Alternative Geldanlage
So funktioniert Deutschlands erste islamische Bank
Die KT Bank orientiert sich an islamischen Gesetzen. Die Zielgruppe sind nicht nur Muslime. Die drei Grundpfeiler ihres Handelns sollen alle ansprechen, die ihr Geld ethisch korrekt anlegen wollen. Von Karsten Seibel
Geht es nach dem Andrang zur offiziellen Eröffnungszeremonie, muss sich die erste Islambank in Deutschland keine Sorgen um ihre Zukunft machen. Eine Journalistentraube mit mehreren Kamerateams, viele Männer in dunklen Anzügen, ein paar Frauen mit Kopftuch – sie alle drängten sich in der Mittagssonne vor dem Eingang der neuen Filiale der Kuveyt Türk Bank (KT Bank) in der Frankfurter Innenstadt.
Nahe der Börse, zwischen Commerzbank (Link: http://www.welt.de/themen/commerzbank/) -Filiale und Modeboutique liegt die neue Anlaufstelle für alle, die sich bei ihren Bankgeschäften an den Regeln des Koran orientieren wollen.
"Wir erwarten viel Nachfrage in Deutschland, nicht nur von den hier lebenden Muslimen, sondern von allen Menschen, die sich für ethisches Banking interessieren", sagte der angereiste Hamad Abdulmohsen al-Marzouq. Er ist Verwaltungsratschef des 1977 gegründeten Kuwait Finance House, dem weltweiten Vorreiter unter den Islambanken und größten Aktionär des KT-Mutterkonzerns in der Türkei.
"Wir sind offen für Kunden aller Religionen", fügte er noch hinzu. Außer in Frankfurt hat die KT Bank seit diesem Monat Filialen in Mannheim und Berlin. Und das grün-gelbe Logo mit der Palme soll bald in weiteren deutschen Großstädten zu sehen sein. "Wir wollen uns innerhalb der Euro-Zone als Erstes in Deutschland etablieren, in weiteren Schritten können wir uns dann beispielsweise auch den Markteintritt in Frankreich vorstellen", sagte al-Marzouq.
Das Problem mit dem Risiko
Ein Kern des islamischen Banking: Zinsen zu zahlen oder zu kassieren, ist verboten. Neben diesem Zinsverbot (Riba) gehören das Spekulationsverbot (Gharar) und das Verbot des Glücksspiels (Maysir) zu den Grundpfeilern des schariakonformen Bankwesens. Zudem gibt es Geschäfte, die die Bank in keinem Fall macht: nämlich solche, die in Zusammenhang mit Alkohol, Prostitution, Tabak, Pornografie und Rüstung stehen.
Das heißt nicht, dass die Bank keinen Gewinn machen will. "Wir haben ein unverkrampftes Verhältnis zum Profit", sagte Kemal Ozan, Leiter des Deutschlandgeschäfts der KT Bank. Jede Transaktion basiert auf dem Kauf eines realen Gutes, etwa eines Autos oder eines Hauses.
Die Bank kauft das Gut und verkauft es mit einem Aufschlag an den Kunden. Dieser bezahlt in Raten. Am Ende entsprechen die Aufschläge bei Konsumenten- und Immobilienkredit ungefähr dem Zins bei klassischen Banken.
Weitere Unterschiede mussten überwunden werden, bevor die Finanzaufsicht BaFin der KT Bank im Frühjahr die Lizenz geben konnte. So müssen Banken, die nach den religiösen Gesetzen des Islam agieren, ihre Kunden eigentlich an jeglichem Risiko beteiligen.
Steuerliche Feinheiten
In Deutschland dürfen Banken dagegen nur Geschäft machen, wenn die Einlagen der Kunden bis zu 100.000 Euro durch die gesetzliche Einlagensicherung geschützt sind. "Wenn man die Scharia streng auslegt, dürfte es keine Einlagensicherung geben", sagt Matthias Casper vom Exzellenzcluster "Religion und Politik" der Universität Münster. Die Konten der KT Bank sind abgesichert.
Eine zusätzliche Herausforderung stellte die Steuergesetzgebung dar: Wenn erst die Bank eine Immobilie kauft und diese an den Kunden verkauft, fällt zwei Mal Grunderwerbsteuer an. Dies umgeht die KT Bank dadurch, dass sie mit dem Kunden eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gründet. Diese Gesellschaft kauft die Immobilie, der Kunde kauft der Bank ihre GbR-Anteile ab.
Das Geld der Bank kommt aus einem Topf, in dem die Kontoeinlagen der Kunden liegen. Der Sparer wird an den durchschnittlichen Renditen aller Kreditgeschäfte beteiligt – nach einem festen Schlüssel.
Bei Festgeld bis 100.000 Euro und bis zu einer Laufzeit von 24 Monaten gehen 75 Prozent des zwischenzeitlich erwirtschafteten Gewinns an den Sparer, 25 Prozent bleiben bei der Bank. Ab 36 Monaten lautet der Schlüssel 82/18. Wie viel Rendite dabei am Ende herauskommt, lässt sich im Vorfeld nicht sagen.
Brücke nach Deutschland
Wo das Geld eingesetzt wird, dagegen schon. "Das Geld, das wir hierzulande bei Sparern einsammeln, wird ausschließlich für Kreditnehmer in Deutschland genutzt", sagte al-Marzouq. Das Geld werde nicht an den Mutterkonzern in der Türkei oder in andere Länder transferiert.
Lediglich in die andere Richtung, aus dem Ausland nach Deutschland, erhofft er sich eine Bewegung. Die KT Bank will mit ihrem Firmenkundengeschäft eine Brücke für Kunden aus der Türkei und Kuwait sein, die ihr Geld in Deutschland investieren wollen.
Bislang hat die Bank in Deutschland 150 Konten eröffnet. Bis Ende des Jahres sollen es 10.000 sein. "Bis Ende 2018 hoffen wir bereits auf 200.000 Kunden", sagte Deutschlandchef Ozan. Dabei setzt die Bank vor allem auf die mehr als vier Millionen Muslime im Land.
Konservative ohne Alternative?
Beobachter sind skeptisch. "Die meisten deutschen Muslime kommen aus der Türkei und Osteuropa. Dort ist das Geschäftsmodell selbst noch relativ neu", sagt Wissenschaftler Casper. Viele haben sich ihr Auto oder ihr Haus längst von der Sparkasse, der Volksbank oder privaten Großbank an der Ecke finanzieren lassen.
Ozan lässt sich von solchen Einwänden nicht entmutigen. Solange es in Deutschland keine schariakonforme Bank gab, sei der Gang zu einer Zinsbank kein Problem gewesen. "Wenn sie jedoch eine Alternative haben, müssen die sehr Konservativen sie nutzen", sagte er.
Inwieweit die Mitglieder anderer Religionen am ethischen Grundgedanken des Islam-Banking Gefallen finden, ist die andere Frage. Matthias Casper ist an der Stelle zurückhaltend, denn an sozialökologischen Instituten gibt es bereits heute in Deutschland keinen Mangel. Casper: "Wer darauf Wert legt, kann auch zur Ethikbank, GLS Bank oder Pax-Bank gehen."
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