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Mittwoch, 30. April 2014

Man wird doch wohl noch feiern dürfen

POLITIK
(Foto: dpa)

Geschrei um Schröder und PutinMan wird doch wohl noch feiern dürfen

Ein Kommentar von Hubertus Volmer
Ist Ex-Kanzler Schröder moralisch korrumpiert, weil er sich von Russlands Präsident Putin umarmen lässt? Nein: Die Empörung kommt um Jahre zu spät.
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Das Geschrei ist groß: Nicht nur hat Altkanzler Gerhard Schröder seinen Geburtstag in St. Petersburg gefeiert, er hat es auch noch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin getan. Und ihn zur Begrüßung sogar umarmt! Und das ausgerechnet in der schwersten Krise, die es seit dem Ende des Kalten Kriegs zwischen Russland und dem Rest Europas gegeben hat! Ein Skandal? Nein.
Die Feier zu Schröders 70. Geburtstag wurde organisiert von der Nord Stream AG. Schröder ist bekanntlich Vorsitzender des Aktionärsausschusses dieses Unternehmens, das die Gaspipeline durch die Ostsee von Russland nach Deutschland betreibt - und deren Mehrheitsgesellschafter der russische Staatskonzern Gazprom ist. Mit anderen Worten: Schröder steht auf Putins Gehaltsliste.
Richtig ist: Es ist mehr als unappetitlich, dass sich ein ehemaliger Bundeskanzler kurz nach seiner Amtszeit in den Dienst eines Unternehmens gestellt hat, dessen Arbeit er als Regierungschef gefördert hatte. Auch richtig: Schröders Sicht auf Putin ist von geradezu spektakulärer Kritiklosigkeit. Beides sind übrigens Gründe, die ihn als Vermittler im Ukraine-Konflikt disqualifizieren. Wenn es um Russland geht, ist Schröder parteiisch und nicht ehrlicher Makler. Aber Vermittler will er auch gar nicht sein.
All das ist lange bekannt. Die aktuelle Aufregung um die öffentliche Umarmung ist daher völlig deplatziert. Wer dummes Zeug von sich gibt, leitet das oft mit dem Satz "Man wird doch noch sagen dürfen" ein. Hier ist die Floskel ausnahmsweise angebracht: Ein Mann wie Schröder wird doch wohl noch Geburtstag feiern dürfen - sogar in St. Petersburg.
Und noch etwas: Was sagen all die Politiker von CDU und CSU, die jetzt Kritik an Schröder anmelden, dazu, dass Philipp Mißfelder ebenfalls auf der Party war? Mißfelder ist immerhin außenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion. Und was hat der deutsche Botschafter bei dem Empfang gemacht? Vermutlich waren die beiden da, um Gesprächskanäle offen zu halten. Was ja auch richtig ist.
Zurück zu Schröder. Sein Einstieg bei Nord Stream war zweifellos ein Schritt, den sensiblere Naturen unterlassen hätten. Doch diese Debatte ist längst abgehakt. Aktuell gilt: Kritik an Putin, auch scharfe, ist gut und richtig. Aber Schröder wird doch wohl noch Geburtstag feiern dürfen.
Quelle: n-tv.de

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