Nach Begnadigung durch PutinGenscher empfängt Chodorkowskij in Berlin
20.12.2013 · Der von Russlands Präsident Putin begnadigte Kreml-Kritiker Michail Chodorkowskij ist in Berlin gelandet. Dort wurde er vom früheren Außenminister Hans-Dietrich Genscher begrüßt, der Chodorkowskijs Freilassung nach eigenen Aussagen aktiv unterstützt hat.
Der vom russischen Präsidenten begnadigte Kreml-Kritiker Michail Chodorkowskij ist am Freitag in Berlin eingetroffen. Wie eine Sprecherin des Auswärtigen Amts bestätigte, traf der 50 Jahre alte frühere Ölunternehmer am Nachmittag aus Russland kommend am Flughafen Schönefeld ein. Im Auswärtigen Amt hieß es, die deutsche Botschaft in Moskau sei an den Vorbereitungen der Ausreise beteiligt gewesen. Zudem sei ein Mitarbeiter des Amtes bei der Erledigung der Formalitäten behilflich gewesen.
In Berlin hieß es zudem, am Donnerstag habe Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) in der Angelegenheit mit seinem Vorgänger Hans-Dietrich Genscher telefoniert. Offenbar stand der FDP-Politiker in Kontakt mit Kreisen in Russland, die an der Freilassung arbeiteten. Genscher empfing Chodorkowskij am Flughafen.
Bisher Gnadengesuch stets abgelehnt
Putin hatte am Donnerstag überraschend von einem Gnadengesuch Chodorkowskijs gesprochen; dessen Mutter sei schwer krank. Schon am Freitagmorgen hatte Putin Chodorkowskij dann „aus humanitären Gründen“ per Dekret begnadigt. Kurz danach verließ dieser das Straflager Segescha nahe der Grenze zu Finnland. Bislang hatte Chodorkowskij ein Gnadengesuch stets abgelehnt, weil er ein implizites Schuldeingeständnis vermeiden wollte.
Die russische Zeitung „Kommersant“ berichtete, Geheimdienstmitarbeiter hätten ihm kürzlich eröffnet, dass sich der Gesundheitszustand seiner Mutter verschlechtert habe und ihm ein dritter Prozess drohe. Danach habe sich Chodorkowskij an Putin gewandt. Die Reise nach Berlin war zunächst von russischer Seite damit in Verbindung gebracht worden, dass die Mutter Chodorkowskijs dort behandelt werde, was Marina Chodorkowskaja indes dementierte. Laut unbestätigten russischen Medienberichten wollen die Eltern Chodorkowskijs an diesem Wochenende nach Berlin reisen.
Steinmeier: Entlassung „gutes Zeichen“
Dass Chodorkowskij nun freikam, gilt als Zugeständnis des Kremls an den Westen vor den Olympischen Winterspielen, die am 7. Februar kommenden Jahres in Sotschi am Schwarzen Meer eröffnet werden. „Der zeitliche Zusammenhang ist offenbar“, sagte Steinmeier, der die Freilassung, wie auch das französische Außenministerium, als „gutes Zeichen“ bezeichnete. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte, sie freue sich dass Chodorkowskij frei komme.
Der russische Oppositionspolitiker Aleksej Nawalnyj äußerte, Chodorkowskij habe sich während seiner zehnjährigen Haft eine „erstaunliche Würde“ bewahrt.
Genscher: Habe Gnadengesuch unterstützt
Chodorkowskij wird nach Angaben von Ex-Außenminister Hans-Dietrich Genscher am Samstag in Berlin seine Familie treffen. „Vor allem freut er sich darauf, dass er seine Familie in wenigen Stunden wie erhofft in seine Arme schließen kann“, sagte Genscher am Freitag in einem Interview der ARD-„Tagesthemen“. Dem Regierungskritiker gehe es nach zehn Jahren Haft den Umständen entsprechend gut. Welche Pläne Chodorkowski habe und ob er in Deutschland bleiben wolle, wisse er nicht, sagte Genscher. Chodorkowski wolle sich jetzt nach zehn Jahren Haft ein paar Tage Ruhe gönnen und werde sich sicher dann äußern. „Ich glaube, dass er jetzt erst mal durchatmen wird“, sagte der frühere Außen- und Innenminister.
Genscher sagte, er sei sehr dankbar über den Gnadenakt des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Dies sei ein ermutigendes Signal „auch für andere, die auf einen solchen Akt noch hoffen“.
Der FDP-Ehrenvorsitzende sagte, er habe die Anwälte von Chodorkowski auf deren Bitte hin bei den Bemühungen um eine Freilassung unterstützt. Er selbst kenne den 50-Jährigen seit mehr als zehn Jahren. Zwei Mal sei er in dieser Angelegenheit von Putin empfangen worden. In einem Brief habe er das Gnadengesuch Chodorkowskis an Putin weitergeleitet.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen