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Samstag, 23. November 2013

Die Beweise auf Grundlage von Steuer-CDs sind meist zu dürftig für eine Verurteilung. Wer für einen Freispruch kämpft, hat Aussicht auf Erfolg. Ein Münchner Rechtsanwalt spricht von einem „Bluff“ der Behörden. Von JOACHIM JAHN, BERLIN


Unzureichende BeweiseStraffrei trotz Steuer-CD

 ·  Die Beweise auf Grundlage von Steuer-CDs sind meist zu dürftig für eine Verurteilung. Wer für einen Freispruch kämpft, hat Aussicht auf Erfolg. Ein Münchner Rechtsanwalt spricht von einem „Bluff“ der Behörden.
© DPAVergrößernSteuerdaten-CDs liefern oft nur unzureichende Beweise für eine Verurteilung
Das Material auf den CDs mit gestohlenen Bankdaten, die deutsche Steuerfahnder im Ausland gekauft haben, reicht oft nicht zu einer Verurteilung wegen Steuerhinterziehung. Die meisten Beschuldigten wagen es aber nicht, in einer öffentlichen Hauptverhandlung für einen Freispruch zu kämpfen. Wenn doch, sind ihre Erfolgsaussichten gut: Das Amtsgericht Nürnberg hat ein Ehepaar freigesprochen, das auf einem Datenträger der Liechtensteiner LGT-Bank verzeichnet war. Über diese Angaben war einst Deutsche-Post-Chef Klaus Zumwinkel gestürzt.
Der Münchner Rechtsanwalt Franz Bielefeld, der in diesem Prozess den Ehemann vertreten hat, hält den Fall für typisch. „Für sich genommen, sind die Daten in vielen Fällen strafrechtlich nichts wert“, sagte er dieser Zeitung. Viele Steuersünder nähmen trotzdem lieber eine Bestrafung etwa durch einen nichtöffentlichen Strafbefehl hin - oder erstatteten sogar von sich aus eine Selbstanzeige.

Vermutungen reichen nicht für Verurteilung

Die Eheleute hatten knapp eine Million Euro von einem Nummernkonto an eine eigene Stiftung überwiesen. Nachdem der frühere Bankmitarbeiter Heinrich Kieber die CD an den Bundesnachrichtendienst verkauft hatte, durchsuchten Finanzbeamte die Wohnung des Ehepaares, fanden aber keine weiteren Unterlagen. Weil das Paar zudem die Aussage verweigerte, schätzte das Finanzamt die Erträge, wobei es mutmaßliche Kosten sowie einen „Sicherheitsabschlag“ abzog. Die Staatsanwaltschaft erhob Anklage.
Doch das Gericht sprach beide frei, weil sich eine Straftat „nicht mit der notwendigen Sicherheit“ feststellen lasse. Aus dem angekauften Material lasse sich „allenfalls ein bestimmter Kontostand zu einem bestimmten Zeitpunkt und die Berechtigung der Angeklagten hieran“ entnehmen. Über den weiteren Verlauf der Geldanlage sei hingegen genauso wenig bekannt wie über die Anlagedauer. Es spreche zwar manches dafür, dass das Kapital zinsträchtig angelegt worden sei. Aber letztlich handele es sich nur um eine - wenngleich „naheliegende und insgesamt recht wahrscheinliche - Vermutung“. Das Urteil ist rechtskräftig (Az.: 46 Ds 513 Js 1382/11).

Zu Unrecht im Visier der Steuerfahnder

Rechtsanwalt Bielefeld hat aus anderen Verfahren auch Einblick in das Material, das Fahnder über die Liechtensteinische Landesbank und die Credit Suisse besitzen. Oft seien dort nur die Endstände von Wertpapierdepots verzeichnet. Mitunter handele es sich bloß um fehlerträchtige Tabellen, die die Datendiebe durch Abschreiben von Hand erstellt hätten. „Zum großen Teil ist die Drohung der Behörden mit den CDs ein Bluff“, sagt der Steueranwalt. Viele Strafverfahren seien „friedlich eingeschlafen“ oder gegen eine Geldzahlung eingestellt worden, weil die Beweislage nicht ausreichte.
Hinzu kommt, dass die meisten Hinterzieher längst gewarnt sind und keine belastenden Unterlagen mehr aufbewahren. Doch selbst wenn Steuerfahnder zur Durchsuchung anrücken, machen sie nach Erfahrung des Anwalts den Betroffenen oft ein „Friedensangebot“: Obwohl es dann eigentlich zu spät für eine strafbefreiende Selbstanzeige sei, kämen die Betroffenen mit einer Einstellung des Verfahrens davon. In Bochum oder München werde dies reihenweise so praktiziert, berichtet Bielefeld. Zur Nachzahlung, den Hinterziehungszinsen und dem Aufschlag für Beträge von mehr als 50.000 Euro komme dann nur eine „Geldauflage“ hinzu.
Irrtümer unterlaufen den Fahndern aber auch. Ein Betroffener berichtete dieser Zeitung kürzlich, wie er unter der Dusche von einer Hausdurchsuchung überrascht wurde. Die Beamten hatten seinen Namen auf einer der gekauften CDs entdeckt, ihn aber mit einem Namensvetter verwechselt. Acht Monate dauerte es, bis sein Anwalt den Behörden nachweisen konnte, dass er nicht der Inhaber des verdächtigen Kontos in der Schweiz war.

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