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Sonntag, 17. Juni 2012

Europa wappnet sich für die Griechenland-Wahl Erinnerungen an den Tag der Lehman-Pleite

Europa wappnet sich für die Griechenland-Wahl Erinnerungen an den Tag der Lehman-Pleite

16.06.2012 ·  Am Sonntag wählen die Griechen und alle warten gespannt. Die Kanzlerin ermahnt das Land, sich an Absprachen zu halten. Trotz aller Appelle stellt sich Europa derweil auch auf einen möglichen Austritt Griechenlands aus dem Euro ein.
© REUTERS Seinen Sieg fürchtet Europa: Alexis Tsipras vom Bündnis der radikalen Linken (Syriza)
Vor der entscheidenden Parlamentswahl in Griechenland am Sonntag herrscht in Europa große Nervosität. „Erinnerungen an den Tag der Lehman-Pleite im Herbst 2008 hängen über diesem Tag“, hieß es in der Finanzwelt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lehnte jegliche Änderung am Sparpaket der Griechen ab. Es könne nicht sein, dass diejenigen, die sich nicht an Abmachungen hielten, jeden anderen „am Nasenring durch die Manege führen“.
Die Kredite des Euro-Krisenfonds EFSF und des Internationalen Währungsfonds IWF dürfen nur weitergezahlt werden, wenn die neue Regierung die in einem „Memorandum“ vereinbarten Auflagen einhält. Nicht nur die linke Partei Syriza, sondern auch die konservative Partei Nea Dimokratia haben angekündigt, das Memorandum neu verhandeln zu wollen. Sollte Griechenland die Auflagen nicht erfüllen, dürfte das Land spätestens Mitte August, wenn wieder eine neue Kredittranche fällig wird, zahlungsunfähig werden. Den griechischen Banken droht dann die Insolvenz, und die Europäische Zentralbank (EZB) darf die Kreditinstitute nicht mehr refinanzieren: Dann muss Griechenland eine eigene Währung einführen („Grexit“). Zwar kann die Griechische Nationalbank auch im Alleingang Euronoten drucken; dies könnte der EZB-Rat allerdings untersagen.
Angesichts der dramatischen Situation mehren sich Stimmen, die Griechenland zur Wiedereinführung der Drachme raten. „Unter den Bedingungen des Euro kann es Griechenland aus ökonomischen Gründen nicht schaffen“, sagte der Vorsitzende des Innenausschusses im Deutschen Bundestag, der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach, der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Auch im Unternehmerlager bekommt diese Haltung Unterstützung: „Für Griechenland wäre ein Neuanfang außerhalb des Euro der leichtere Weg“, sagte der Präsident des Verbandes der Familienunternehmer Lutz Goebel der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Die bisher geflossenen Gelder seien ohnehin verloren.
In der Bundesregierung wird derweil an Notfallplänen gearbeitet. Es geht Angst um, ein unsicherer Wahlausgang in Griechenland könne am Montagmorgen zu einem Sturm auf die Banken führen, wenn die Leute ihr Erspartes sichern wollen. Ebenso groß ist die Furcht, dass auch andere südeuropäische Krisenländer angesteckt werden könnten und die Anleger dort ihr Geld abziehen.
Für den Sonntagabend haben sich nach unbestätigten Berichten die EU-Finanzminister zu einer Telefonkonferenz verabredet; die Bundeskanzlerin hat ihren Abflug zum G-20-Gipfel in Mexiko auf Mitternacht verschoben. Dies nährte am Samstag die Erwartung, die europäischen Staats- und Regierungschefs könnten womöglich schon am Sonntag in einer konzertierten Aktion weitreichende Garantien für die Banken aussprechen - ähnlich wie im Herbst 2008, als die Regierung die Einlagen der Sparer garantierte. Das würde im Euroraum freilich einen Betrag von elf Billionen Euro umfassen.

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/europa-wappnet-sich-fuer-die-griechenland-wahl-erinnerungen-an-den-tag-der-lehman-pleite-11788219.html

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