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Dienstag, 30. Juni 2015

Fahrplan für eine neue Währung Der Grexit kommt nur langsam Von Christoph Herwartz Ein Austritt aus der Eurozone könnte Griechenland endlich wieder eine eigene Geldpolitik ermöglichen. Doch so schnell geht das nicht.

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Es würde wohl eine Weile dauern, bis Griechenland neue Münzen geprägt hat. Die alten lassen sich als neue Währung nicht verwenden.
Es würde wohl eine Weile dauern, bis Griechenland neue Münzen geprägt hat. Die alten lassen sich als neue Währung nicht verwenden.(Foto: REUTERS)

Fahrplan für eine neue WährungDer Grexit kommt nur langsam

Von Christoph Herwartz
Ein Austritt aus der Eurozone könnte Griechenland endlich wieder eine eigene Geldpolitik ermöglichen. Doch so schnell geht das nicht.
Wenn am Mittwoch die Bankautomaten in Griechenland auf einmal neue Drachmen ausgeben würden, wäre die Sache wahrscheinlich halb so schlimm. Wie ein Staat mit einer eigenen Währung durch geldpolitische Maßnahmen zu Wirtschaftswachstum kommt, ist bekannt und in Ökonomie-Lehrbüchern gut beschrieben. Allerdings hat die griechische Regierung wohl nicht vorgesorgt und keine Banknoten drucken lassen. Zumindest gibt es dafür keine Anzeichen. Statt eines schnellen Neustarts wird der Austritt aus dem Euro, so er denn kommt, nur langsam vonstattengehen. Vielleicht würde Griechenland sogar offiziell Mitglied der Währungsunion bleiben.
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Offiziell pleite ist das Land wohl schon um Mitternacht deutscher Zeit. Denn dann endet die Geschäftszeit des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington (18 Uhr Ortszeit). Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras hat bereits angekündigt, dass der IWF keinen Zahlungseingang feststellen wird, obwohl Kredite in Höhe von über 1,5 Milliarden Euro fällig sind. Im Alltag wird das erst einmal nicht zu spüren sein. Der IWF kann Griechenland ausschließen, hat aber ansonsten keine Macht, sein Geld zurückzufordern.

So entsteht eine Parallelwährung

Die Griechen werden die Pleite bemerken, wenn für Rentner und Staatsangestellte kein Geld mehr da ist. Das müsste spätestens Ende Juli der Fall sein. Ein naheliegender Ausweg für die Regierung: Von den Renten und Gehältern wird nur der Teil gezahlt, den das Land im selben Monat durch Steuern einnimmt. Den fehlenden Anteil könnten die Griechen nachfordern, wenn wieder Geld da ist. Ob der Staat dazu Schuldscheine ausstellt oder die Forderungen virtuell bleiben, spielt dabei eine untergeordnete Rolle.
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Das Entscheidende ist: Die Griechen haben dann Forderungen an ihren Staat, die dieser nicht mehr in Euro auszahlen kann. Wenn ein Staatsangestellter den in Euro ausgezahlten Lohn aufgebraucht hat, zum Beispiel um seine Miete zu bezahlen, könnte er versuchen, mit seinen Schuldscheinen zu bezahlen. Eine Parallelwährung wäre geschaffen. Man könnte auch versuchen, Schuldscheine zu verkaufen. Man würde dafür aber weniger Geld bekommen, als man an Lohn oder Rente eingebüßt hat. Denn wer immer diese Scheine kaufen würde, er kann sich sicher sein, dass der griechische Staat auch in Zukunft nicht genug Geld haben wird, sie vollständig einzulösen. Die Parallelwährung hätte abgewertet.

Griechenland könnte in der EU bleiben

Es wäre dann im Interesse des griechischen Staates, die Parallelwährung unter Kontrolle zu bekommen und statt der Schuldscheine ordentliche Banknoten auszugeben.
Dies wäre auch darum wichtig, weil die griechischen Banken sich nicht lange im System der EZB werden halten können. Sobald sie von den Notfallkrediten abgeschnitten werden – und dies könnte schon bald der Fall sein – haben sie kein Geld mehr, das sie an ihre Kunden auszahlen könnten. Wenn Griechenland eigenes Geld druckt, könnte es dieses an die Banken ausgeben und die könnten damit wieder für einen normalen Geldkreislauf sorgen. Die griechische Zentralbank könnte dann auch einen Leitzins festsetzen, also wieder eine eigenständige Geldpolitik betreiben. Per Leitzins kann eine Zentralbank Inflation herbeiführen, was die Konkurrenzfähigkeit heimischer Unternehmen im Ausland stärkt und die Kosten für Staatsausgaben reduziert.
An der Mitgliedschaft Griechenlands im Euroraum oder gar in der EU hätte sich damit erst einmal nichts geändert. Und wahrscheinlich würden die Griechen noch lange Zeit parallel zur neuen Drachme auch mit Euro bezahlen.
Quelle: n-tv.de

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