Déjà-vu! Wie Griechenland sich schon einmal unbeliebt machte
In der WELT am SONNTAG (Ausgabe 7. März 2010) erinnerte Dr. Silvana Koch-Mehrin, Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments und Vorsitzende der FDP im Europäischen Parlament, an den Rauswuwrf von Griechenland aus der ‘Lateinischen Münzunion’:Griechisches Finanzchaos und Europa – das hat Tradition. Denn ähnlich wie sich die Griechen in den Euro mogelten und die EU vor den Schummeleien die Augen verschloss, lief es schon vor 142 Jahren.
Aus politischen Gründen wollten Frankreich, Italien, Belgien und die Schweiz das damals schon wirtschaftlich instabile Land am Rande Europas einbinden – 1868, drei Jahre nach ihrer Gründung, trat Griechenland der ‘Lateinischen Münzunion’ bei. Anders als bei der Einführung des Euro gab es keine Aufnahmebedingungen.
Das Prinzip der Münzunion ähnelte dem Euroraum: Alle Länder prägten Gold- und Silbermünzen mit eigenen Währungsbezeichnungen – französischer und belgischer Franc, Schweizer Franken, italienische Lira und griechische Drachme -, die aber den exakt gleichen Durchmesser hatten und vor allem: ein vertraglich festgelegtes Gewicht aus 835er Silber oder 900er Gold. Man verpflichtete sich zur gegenseitigen Annahme der Münzen. Weil deren Nennwert dem Metallwert entsprach, waren sie noch das Zahlungsmittel Nummer eins.
Doch beim Geld hörte auch damals schon die Freundschaft auf: Die notorisch klammen Länder Italien und Griechenland fingen an zu schummeln. Sie veränderten Gewichtsanteile und begannen, zusätzlich das damals relativ neue Papiergeld in ihren Ländern einzuführen. Ihren Bürgern, die aus den anderen Ländern der Union mit Gold- und Silbermünzen nach Hause zurückkehrten, schwatzten sie im Tausch immer mehr Papiergeld auf. Das galt zwar nur im eigenen Land, der Münzunion wurden so aber wertvolle Gold- und Silbermünzen entzogen.
Die wirtschaftlich starken Unionsländer nahmen die Mogeleien zwar zunächst hin, waren aber zunehmend empört. Der Schweizer Botschafter in Paris beispielsweise sprach von der ‘unglücklichen Heirat mit Griechenland’. Leider sei man sie ‘einmal eingegangen – die Folgen müssen wir weiter tragen’.
40 Jahre nach dem Beitritt, 1908, hatten die Länder der Münzunion schließlich genug: Sie warfen Griechenland hinaus, griechisches Geld galt fortan nur noch in Griechenland. Die Mitgliedsländer zogen die noch kursierenden griechischen Münzen aus dem Geldkreislauf heraus und schickten sie nach Athen. Verbliebene Restbestände wurden später eingeschmolzen.
Mit Beginn des Ersten Weltkriegs weichten auch die anderen Länder das Regelwerk auf, gaben die Bindung ihrer Währungen an Gold und Silber Stück für Stück auf. 1927 war die Lateinische Münzunion am Ende.
Schon damals hätte man lernen können: Wer wirtschaftlich und politisch zusammengehören will, braucht klare Regeln und harte Strafen bei Verstößen. Aber man muss auch in der Lage sein, die Regeln der Realität anzupassen.
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