Abrechnung (Clearing)
Unter Abrechnung (Clearing) im Wertpapiergeschäft ist der Prozess
zwischen Handel und Abwicklung (Settlement) zu verstehen, bei dem
es um den Abgleich von Positionen zwischen den verschiedenen Parteien
geht, bevor die endgültigen Lieferverbindlichkeiten festgestellt
sind. Die Clearing-Stelle (Clearinghouse) verrechnet Finanzmarkttransaktionen
und stellt verschiedene Dienstleistungen im Bereich von Abrechnung
und Steuerung von Risiken, die mit solchen Kontrakten verbunden
sind, zur Verfügung.
Die Clearing-Stelle kann als zentraler Kontrahent (Central Counterparty,
CCP) auftreten und für beide an einer Finanzmarkttransaktion beteiligten
Seiten als Vertragspartner zur Verfügung stehen. Auf diese Weise
wird die Clearing-Stelle Käufer für jeden Verkäufer und Verkäufer für
jeden Käufer und tritt an die Stelle der ursprünglichen bilateralen vertraglichen
Verpflichtungen. Dieses Verfahren wird im allgemeinen mit
dem englischen Begriff der „Novation“ bezeichnet. Das sog. Netting
verringert die endgültige Anzahl und den Wert der Transaktionen, die
abgewickelt werden müssen, und stellt damit ein wichtiges Instrument
zur Kostenreduzierung dar. So hat z.B. der zentrale Kontrahent für USAktien
– die National Securities Clearing Corporation (NSCC) – im Jahr
2000 die Anzahl der abzuwickelnden Transaktionen um 97% reduziert
Abwicklung (Settlement)
Unter Settlement ist die Eigentumsübertragung durch Tausch eines
Wertpapiers gegen Geld oder andere Vermögenstitel zu verstehen. Je
nach System gibt es verschiedene Zahlungsmodalitäten. Zu den häufigsten
Zahlungsvarianten zählen die Lieferung gegen Zahlung (Delivery
versus Payment, DVP), d.h. der gleichzeitige Austausch von Geld
und Wertpapieren, und die Lieferung frei von Zahlung (Delivery Free of
Payment, FOP), d.h. die Lieferung von Wertpapieren ohne Zahlung.
Die Abwicklung erfolgt normalerweise durch einen sog. Central Securities
Depository (CSD).
Bei der Abwicklung ist es von entscheidender Bedeutung, die Kapitalbindungsdauer
so kurz wie möglich zu halten. Idealerweise sollte die
finale Eigentumsübertragung zeitgleich mit der Zahlungsüberweisung
erfolgen. In einigen Fällen erfolgen die Abrechnung und die Wertpapierabwicklung
direkt durch das Settlement-System, während der dazugehörige
Zahlungsfluss üblicherweise durch die Banken bzw. das Zahlungssystem
erfolgt.
Verwahrung (Custody)
Die Wertpapier-Verwahrung umfasst die sichere Aufbewahrung von
Vermögenswerten und die Verwaltung dieser Wertpapiere im Namen
von Intermediären und Investoren. Während die meisten CSDs lediglich
die Verwahrung von Wertpapieren anbieten, wird deren Verwaltung
primär von gesonderten Verwahrungsstellen (Custodians) vorgenommen.
Diese Dienstleistungen umfassen u.a. Kapitalmaßnahmen, Dienstleistungen
im steuerlichen Bereich, die Ausübung von Stimmrechten
und den Einzug von Kapitalerträgen.
Während die von einem CSD angebotenen Tätigkeiten für inländische
Investoren ausreichend sind, benötigen ausländische Anleger darüber
hinaus gehende Dienstleistungen. Diese Funktionen werden von Verwahrungsstellen
ausgeübt. Sie betreuen Anleger, die an mehreren
Märkten investieren und nicht in der Lage sind bzw. nicht die Absicht
haben, ausreichende Kompetenz zu entwickeln, um die mit dem Halten
von Wertpapieren in verschiedenen Rechtssystemen verbundenen
Rechte auszuüben und die entsprechenden Pflichten zu erfüllen.
Lokale Verwahrungsstellen (Local Custodians) oder Händler (Local
Agents) stellen ihre Expertise zur Verfügung, d.h. sie kennen die Risiken,
die Rechtsbestimmungen, die Technologie und die Marktusancen
eines bestimmten Landes und verfügen über Kontakte zu den nationalen
CSDs. Damit fungieren die Verwahrungsstellen als Schnittstelle
zwischen ausländischen Investoren und den nationalen CSDs. Dabei
kann es sich entweder um eine große inländische Bank oder die Zweigstelle
oder Tochtergesellschaft einer internationalen Verwahrungsstelle
(Global Custodian) handeln.
Wenn ein Anleger die Absicht hat, an mehreren Märkten zu investieren,
ist es für ihn effizienter, sich an eine internationale Verwahrungsstelle
zu wenden als an jedem einzelnen Markt Beziehungen zu lokalen
Verwahrungsstellen aufzubauen. Die internationale Verwahrungsstelle
fungiert dann als Schnittstelle an allen Märkten, an denen der
Anleger investieren möchte – entweder durch eigene Zweigstellen vor
Ort oder durch die Inanspruchnahme lokaler Verwahrungsstellen. Da
das Volumen der EU-Finanzmärkte zunimmt und ihre Integration voranschreitet,
wird dies bei den internationalen Verwahrungsstellen zu
der Einsicht führen, dass es vorteilhafter ist, sich selbst an diesen wachsenden
Märkten zu etablieren als die Dienstleistungen einer nationa-
len Verwahrungsstelle zu nutzen. Die Zahl der lokalen Verwahrungsstellen
dürfte daher langfristig abnehmen bzw. im Zuge von Übernahmen
durch internationale Mitbewerber reduziert werden.
Risiken und Risikosteuerung bei der Wertpapierabwicklung
Wie andere Akteure an den Finanzmärkten sind auch die Betreiber von
Abwicklungssystemen mit Risiken konfrontiert. Neben dem reinen
Betriebsrisiko (Zusammenbruch der Abwicklungssysteme) sind das
Liquiditätsrisiko (Risiken in Zusammenhang mit Verspätungen in der
Abwicklungskette), das Risiko von Ansteckungseffekten (das Nichtzustandekommen
einer Transaktion kann das Fehlschlagen anderer Transaktionen
zur Folge haben) sowie das rechtliche Risiko (z.B. Unsicherheiten
in Bezug auf die Unwiderruflichkeit einer Transaktion) von Bedeutung.
Während einige dieser Risiken für alle Finanzmarktakteure
gelten, betreffen andere insbesondere das Settlement. Das Risiko ist
ebenfalls von den spezifischen Aktivitäten der nationalen CSDs (Verwahrung,
Vermögensdienstleistungen etc.) abhängig. Die meisten dieser
Risiken verstärken sich im grenzüberschreitenden Geschäft.
Um die Risiken bei der Abwicklung von Wertpapiergeschäften zu begrenzen,
sollte die Bearbeitung von Handelstransaktionen automatisiert
sein und rasch erfolgen. Der Rechtsrahmen sollte durch Klarheit
und Transparenz gekennzeichnet sein. Diese Voraussetzungen sind auf
nationaler Ebene leichter zu erfüllen. Bei grenzüberschreitenden Transaktionen
erhöhen sich die Risiken. Die C&S-Branche versucht, die Automatisierung
voranzutreiben und den für die Bearbeitung einer Transaktion
benötigten Zeitaufwand zu verringern, z.B. durch die Einführung
des sog. „Straight-Through Processing” (STP). Hierbei werden Wertpapiertransaktionen
durchgängig automatisch und ohne weitere Eingriffe
verarbeitet, sobald der Handel abgeschlossen ist.
Ein Weg, STP zu erreichen, ist die Integration von Handel, Clearing und
Settlement in einem Prozess. Diese so genannten vertikalen Silos erleichtern
das STP, da eine einzige Schnittstelle zur Verfügung gestellt
wird. Aufgrund der zunehmenden Standardisierung und der Reduktion
der Übermittlungskosten erfordert STP jedoch nicht notwendigerweise
ein vollständig integriertes System. Außerdem können Silos wettbewerbseinschränkend
sein, da sich die Kostentransparenz der verschiedenen
Stufen der Transaktion möglicherweise verringert.
http://www.dbresearch.de/PROD/DBR_INTERNET_DE-PROD/PROD0000000000051737.pdf
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