Schuldenstreit ArgentinienNeues Jahr könnte Lösung bringen
22. Dezember 2014, aktualisiert 22. Dezember 2014, 10:30 Uhr
New York/Buenos AiresEs war die Finanzschlacht des Wirtschaftsjahres 2014: Hedgefonds gegen Argentinien – oder „Geier“ gegen „Gesetzlose“, wie die Streitenden sich gegenseitig beschimpften. Die zweitgrößte Volkswirtschaft Südamerikas – an den Abgrund getrieben von ein paar New Yorker Anleihe-Investoren?
2015 wird die Machtprobe weitergehen. Allerdings unter anderen Vorzeichen, die endlich eine Lösung bringen könnten. Denn zum Jahreswechsel werden die Karten im Schuldenstreit wegen des Wegfalls eines entscheidenden Details neu gemischt.
Die Vorgeschichte: New Yorker Hedgefonds hatten sich nach einem Staatsbankrott Argentiniens vor 13 Jahren günstig mit ausfallbedrohten Anleihen eingedeckt und erfolgreich auf volle Rückzahlung geklagt. Doch die Regierung in Buenos Aires weigert sich beharrlich, die unbequemen Schuldeneintreiber zu bedienen.
Sie beruft sich auf eine Klausel namens RUFO („Rights Upon Future Offers“). Diese verbietet es, den Fonds Vorteile gegenüber anderen Gläubigern einzuräumen. Da die restlichen Investoren nach der Staatspleite von 2001 hohe Verluste in Kauf nahmen, durften die Fonds nicht bessergestellt werden. Doch Ende 2014 läuft die Klausel aus.
Damit wäre der Weg für neue Verhandlungen frei. Die Regierung sei dafür auch grundsätzlich offen, erklärte Wirtschaftsminister Axel Kicillof kürzlich im argentinischen Rundfunk. Er sagte jedoch auch: „Das Problem ist nicht Argentinien, das Problem sind die Geier.“
Die Hedgefonds – NML Capital aus dem Elliott-Imperium des New Yorker Milliardärs Paul Singer sowie Aurelius Capital – wollten sich auf Nachfrage nicht äußern. Vor kurzem nannten sie die argentinischen Regierungsvertreter aber noch „Gesetzlose“. Ein Angebot Singers, direkte Verhandlungen aufzunehmen, wurde von Argentinien strikt abgewiesen. Die Fronten dürften also verhärtet bleiben.
Experte Aryam Vazquez vom Analysehaus Oxford Economics rechnet trotzdem mit einer Annäherung: „Die Regierung ist sich sehr bewusst, dass sie eine Einigung mit den Fonds finden muss, um zumindest etwas Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen, damit sie wieder Zugang zu den Finanzmärkten findet“, sagte Vazquez der Deutschen Presse-Agentur.
Kein erstrebenswerter Dauerzustand
Nach einem Gerichtsurteil darf Argentinien Rechnungen bei anderen Gläubigern in den USA nicht bedienen, solange die Forderungen der Hedgefonds offen sind. Das Land wird deshalb von Ratingagenturen als sogenannter technischer Pleitefall eingestuft – kein erstrebenswerter Dauerzustand. „Dennoch besteht auch das Risiko des Ausbleibens einer Vereinbarung (mit den Hedgefonds)“, räumte Vazquez ein.
Argentinien bereitet sich für einen möglichst reibungslosen Wiedereintritt in die internationalen Finanzmärkte vor. Die Regierung hat bereits in den letzten Monaten Anleihen an den Markt bringen können, zahlt aber dafür hohe Zinsen von jährlich rund neun Prozent. Im kommenden Jahr sind laufende Verpflichtungen über 13,3 Milliarden Dollar fällig. Die argentinischen Devisenreserven von rund 30 Milliarden Dollar bieten dem Land dabei nur einen engen Spielraum.
Das Urteil in New York hat zudem Argentinien zu Zahlungen von 1,7 Milliarden Dollar verurteilt. Weitere Gläubiger, die nicht die Umschuldungen von 2005 und 2010 angenommen haben, könnten 15 Milliarden Dollar fordern, obwohl eine ausgehandelte Lösung Abstriche oder eine Zahlung über längerfristige Papiere beinhalten könnte. Das Risiko einer tatsächlichen Staatspleite scheint mit der bevorstehenden Aufhebung der RUFO-Klausel und den erfolgreich – wenn auch teuer – abgesetzten Anleihen jedoch vorerst verflogen zu sein.
„Der erreichte Zugang zu den Finanzmärkten stellt Argentinien in eine bessere Ausgangsposition für Verhandlungen mit den Hedgefonds“, sagte Dante Sica von der Beratungsfirma Acebeb der Wirtschaftszeitung „El Cronista“. Rein technisch brauche ein ausgehandeltes Abkommen mit den Gläubigern aber mindestens drei Monate.
Experten in Buenos Aires sind der Meinung, dass sich die Regierung nach Aufhebung der RUFO-Klausel Zeit nehmen wird, um eine Einigung mit den prozessierenden Gläubigern zu erreichen. Die schwierige Lage der Wirtschaft erfordert allerdings dringend neue Investitionen.
Für Oktober 2015 sind Wahlen angesetzt, deren Ausgang ungewiss ist. Staatschefin Cristina Fernández de Kirchner kann nicht zu einer zweiten Wiederwahl antreten. Eine Einigung kurz vor der Abstimmung, deren Auszahlung auf die nächste Regierung fiele, könnte Kirchners politische Zukunft dennoch in ein positiveres Licht stellen.
Quelle: Handelsblatt Online
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