Anleger gegen CommerzbankFalschberatungsklage wegen „Gurke“
02.12.2013 · Sie ist ein Wahrzeichen Londons: Die Büroimmobilie „The Gherkin“ (“Die Gurke“). Doch sie ist schon lange faul. Jetzt versuchen Anleger, Verluste einzuklagen.
Von MARTIN HOCK
Auch wenn man es ihr nicht ansieht: diese Gurke ist faul. Der bekannte Londoner Büroturm, der zwischen 2001 und 2004 im Auftrag einer Tochtergesellschaft des Schweizer Rückversicherers Swiss Re gebaut worden ist, macht seinen Eigentümern wenig Freude, in allererster Linie den Zeichnern des Immobilienfonds IVG Euro Select 14. Im Gegenteil: Nach der jüngsten vorliegende Leistungsbilanz des Initiators lag der Wert der Immobilie im Frühjahr 2012 bei 470 bis 531 Millionen Pfund. Angekauft wurde das Objekt einst für brutto 600 Millionen Pfund. Die Mieteinnahmen fielen seit der Emission 8,5 Prozent niedriger aus als geplant, die Bewirtschaftungskosten blieben.
Doch das ist nicht das einzige Problem: Der Turm war zu einem großen Teil mit einem Kredit in Schweizer Franken finanziert. Doch die Einnahmen wurden in Pfund erwirtschaftet. Mit der Abwertung des Pfundes gegen den Franken verschlechterte sich das Verhältnis von Immobilienwert zu Schuldenstand soweit, dass es den Vorgaben der finanzierenden Banken nicht mehr entsprach. Daraufhin wurde der Kredit in ein Pfund-Darlehen umgewandelt und ein Stillhalteabkommen abgeschlossen. Die Überschüsse mussten auf einem an die Banken verpfändeten Treuhandkonto thesauriert und konnten nicht ausgeschüttet werden.
Das Ende vom Lied war, dass die letzte Ausschüttung 2008 nur 2,75 Prozent betrug und es seitdem gar nichts mehr gab. Die Einschätzung am Zweitmarkt ist klar: An der Fondsbörse Deutschland wurde der Anteil zuletzt vor knapp drei Wochen für 5,5 Prozent seines Nominalwerts gehandelt. Die mangelnde Werthaltigkeit zeigte sich auch an anderer Stelle: Laut Medienberichten sollen Finanzinvestoren, unter anderem der Staatsfonds von Katar, dem insolventen Immobilienkonzern rund 700 Millionen Euro für die Gurke angeboten haben – rund drei Viertel des einstigen Kaufpreises.
Nun versuchen Anleger offenbar auf andere Weise ihr Geld zu retten. So meldete die auf Kapitalanlage- und Bankrecht spezialisierte Rechtsanwaltskanzlei Kälberer & Tittel am Montag, dass sie für einen Mandanten eine erste Klage gegen die Vertriebsbank, die Commerzbank als Rechtsnachfolgerin der Dresdner Bank, wegen Falschberatung eingereicht habe. Gefordert wird die Rückabwicklung der Beteiligung und die Freistellung des Klägers von allen Schäden und Nachteilen, die der Kläger aus der im September 2007 gezeichneten Beteiligung in Höhe von nominal 15.000 Pfund erlitten habe. An dem Fonds sind geschätzt rund 9000 Anleger beteiligt. Die Commerzbank wollte zu der Klage nicht Stellung nehmen. Sie habe die Klage noch nicht erhalten.
Obwohl Rechtsanwalt Kälberer einräumt, dass die Kreditproblematik und auch schwächere Mietergebnisse als prognostiziert durch die Finanzkrise mitverursacht worden seien, argumentiert er, dass die Mieterträge von vornherein zu optimistisch angesetzt worden wären. Darüber hinaus habe es falsche Angaben im Prospekt gegeben: Nach Ansicht der Kanzlei hätten die Gestehungskosten des Bauherrn lediglich 350 Millionen Pfund betragen. Das legt die Argumentation nahe, dass der Bau zu teuer erworben wurde. Darüber hinaus hätten 2007 Verkäufer und Hauptmieter der Immobilie dem Konzernverbund der Swiss Re angehört, was aber im Prospekt verschleiert worden sei.
Insgesamt seien die Anleger in vielen Fällen seinerzeit von den Vertriebsbanken nicht ausreichend über die Risiken aufgeklärt worden. Damit ergeben sich laut Rechtsanwalt Dietmar Kälberer gute Chancen für Anleger, Schadensersatzansprüche durchzusetzen. „Wichtig ist dabei aber, nicht zu lange zu warten – denn in manchen Fällen greift schon bald, nämlich Ende dieses Jahres, die Verjährung.“
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