UnternehmensfinanzierungSchuldscheine im Aufwind
Schuldscheine beschränken sich längst nicht mehr auf Deutschland. Unternehmen emittierten im ersten Halbjahr neun Milliarden Euro und auch asiatische Fonds schätzen die Titel immer mehr.
23.07.2015, von MARKUS FRÜHAUF
© DPAArbeiterin im Werk von ZF Friedrichshafen: Der Autozulieferer hat den größten Schuldschein aller Zeiten begeben.
Der Schuldschein fristet in der Öffentlichkeit ein Nischendasein, für Unternehmen aber ist er ein wichtiges und flexibles Finanzierungsinstrument. Im ersten Halbjahr emittierten die Unternehmen diese Titel im Volumen von knapp 9 Milliarden Euro, wie der Finanzdatenanbieter Thomson Reuters nun mitteilte. Damit wurden schon drei Viertel des Emissionsvolumens aus dem gesamten Vorjahr erreicht. Die Analysten der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) erwarten im Jahresverlauf eine etwas moderatere Emissionstätigkeit, nachdem sich der dynamische Verlauf aus dem zweiten Halbjahr 2014 in der ersten Jahreshälfte 2015 fortgesetzt hatte.
Nach Angaben der auf Unternehmensfinanzierung spezialisierten Beratungsgesellschaft Capmarcon erhöhte sich das Marktvolumen seit Ende 2014 um knapp 7Prozent auf 61,3 Milliarden Euro. Im Vergleich dazu haben deutsche Unternehmen mehr als viermal so viele Anleihen begeben. Die Schuldscheine werden ausgewählten Investoren – in der Regel Banken und Versicherern – angeboten. Im Gegensatz zu Anleihen werden sie an keinem Markt gehandelt. Deshalb können Investoren wie zum Beispiel Versicherer die Schuldscheine zum Einstandskurs bilanzieren, während sie bei Unternehmensanleihen den Kursschwankungen ausgesetzt sind.
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Die Schuldscheine beschränken sich längst nicht mehr auf Deutschland. Nach Angaben von Capmarcon schätzen immer mehr institutionelle Investoren aus Asien diese Titel. Dabei handelt es sich vor allem um Fonds wie zum Beispiel den Singapurer Staatsfonds GIC. Aber auch Unternehmen aus Frankreich, Österreich, Großbritannien, der Schweiz und Skandinavien setzen verstärkt auf diese Finanzierungsform. Viele Investoren kommen auch aus diesen Ländern. Nach Zählung der Helaba hatten im ersten Halbjahr deutsche Emittenten einen Marktanteil von 70 Prozent und ausländische von 30 Prozent.
Bankkredit bleibt wichtigste Finanzierungsform
Das laufende Jahr begann am Schuldscheinmarkt mit einem Paukenschlag: Denn der Autozulieferer ZF Friedrichshafen begab den größten Schuldschein aller Zeiten, um die Übernahme des amerikanischen Konkurrenten TRW zu finanzieren. Das Volumen belief sich auf 2,2 Milliarden Euro. Damit wurde der alte Rekord aus dem Jahr 2008, als der Autokonzern BMW über Schuldscheine 1,35 Milliarden Euro aufgenommen hatte, deutlich übertroffen. Ursprünglich hatte ZF Friedrichshafen nur ein Volumen von 300 Millionen Euro geplant. Der zweitgrößte Schuldschein stammt von der österreichisch-deutschen Möbelgruppe Steinhoff mit 650 Millionen Euro. Auf dem dritten Platz folgt die Hamburger Energienetze GmbH, die einen Titel über 329 Millionen Euro emittierte. Dahinter liegt der Kupferkonzern Aurubis mit einem Schuldschein über 300 Millionen Euro.
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Nach Angaben von Capmarcon wies weit mehr als die Hälfte aller Schuldscheinemissionen im ersten Halbjahr ein Emissionsvolumen von 50 bis 200 Millionen Euro auf. Schuldscheine in Größen von mehr als 100 Millionen Euro haben deutlich zulasten kleinerer Emissionen zugenommen. Für deutsche Unternehmen bleibt aber der Bankkredit die mit Abstand wichtigste Finanzierungsform. Laut Capmarcon stammen drei Viertel der Unternehmensfinanzierung von der Kreditwirtschaft. Auf Anleihen entfallen 18 Prozent und auf Schuldscheine 6 Prozent. Im ersten Quartal stiegen die Bankkredite an die Wirtschaft um 17 Milliarden auf 1535 Milliarden Euro.
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