AMERIKANER HALTEN ZU GRIECHENLAND
US-Ökonomen schlagen sich auf Tsipras' Seite
New YorkAmerikanische Ökonomen haben viel Verständnis fürGriechenland und wenig Verständnis für den Rest der Euro-Zone. Zwar kommentiert Marc Chandler von der US-Bank BBH die jüngste Entwicklung mit dem harschen Urteil: „Die unerfahrene griechische Regierung hat die Nerven verloren.“ Aber das betrifft nur das politische Ungeschick der Machthaber in Athen. Ökonomisch gesehen hat Chandler in den Monaten zuvor immer wieder die Sparpolitik der Europäer kritisiert.
Und in dem Punkt sind sich viele der amerikanischen Volkswirte einig. Einige gehen dabei mit den Europäern sogar persönlich sehr hart ins Gericht. James Galbraith etwa sagt auf Anfrage: „Das Benehmen von Merkel/Gabriel, Hollande und Renzi, zusammen mit Juncker, spricht Bände darüber, was sie von der griechischen Nation halten, wie sie es mit der Wahrheit halten und welchen politischen Weg sie verfolgen.“ Er empfiehlt den Griechen, im Referendum mit „Nein“ zu stimmen, das sei entgegen anderen Meinungen die einzige Chance, im Euro zu bleiben: „Sonst wird Griechenland politisch zusammenbrechen, und die nächste Rebellion wird sich offen gegen den Euro richten.“
Galbraith hatte sich freilich schon im Vorfeld positioniert: Er veröffentlichte zusammen mit dem griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis im März das Buch „Bescheidener Vorschlag zur Lösung der Eurokrise“. Die Ideen darin entsprechen weitgehend den ökonomischen Ausführungen, mit denen Varoufakis im Laufe der Verhandlungen seine europäischen Kollegen im Vorlesungsstil beglückt hat, ohne sich damit Freunde zu machen.
Die Sparpolitik, die Europa Griechenland auferlegt hat, funktioniert in den Augen der meisten US-Experten nicht und ist damit der eigentliche Grund der Krise. Besonders oft und beharrlich hat der Nobelpreisträger Joseph Stiglitz gewarnt, dass so die griechische Volkswirtschaft zerstört und die Euro-Zone destabilisiert wird. Das zuletzt häufig gehörte Argument, selbst bei einem Ausstieg Griechenlands aus der Euro-Zone sei eine Ansteckung anderer Länder zu befürchten, lässt er nicht gelten.
Sein Argument: „Bei einem Grexit wäre klar, dass die Euro-Zone nur eine Veranstaltung auf Zeit ist. Und was passiert dann, wenn demnächst zum Beispiel Spanien wieder unter Druck gerät?“ Stiglitz empfiehlt den Griechen, lieber den Ausstieg aus dem Euro in Kauf zu nehmen, als sich dem Diktat der Deutschen zu beugen.
Ähnlich sieht es Paul Krugman. Er forderte am Montag in seiner Kolumne für die „New York Times“: Griechenland sollte mit „Nein“ stimmen, und die griechische Regierung sollte nötigenfalls den Ausstieg aus dem Euro vorbereiten.
David Kelly von JP Morgan sieht die gesamte Krisenpolitik Europas als weitgehend verfehlt an. „Man kann nicht gleichzeitig in der Finanzpolitik und in der Geldpolitik die Zügel anziehen“, sagt er mit Blick auf die Zeit vor dem Schwenk der Europäischen Zentralbank zu einer großzügigen Geldpolitik.
Mehr Verständnis für Deutschland zeigt der US-Investor Warren Buffett. Er äußerte Ende März in einem Fernseh-Interview, ein Ausstieg Griechenlands aus der Euro-Zone könne der richtige Schritt sein – um zu zeigen, dass fiskalische Regeln auch eingehalten werden müssen. Und setzte hinzu: „Die Deutschen werden die Griechen nicht ewig finanzieren.“
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