EU-KommissionDeutschland baut seine Macht in Brüssel aus
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- Die Bundesrepublik hat so viele Schlüsselpositionen in der Europäischen Kommission inne wie kein anderes europäisches Land.
- Über die deutschen Führungskräfte können frühzeitig nationale Interessen zwischen Berlin und Brüssel abgestimmt werden.
- Der Anteil der Frauen unter deutschen Spitzenbeamten liegt deutlich unter dem EU-Durchschnitt.
Die Bundesrepublik hat so viele Schlüsselpositionen in der Europäischen Kommission inne wie kein anderes europäisches Land. Deutsche Staatsbürger besetzen 1382 Spitzenjobs in der mächtigsten Behörde Europas und sind mit einem Anteil von 10,2 Prozent "die größte Ländergruppe vor Frankreich und Belgien". Das geht aus dem "Vierten Bericht der Bundesregierung zur deutschen Personalpräsenz in internationalen Organisationen" hervor, den das Auswärtige Amt turnusgemäß vorgelegt hat.
Insbesondere in der seit November 2014 von Präsident Jean-Claude Juncker geführten EU-Kommission ist der deutsche Einfluss deutlich gewachsen, sowohl auf politischer als auch administrativer Ebene. Neun von 28 EU-Kommissaren einschließlich des Präsidenten haben die Leitung ihres Kabinetts in deutsche Hände gelegt; insgesamt gehören 28 Deutsche den höchsten politischen Entscheidungsgremien der Behörde an. Die deutsche Präsenz habe sich "im Vergleich zu den Kabinetten der letzten Kommission nochmals verbessert", schreiben die Autoren.
Der deutsche Frauenanteil liegt deutlich unter EU-Durchschnitt
Über das Personal in den Kabinetten sichert sich die Bundesrepublik Einfluss auf den europäischen Gesetzgebungsprozess. Die EU-Kommission ist alleinig berechtigt, Gesetze vorzuschlagen. Über die deutschen Führungskräfte können frühzeitig nationale Interessen zwischen Berlin und Brüssel abgestimmt werden und in die Entscheidung einfließen, welche Gesetze vorgelegt werden. Auch an Gesetzestexten schreiben Deutsche federführend mit.
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Deutschland stellt vier Generaldirektoren und sechs Stellvertreter und besetzt damit so viele Schlüsselposten in der Verwaltung wie kein anderes Land. Allerdings liegt der deutsche Frauenanteil in den Spitzenjobs mit knapp 33Prozent deutlich unter EU-Durchschnitt (42 Prozent).
Großbritanniens Präsenz ist dramatisch geschrumpft
In den vergangenen Jahren sind verstärkt Vertreter aus mittel- und osteuropäischen Mitgliedstaaten gefördert worden; Rumänien und Polen stellen die Mehrheit der dienstjüngeren Beamten. Die meisten Bewerber aus den alten Ländern stammen aus Italien, gefolgt von Deutschland. Frankreich hat dagegen an Einfluss eingebüßt. Geradezu dramatisch geschrumpft ist die Präsenz Großbritanniens. Das Interesse junger Briten an einer Karriere in der EU-Kommission tendiert gegen null; zugleich ist die Gründungsgeneration in Rente gegangen.
In den anderen EU-Institutionen sind Deutsche weniger präsent. Im Parlament liegt die Bundesrepublik nur auf Platz 4. In der europäischen Länderkammer, dem Rat, belegen Deutsche etwa zehn Prozent der Spitzenjobs, sie liegen damit hinter Belgien und Frankreich.
Dass die Europäische Kommission in Berlin höchste Priorität hat, belegt auch der jüngste Vorstoß der Bundesregierung, die Behörde unpolitischer und damit kontrollierbarer zu machen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat jüngst im Kreise seiner Ressortkollegen angeregt, die Behörde solle Kernkompetenzen wie Haushaltskontrolle, Wettbewerbsaufsicht und Binnenmarktregeln abgeben.
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