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Mittwoch, 1. Januar 2014

Allein in Frankfurt treiben 17.286 Anwälte ihr Unwesen, in München waren es über 19.300. Wo lungerten die Kollegen nur überall herum?

 

Finanzplanung für die Selbstständigkeit (1)Auf der Suche nach dem besten Kanzleistandort

 ·  Wer eine eigene Kanzlei gründen will, muss sich den Standort gut überlegen: Wo kommen die gewünschten Mandanten her? Und wo wollen sie sich (nicht) beraten lassen?
© ILLUSTRATION: KIRCHER & BURKHARDTVergrößernSteckbrief Mechthild Schick
Die Entscheidung, eine eigene Kanzlei zu gründen, hat sich Mechthild Schick nicht leichtgemacht: So eine renommierte mittelständische Kanzlei hat schon ihre Vorteile. Viele Entscheidungen wurden ihr einfach abgenommen; jetzt beim Schritt in die Selbständigkeit muss sie viele Weichen selbst stellen. Selbstverständlich hat ihr ehemaliger Arbeitgeber Büros in exklusiver Lage angemietet, in der Nähe der Frankfurter Goethestraße.
Das hat Charme: Wer für ein Sakko 3.000 Euro bezahlt, zuckt bei einem Stundensatz von 500 Euro nicht mehr ganz so heftig zusammen. Qualität hat eben ihren Preis. Und wie hoch ist der Wert exzellenter Rechtsberatung? Unschätzbar. Nun muss sich Mechthild Schick selbst überlegen, wo sie ihre Zelte aufschlagen möchte - und wo sie es sich leisten kann. „Es ist wohl nicht gerade gutes Timing, in einer Immobilienblase nach Büros zu suchen“, dachte die aufstrebende Rechtsanwältin, als sie die Immobilienanzeigen in der F.A.Z. studierte. Ab wann ist die Schmerzgrenze erreicht?

Wo lungerten die Kollegen nur überall herum?

Immerhin macht ihr dabei nicht die Rechtsanwaltskammer einen Strich durch die Rechnung. Anders als Ärzte können Advokaten immer noch selbst entscheiden, wo sie sich niederlassen. Es sollte allerdings auch ins Geschäftskonzept passen - oder umgekehrt das Geschäftskonzept zum Kanzleisitz. Gedankenverloren blätterte Mechthild Schick im „Statistischen Jahrbuch der Anwaltschaft“ in seiner letzten verfügbaren Fassung 2011/2012. Unfassbar, mit welcher Akribie dieses Soldan Institut für Anwaltsmanagement die Zahlen zusammenträgt, dachte sie noch, bevor sie erstarrte.
Die Zahlen waren in der Tat erschreckend: 1995 waren es noch rosige Zeiten für Rechtsberater. Damals kamen 1.098 Bürger auf jeden Rechtsanwalt. 2011 hatte sich diese Zahl schon halbiert - und damit auch der potentielle Kundenstamm. In Großstädten ist es naturgemäß besonders schlimm: Hamburg, Berlin, München, Frankfurt, hier ist die Anwaltsdichte fast schon unanständig. Allein in Frankfurt treiben 17.286 Anwälte ihr Unwesen, in München waren es über 19.300. Wo lungerten die Kollegen nur überall herum?

Innenstadt oder Randbezirk

„Immerhin sind hier die meisten Rechtsanwälte für Großkanzleien tätig“, versuchte sich Mechthild Schick zu beruhigen. Und das sollte ja gerade nicht mehr ihr Konzept sein. Ihr schwebte eine kleine, aber feine Strafrechtsboutique vor - für Kriminelle in gehobener Position. Doch dafür könnte sie unmöglich in die günstigeren Randbezirke ausweichen, womöglich noch nach Höchst oder Rödelheim. Bei aller Liebe für diese komplett unterschätzten Kieze, aber dort macht sich eher eine Arbeitsrechtskanzlei gut, auch mit Familien- oder Mietrecht kann man dort sicherlich gut punkten.
Für ihre Klientel muss es schon ein Büro an der Alten Oper sein, am besten in der Nähe der Zwillingstürme der Deutschen Bank. Von dort hätte sie auch einen guten Blick, sollten bei der nächsten Razzia mal wieder die Hubschrauber der Polizei kreisen. Das wäre Mandantenakquise genau nach Schicks Geschmack. Sie seufzte. Würde nur nicht eine ganze Armada von Anwälten die ersten drei Führungsebenen praktisch rund um die Uhr umkreisen. Sie könnte die Jungs rauspauken. Na ja, vielleicht in einem anderen Leben.

Dann kommt die Mandantschaft von alleine

„Oder ich ziehe ganz nach draußen“, überlegte Mechthild Schick. Dort, wo die Kriminellen auch wohnen, im schönen Taunus mit Blick auf die Bankenstadt, wo die Anwaltsdichte noch erträglich und die Mieten (ein wenig) erschwinglicher sind. Doch das Geschäftsmodell schien ihr entschieden zu riskant. Dort konnte man sich guten Gewissens nur als Steuerberaterin oder Scheidungsanwältin niederlassen. Sobald man dort in den richtigen Zirkeln verkehrt, kommt die Mandantschaft von alleine, das hat auch nichts Anrüchiges.
Steuern muss schließlich (inzwischen) jeder bezahlen, und Scheidungen lassen sich heutzutage auch kaum mehr vermeiden. Aber Wirtschaftsbetrüger offenbaren sich doch nicht den Mitsängern ihres Kirchenchors. Im Gegenteil: Dort wird die Fassade noch hochgehalten, wenn selbst das Fundament schon bröckelt. Wirtschaftsverbrechen werden schließlich immer noch in den Unternehmen selbst begangen, und dann muss man schnell vor Ort sein, wenn die Hütte brennt. Also doch zwischen den Bürotürmen, entschied Schick schließlich nach reiflicher Überlegung. Dort ist die Welt noch heil - jedenfalls die der Anwälte.
Selbständigkeit
In diesem und den in loser Reihenfolge noch folgenden Beiträgen macht sich die Rechtsanwältin Mechthild Schick selbständig. Wir setzen damit die Serie „Finanzplanung für jedermann“ fort, die wir vor geraumer Zeit veröffentlicht hatten. Doch eine Existenzgründung will wohl überlegt sein, wenn man eine gute Anstellung hat. Es geht nicht nur um Fragen, wie ihre Zulassung als selbständige Anwältin, sondern ebenfalls um Themen wie ihren eigenen Internetauftritt und die Aktivität in sozialen Medien. Auch der Frage, was sie bei der Auswahl geeigneter Büroräume in einer Stadt wie Frankfurt beachten sollte, wird in dieser Serie nachgegangen.

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