Zu den Besonderheiten des griechischen Wahlrechts gehört, dass die stärkste Parlamentsfraktion 50 Sitze geschenkt bekommt. Das erklärt vielleicht, warum man in Brüssel und Berlin bisher so ruhig war, obwohl die Wahlprognosen einen verheerenden Absturz für Pasok und Nea Dimokratia vorausgesagt hatten. Wahlprognosen sahen die „Troika“-Parteien Pasok und Nea Dimokratia bei 40 Prozent. Das hätte mit etwas Glück ausgereicht, um 50 Prozent der Parlamentssitze zu besetzen.
Falls keine Regierung gebildet werden kann, sieht das griechische Recht Neuwahlen vor. Eine repräsentative Umfrage in Griechenland ermittelte gerade, dass bei einer Neuwahl die Anti-Troika-Partei Syriza noch stärker werden würde. Nach einer Neuwahl käme der 50-Sitze-Bonus Syriza zu Gute. Seit es in Griechenland für die Troika keinen Ansprechpartner mehr gibt, ist in Brüssel die Bereitschaft zu drastischen Schritten deutlich gestiegen. ZDF-„heute“-Moderator Claus Kleber erklärt am 14. Mai in einer Direktheit, die noch vor wenigen Tagen Aufsehen erregt hätte: „Es wird immer offener darüber gesprochen, dass jetzt ein Ende mit Schrecken die am wenigsten schlimme Lösung wäre. Griechenland bankrott und raus aus dem Euro.“
Zur besten ZDF-Sendezeit beschreibt
Deutsche-Bank-Chefvolkswirt Mayer, wie ein Euro-Ausschluss Griechenlands
ablaufen würde: Bank Run, Grenzkontrollen, Abstempeln der griechischen
Euro-Banknoten zu Drachmen, „ziemliches Chaos“.
Wäre es möglich, ein chaotisches Griechenland im Währungsverbund zu halten, auch wenn Griechenland die Insolvenz erklärt? Die EZB hat meiner Kenntnis nach keine Möglichkeit, die Geldschöpfung griechischer Banken und die Geldschöpfung der Notenbank zu beeinflussen.
Falls ein patriotisch gestimmter Regierungschef oder ein verwegener General der staatseigenen Hellenischen Postbank die Order erteilt, der Regierung einen 50-Mrd.-Kredit zu gewähren, dann könnte niemand in Brüssel oder Frankfurt etwas dagegen tun. Die EZB müsste schon den harten Weg gehen und Griechenland vom SWIFT-Überweisungssystem abkoppeln. Doch selbst dann könnte Griechenland immer noch seine eigenen Banknoten drucken.
Im Gegensatz zu den meisten anderen Euro-Notenbanken stellt
die griechische Notenbank ihre Euro-Banknoten immer noch selbst her -
auf griechischem Hoheitsgebiet.
Einen kleinen Vorgeschmack auf so ein Szenario gab es bereits: Die
griechische Notenbank hat die griechische Euro-Bargeldmenge bereits
verachtzehnfacht. Im Rahmen des ELA-Programms hat die griechische
Notenbank Geld in Höhe eines doppelten Staatshaushalts erschaffen und an
die Banken überwiesen. Von chinesischen Anlegern hört man derzeit die
Frage, wie man einen deutschen Euro von einem griechischen Euro
unterscheiden kann.
Wenig bekannt ist, dass es so etwas Ähnliches schon einmal gab.
Griechenland wurde aus der Lateinischen Münzunion herausgeworfen, weil
es heimlich die Münzen verschlechterte, d.h. den Edelmetallgehalt
senkte.
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