MS DeutschlandDem Traumschiff schlägt rauher Wind entgegen
27.12.2013 · Die Ratingagentur Scope entzieht der MS Deutschland ihre Bewertungen. Die Betreibergesellschaft widerspricht vehement - doch der Luxusdampfer hat wirklich Probleme.
Von HOLGER PAUL
Im Fernsehen darf das ZDF-Traumschiff dieser Tage durch die sonnigen Gewässer vor Malaysia und Australien schippern, aber in der Realität schlägt dem Luxusdampfer MS Deutschland wieder einmal ein rauher Wind entgegen. Kurz vor Weihnachten verkündete die Ratingagentur Scope überraschend, dass sie ihre Bewertungen sowohl für das Schiff als auch für den Betreiber MS Deutschland Beteiligungsgesellschaft GmbH zurückgezogen habe. Als Grund nannte Scope, ein ausreichender Informationsstand könne „nicht länger sichergestellt werden“.
Den Urlaubern auf dem Traumschiff mag das egal sein, die Besitzer der MS-Deutschland-Anleihe dagegen dürften irritiert sein. Denn die Noten, die Scope für Schiff (BBB-) und Betreibergesellschaft (CCC+) bisher erteilt hat, waren schon schlecht genug. Die gänzliche Streichung des Ratings könnte nun den Eindruck hervorrufen, das Traumschiff befinde sich in einer schweren Schieflage.
Einige Marktkenner vermuten einen anderen Grund
Dem allerdings widersprechen die Betreiber vehement. Zwar ist es in der Branche kein Geheimnis, dass der in die Jahre gekommene Luxusdampfer mit einer zu geringen Passagierzahl kämpft. Aber zum einen sei die Anleihe über 50 Millionen Euro, mit einem Kupon von 6,875 Prozent begeben, durch eine erstrangige Schiffshypothek besichert; die Zinszahlungen für 2013 seien am 18. Dezember auch erfolgt. Möglich wurde dies allerdings erst dadurch, dass der Eigentümer des Unternehmens, der Münchner Finanzinvestor Aurelius, das Kapital mit 10 Millionen Euro gestärkt hat.
Aus eigner Kraft soll das Traumschiff die Anleihezinsen „spätestens ab dem Jahr 2015 vollständig bedienen können“, heißt es dazu. Zum anderen bestätige ein aktuelles Gutachten, dass der Verkehrswert der MS Deutschland unverändert 100 Millionen Dollar betrage. Branchenbeobachter vermuten jedoch, dass Scope dieser Zahl nicht mehr traut und ein Sondergutachten angefordert hat – was die Traumschiffeigner viel Geld kosten würde. Andere Marktkenner vermuten, die Ratingagentur versuche, sich aus dem zunehmend zweifelhaften Geschäft mit Mittelstandsanleihen zu verabschieden.
Der wirtschaftliche Erfolg blieb aus
Man werde nun erst einmal das Gespräch mit der Ratingagentur fortsetzen, sagte ein Sprecher des Traumschiff-Betreibers. Bei Scope war am Freitag niemand zu erreichen. Offensichtlich ist aber, dass Aurelius mit der Übernahme der Reederei Deilmann im Herbst 2010, deren vermeintliches Juwel die MS Deutschland war, nie glücklich geworden ist. Zwar sorgte der Luxusdampfer auch außerhalb der ZDF-Sendungen immer wieder für Schlagzeilen, etwa durch die deutsche Hockey-Nationalmannschaft, die auf ihrer Feier nach den Olympischen Sommerspielen 2012 dort einigen Schaden anrichtete.
Der wirtschaftliche Erfolg blieb aber aus; zum Teil wegen unplanbarer Ereignisse wie den Unruhen im Nahen Osten, zum Teil aber auch aufgrund falscher Erwartungen. So hatte Aurelius geplant, das Schiff nicht mehr unter deutscher Flagge fahren zu lassen, was dem Vernehmen nach eine Einsparung von 2,5 Millionen Euro im Jahr gebracht hätte. Dies scheiterte aber am Widerstand der Boulevardpresse und der Politik.
Das Schiff gilt als veraltet
In erster Linie gilt das 1998 gebaute und 175 Meter lange Schiff in der Branche jedoch als veraltet, was sich im harten Wettkampf mit vielen neu gebauten Luxuslinern bemerkbar macht. Weil das Schiff nur bis zu 480 Passagiere beherbergen kann, muss es besondere Annehmlichkeiten bieten, um entsprechend hohe Preise verlangen zu können. Auch deshalb wurden zuletzt 55 französische Balkone auf den beiden Luxusdecks eingebaut, betont die Betreibergesellschaft.
Der Buchungseingang für 2014 liege deutlich über dem Vorjahr, heißt es. In diesem Jahr wird die MS Deutschland aber wohl nur zwischen 43 und 45 Millionen Euro an Umsatz einfahren – und damit nochmals weniger als im Vorjahr (48,7 Millionen Euro), als die Erlöse ebenfalls schon rückläufig waren.
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