Wegen der steigenden Bedeutung des E-Commerce überwacht eine dem Bundesfinanzministerium unterstellte Behörde die dortige unternehmerische Tätigkeit in Deutschland schon seit dem Jahr 2003. Das Bundeszentralamt für Steuern in Bonn setzt dabei auf die Software „Xpider“. Dabei handelt es sich um einen sogenannten Webcrawler, das sind Suchprogramme, die selbständig im Internet Informationen sammeln und auswerten. NebeneinkünfteLangzeitarbeitslose sollen im Netz ausgespäht werden
14.11.2013 · Die Bundesagentur für Arbeit will die Aktivitäten von Hartz-IV-Empfängern im Internet überwachen. Auf diese Weise sollen Nebeneinkünfte als Online-Händler aufgedeckt werden.
Von SVEN ASTHEIMER
Im Kampf gegen Leistungsmissbrauch will die Bundesagentur für Arbeit das Milliardengeschäft mit dem Internethandel genau unter die Lupe nehmen. Mit Hilfe von Daten der Steuerbehörden sollen Empfänger von Hartz-IV-Leistungen ausfindig gemacht werden, die nennenswerte Nebeneinkünfte auf Internetmarktplätzen wie Ebay nicht angeben. Die Arbeitsagentur hat deshalb dem Bundesarbeitsministerium und den Bundesländern empfohlen, eine gesetzliche Grundlage für den automatischen Datenabgleich zwischen den Behörden zu schaffen. Ein solcher Austausch ist etwa mit anderen Sozialversicherungsträgern schon üblich.
Es gehe nicht darum, Hartz-IV-Empfänger unter Generalverdacht zu stellen, sagte eine Sprecherin der Arbeitsagentur. „Es geht um eine konsequente Bekämpfung von Leistungsmissbrauch, um die Interessen der Solidargemeinschaft der Steuerzahler zu schützen.“ Durch anonyme Anzeigen wisse man, dass die Zahl solcher Vorfälle zunehme. Die Agentur geht davon aus, durch die Daten Rückforderungen in Höhe von 10 Millionen Euro stellen zu können.
Der Online-Handel in Deutschland wächst rasant. Der Handelsverband HDE gibt an, dass der Branchenumsatz 2013 gegenüber dem Vorjahr um 12 Prozent auf mehr als 33 Milliarden Euro gewachsen ist. Zu Beginn des Jahrhunderts waren es gerade mal 2,5 Milliarden gewesen. Wegen der steigenden Bedeutung des E-Commerce überwacht eine dem Bundesfinanzministerium unterstellte Behörde die dortige unternehmerische Tätigkeit in Deutschland schon seit dem Jahr 2003. Das Bundeszentralamt für Steuern in Bonn setzt dabei auf die Software „Xpider“. Dabei handelt es sich um einen sogenannten Webcrawler, das sind Suchprogramme, die selbständig im Internet Informationen sammeln und auswerten. Allerdings gab es an der Qualität der Ergebnisse auch Kritik, unter anderem vom Bundesrechnungshof.
Das Bekanntwerden der Pläne durch einen Bericht der „Bild“-Zeitung am Donnerstag hat viele der Beteiligten überrascht. Ein Ebay-Sprecher sagte auf Anfrage, man wolle sich dazu zunächst nicht äußern. Auch im Bundesarbeitsministerium bestätigte man lediglich, dass sich Fachleute von Bund und Ländern mit dem Vorschlag auseinandersetzen. Für eine Kommentierung sei es laut einer Ministeriumssprecherin zu früh, zumal einzelne Details noch geklärt werden müssten. Vertreter der Grünen, der Linkspartei und des Erwerbslosenforums reagierten empört auf den Vorschlag und zogen Parallelen zur NSA-Affäre.
Die schärfere Kontrolle der Nebeneinkünfte im Internet ist nur einer von 124 Vorschlägen zur Verbesserung des Hartz-IV-Systems. Eine Kommission aus Vertretern von Bund, Ländern, Arbeitsverwaltung und Kommunen hat diesen Katalog bis zum Herbst zusammengestellt, um das komplexe Sozialhilfesystem rechtlich zu vereinfachen. Dazu gehört unter anderem auch, dass die Leistungsempfänger künftig nur noch alle zwölf und nicht wie bislang alle sechs Monate einen neuen Antrag stellen müssen, dass Sanktionen von sechs auf drei Monate verkürzt werden und dass die verschärften Strafen gegen Jugendliche aufgehoben werden sollen. Dem Vernehmen nach soll die Prüfung der Vorschläge bis zum kommenden Februar abgeschlossen sein. Über strittige Punkte wird dann politisch nachverhandelt werden.
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