Gesamtzahl der Seitenaufrufe

Mittwoch, 31. Dezember 2014

Griechenlands Neuwahlen beeinflusst auch die Entscheidung der Europäischen Zentralbank über Anleihenkäufe. Noch allerdings hat das Land Geld.


Vor NeuwahlenGriechenland bringt der EZB neue Diskussionen

Griechenlands Neuwahlen beeinflusst auch die Entscheidung der Europäischen Zentralbank über Anleihenkäufe. Noch allerdings hat das Land Geld.

© DPAVergrößernDie Flaggen von EU und Griechenland.
Die neue Griechenland-Krise wirft auch einen Schatten über das in der Europäischen Zentralbank (EZB) geplante Anleihekaufprogramm. EZB-Präsident Mario Draghi arbeitet nach Angaben aus Notenbankkreisen darauf hin, in der Sitzung am 22. Januar die Pläne möglichst konkret zu diskutieren oder wahrscheinlich schon einen Beschluss zu fassen. Das wäre aber nur drei Tage vor den Neuwahlen in Griechenland, bei denen das linksradikale Bündnis Syriza hohe Gewinnchancen hat, das einen Schuldenschnitt fordert. Von einem solchen Schuldenschnitt könnte auch die EZB betroffen sein.
„Griechenland zeigt die Problematik von Sovereign Risks“, also Risiken durch Staatsanleihen, sagte ein Notenbank-Insider dieser Zeitung. Und nicht nur in Griechenland, sondern auch in Spanien, Italien und Frankreich gebe es starke Oppositionsparteien, die einen Austritt aus der Eurozone forderten oder in Kauf nähmen, um die Sparpolitik zu beenden. „In allen Ländern kann es politische Unfälle geben“, sagte dazu der Notenbanker. Wenn die EZB Staatsanleihen kaufe und dann eine neue Regierung eine Umschuldung durchsetze, erlitte die Zentralbank und mithin der europäische Steuerzahler finanzielle Verluste. Deutschland hat rund 26 Prozent des EZB-Kapitals eingezahlt und würde in Höhe dieses Anteils an den Verlusten beteiligt.
Aus ihrem ersten Anleihekaufprogramm (SMP) von Mai 2010 bis September 2012 hält die EZB noch griechische Papiere im Nominalwert von etwa 35 Milliarden Euro. Bei der ersten Umschuldung Griechenlands im März 2012, von Athen als „freiwillig“ bezeichnet, setzte die EZB durch, dass sie vom Schuldenschnitt ausgenommen wurde.

Nationale Notenbanken könnten Anleihen kaufen

Draghi hat aber klargestellt, dass die EZB bei künftigen Anleihekäufen keinen Status als „bevorzugter Gläubiger“ mehr einfordern werde, weil dies letztlich dazu führt, dass sich andere, private Gläubiger zurückhalten, weil ihr Ausfallrisiko eher steigt. Bei künftigen Käufen wäre die EZB und mithin der Steuerzahler also mit in der ersten Reihe, wenn es Verluste gibt. Davor hat Bundesbank-Chef Jens Weidmann im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung jüngst gewarnt.
Die EZB lanciert derweil als Kompromissvorschlag die Idee, dass nicht die Europäische Zentralbank, sondern nur die nationalen Notenbanken die jeweiligen Anleihen ihres Landes kaufen könnten. Damit gäbe es vordergründig keine Gemeinschaftshaftung. Allerdings könnte die in die Märkte gepumpte Liquidität bei einem Anstieg der Kapitalflucht, etwa weil die Griechenland-Krise eskaliert, die sogenannten Target-Salden anschwellen lassen. Target ist das grenzüberschreitende Zahlungsverkehrssystem der Euro-Notenbanken. In der Krise haben sich Banken angeschlagener Länder über Target sehr viel Geld beschafft. Umgekehrt hat die Bundesbank über Target viel Geld verliehen und daher Forderungen von aktuell 468 Milliarden Euro. Bei einem Euro-Austritt eines Landes ist ungeklärt, ob die anderen Notenbanken die Target-Schulden des Landes beglichen bekämen.

Syriza fordert einen Schuldenschnitt

Die größte griechische Oppositionspartei Syriza und ihr Vorsitzender Alexis Tsipras ziehen zwar mit der Forderung eines Schuldenschnitts in den Wahlkampf, quantifizieren diesen aber nicht. Lediglich der Fraktionsvorsitzende von Syriza im Parlament, Panagiotis Kourouplis, nannte einen Schnitt von 70 Prozent als Ziel. Tsipras sagte im November, eine Regierung unter seiner Führung würde die Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Internationalen Währungsfonds einhalten.
Mit der EZB und den Euro-Mitgliedsländern solle aber über einen Schuldenschnitt verhandelt werden. Tsipras fordert eine internationale Schuldenkonferenz nach dem Vorbild der Londoner Konferenz von 1953, die die Altschulden der neuen Bundesrepublik Deutschland regelte. So eine Schuldenkonferenz hatte im vergangenen Jahr auch der Ökonom Hans-Werner Sinn vorgeschlagen. Nach Tsipras' Vorschlag soll die Schuldenkonferenz die Regeln von 1953 übernehmen und mit Griechenland beginnen, aber kein Sonderrecht für Griechenland statuieren, sondern mit Ländern wie Portugal, Zypern und Italien fortsetzen, so Tsipras.
Mehr zum Thema
Nach dem Scheitern der Präsidentenwahl sagte am Montag Finanzminister Gikas Hardouvelis, Griechenland sei bis März zahlungsfähig, könne seine Ausgaben selbst finanzieren und Verpflichtungen bedienen. Im ersten Quartal addieren sich die Rückzahlungsverpflichtungen auf 4,8 Milliarden Euro. Im dritten Quartal sind 10,6 Milliarden Euro aufzubringen.
Bereits im zweiten Quartal könnte Griechenland in Zahlungsschwierigkeiten kommen, und es gebe einen enormen Handlungsdruck, sagt der in Athen lebende deutsche Finanzfachmann Jens Bastian. Denn Athen sei der Zugang zu den Kapitalmärkten derzeit verwehrt, und die Troika gibt die letzte Tranche von 7,5 Milliarden Euro erst nach Abschluss der laufenden Prüfung frei. Sollte Syriza die Regierung stellen, müssten die Verhandlungen mit der Troika zu Ende geführt werden, bevor die Forderung nach einem Schuldenschnitt auf die Tagesordnung käme.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen