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Sonntag, 20. Mai 2012

Vierzig Jahre nach dem Beitritt, nämlich 1908, hatten die Länder der Münzunion schließlich genug: Sie warfen Griechenland förmlich hinaus; griechisches Geld galt fortan nur noch in Griechenland. Die Mitgliedsländer zogen die noch kursierenden griechischen Münzen aus dem Geldkreislauf und schickten sie nach Athen.

Die Lateinische Münzunion

Das folgende 20. Jht. sollte dem Land bzgl. wirtschaftlicher- und politischer Turbulenzen keine Besserungen zeitigen, auch wenn – aus politischen Gründen – die Länder Frankreich, Italien, Belgien und die Schweiz das chronisch instabile Land im bereits erwähnten Jahre 1868 in die Lateinische Münzunion einbanden. Anders als bei der Einführung des Euro, gab es bei der einige Jahre zuvor gegründeten Währungsunion keine Aufnahmebedingungen. Das Prinzip dieser Münzunion ähnelte dem des heutigen Euroraumes: Alle Länder prägten Münzen (und zwar auch in Gold- und Silber) mit eigenen Währungsbezeichnungen – französischer und belgischer Franc, schweizerische Franken, italienische Lira und eben auch die griechische Drachme. Sie hatten allesamt exakt den gleichen Durchmesser und hatten vor allem ein vertraglich festgelegtes Gewicht aus 835-er Silber bzw. 900-er Gold. Man verpflichtete sich zur gegenseitigen Annahme der Münzen. Weil deren Nennwert dem Metallwert in Gold entsprach, waren sie ein bestens bewährtes und akzeptiertes Zahlungsmittel in den genannten Partnerländern. Auch außerhalb dieses Währungsraumes erfreute sich das „lateinische“ Geld großer Beliebtheit. Länder wie Spanien, die meisten anderen Balkan-Staaten und auch die k.u.k.-Monarchie Österreich-Ungarn lehnten sich an dieses System stark an. 

Doch beim Geld hörte auch damals schon die Freundschaft auf: Die notorisch klammen Länder Italien und Griechenland nahmen die Vorgaben nicht immer ganz so genau: Sie veränderten Gewichtsanteile und begannen, zusätzlich das damals relativ neue Papiergeld in ihren Ländern einzuführen. Ihren Bürgern, die aus den anderen Ländern der Union mit Gold- und Silbermünzen nach Hause zurückkehrten, gaben diese beiden Staaten im Tausch immer mehr Papiergeld. Das galt zwar nur im eigenen Land, der Münzunion wurden so aber wertvolle Gold- und Silbermünzen entzogen. Die wirtschaftlich starken Unionsländer nahmen diese Umtriebe zwar zunächst hin, waren aber verständlicherweise zunehmend empört. Der schweizerische Botschafter in Paris beispielsweise sprach von der „unglücklichen Heirat mit Griechenland“. Leider sei man sie „einmal eingegangen – die Folgen müssen wir weiter tragen“. 

Vierzig Jahre nach dem Beitritt, nämlich 1908, hatten die Länder der Münzunion schließlich genug: Sie warfen Griechenland förmlich hinaus; griechisches Geld galt fortan nur noch in Griechenland. Die Mitgliedsländer zogen die noch kursierenden griechischen Münzen aus dem Geldkreislauf und schickten sie nach Athen. Verbliebene Restbestände wurden später eingeschmolzen. Derweil zeichnete sich das Land am Vorabend des Ersten Weltkriegs unverändert auch durch eine fortgesetzte politische Instabilität aus: 1913 wurde König Georg I. ermordet.[7]
 
Ergänzend sei an dieser Stelle gesagt: Wie anders aber die damalige politische und wirtschaftliche Union des Habsburgerlandes mit ihren beiden Reichshälften von Trans- und Cisleithanien umging. Beide Reichshälften hatten, unter Einschluss ihrer beiden jeweils zugehörigen Gebiete, ein seit dem berühmten Ausgleich von 1867 gleichberechtigtes Münz- und Währungsregal. Keine Reichshälfte übervorteilte dabei die jeweils andere Seite, man konnte sich stets aufeinander verlassen – und zwar auch unter dem Vorzeichen, dass das Land ob seines großen Selbstverteidigungsbedarfes und hoher administrativer Kosten (wegen der Vielvölkersituation) vergleichsweise öffentlich hoch verschuldet war. 1892 wurde mit Blick auf eine Währungsvereinfachung und hinsichtlich einer Verschlankung des Außenhandels in starker Anlehnung an die Lateinische Münzunion die k.u.k. Goldkrone aus der Taufe gehoben. Eine Goldkrone (ungar.: Korona) entsprach, wie ein Franken in der lateinischen Münzunion, jeweils fast exakt 0,3 Gramm Feingold. Anders als das seinerzeit fragwürdige Benehmen Griechenlands blieb das Währungsverhältnis beider Reichshälften zueinander bis zum Ende des Ersten Weltkriegs im besten gegenseitigen Vertrauen stabil – dies auch, nachdem man kriegsbedingt anno 1914 die Edelmetallmünzen aus dem Zahlungsverkehr einziehen musste.[8]

 

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