ve action clauses).
Sollte es den IWF-Experten tatsächlich
gelingen, ihre Pläne zu verwirklichen,
dann wäre das der späte Triumph für ein
Konzept, das vor gut zehn Jahren erst einmal
gescheitert war: dem international moderierten
Konkurs für souveräne Staaten,
Im September 2001, kurz vor der Staatspleite
Argentiniens, schlug die damalige Vizechefin
des Fonds, die amerikanische
Wirtschaftsprofessorin Anne Krueger, vor,
bedrängten Staaten so etwas wie Gläubigerschutz
für eine bestimmte Zeitspanne
zu gewähren. Das Verfahren mit Namen
„Sovereign Debt Restructuring Mechanism“
, SDRM, wäre einem Konkurs im normalen
Wirtschaftsrecht vergleichbar gewesen.
IWF- Direktor war damals der Deutsche
Horst Köhler. Nachdem es zunächst
so aussah, als stehe die Regierung von USPräsident
George W. Bush hinter dem Vorschlag,
erklärte dessen Finanzminister
John Snow schließlich während der IWFFrühjahrstagung
im April 2003, SDRM sei
„weder nötig, noch machbar“.
Viele Jahre blieb das Thema liegen. Das
neue Konzept des IWF unterscheidet sich
nun in einem zentralen Punkt von Ann
Kruegers Idee: Es wird danach keine neue
Institution geben. Die Vorschriften zur Erleichterung
des Schuldenerlasses sollen dagegen
von vomeherein als Collective action
clauses in die Verträge zwischen Gläubigem
und Schuldnern eingebaut werden.
Im Juni nächsten Jahres soll die Spitze des
Fonds die Pläne bewerten und unter Umständen
dann auch zu einem offiziellen
Vorschlag machen. Ni k o l a u s p i p e r
Süddeutsche Zeitung 28.11.2013
Im Gegensatz zu dem blogeintrag unten ist das ja mal richtig frisch: Only a day late and copy and paste.
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