24.06.2015 | 16:27 Uhr
Das Griechenland-Risiko in Zahlen
Wie sich die Reaktionen der Märkte auf die zunehmenden Grexit-Befürchtungen quantifizieren lassen, zeigt Peter Szopo, Chief Equity Strategist, Erste Asset Management, anhand eines eigens hierfür entwickelten "GREEKRISK"-Risikoindikators.
Die längsten „fünf Minuten vor zwölf“ in der jüngeren Geschichte neigen sich ihrem Ende zu. Allerdings wurde immer noch kein Abkommen unterzeichnet, auch wenn einige der Differenzen zwischen Griechenland und seinen Gläubigern in den langen Verhandlungsrunden ausgeräumt werden konnten.
Die Frage, wie die Märkte auf einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone („Grexit“) reagieren würden, ist größtenteils Spekulation, aber man kann zumindest den Versuch unternehmen, die Reaktion der Märkte auf die Schwankungen des Griechenland-Risikos zu analysieren.
Für diesen Zweck haben wir einen simplen Risikoindikator ermittelt. Dieser Indikator (GREEKRISK) ergibt sich aus der der Renditedifferenz zwischen den 10-jährigen griechischen Staatsanleihenrenditen und der Durchschnittsrendite vergleichbarer Staatsanleihen aus Italien, Spanien und Portugal. Durch diese Berechnung wird das allgemeine Risiko der Peripheriemärkte in der Eurozone zu einem großen Teil eliminiert. Der Vorteil dieser Kennzahl gegenüber Credit Default Spreads (CDS) liegt darin, dass letztere ein extrem volatiles Handelsmuster an den Tag legen.
Die nachfolgende Graphik zeigt die Entwicklung von GREEKRISK seit 2009 und stellt dar, wie dieser Indikator von wichtigen politischen und wirtschaftlichen Ereignissen beeinflusst wurde:
Was man sofort erkennt: unser Risikoindikator GREEKRISK, der seit dem letzten Herbst wieder zu steigen begann, befindet sich nach wie vor deutlich unterhalb des Höchstniveaus der letzten Krise. Wir befinden uns zwar nicht im „Panik-Modus“, aber Renditen von über 10% zeigen, wie besorgt die Investoren sind.
Der zweite bedeutende Aspekt ist der Umstand, dass sich zahlreiche zwischenzeitliche Erfolge als äußerst kurzlebig erwiesen haben. Hilfsprogramme führten nur kurzfristig zu Renditerückgängen, während einige Maßnahmen, die als große Erfolge gefeiert wurden, innerhalb weniger Wochen oder Monate wieder verpufften (wie z.B. die Umschuldung im März 2012 oder die Rückkehr Griechenlands als Emittent am internationalen Anleihemarkt im Vorjahr).
Deshalb sind die Hoffnungen, dass die Risiken selbst bei einer Einigung der beteiligten Seiten im Jahresverlauf nicht doch wieder aufleben, gering. Gideon Rachmann, ein anerkannter Finanzjournalist hat deshalb (hoffentlich) unrecht, wenn er in der Financial Times schreibt: „unabhängig davon, welche Entscheidungen getroffen werden – sämtliche Varianten führen zum Chaos“.
Peter Szopo, Chief Equity Strategist, Erste Asset Management
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