Verstärkte Nato-PräsenzAmerikaner verlegen schweres Militärgerät nach Osteuropa
Es geht um Ausrüstung für mehrere tausend Soldaten, Panzer und Artillerie: Der amerikanische Verteidigungsminister Ashton Carter hat bei seinem Besuch im Baltikum Details genannt, wie die Vereinigten Staaten ihre Militärpräsenz in den Nato-Staaten Osteuropas ausbauen wollen.
23.06.2015
Inmitten des bewaffneten Konflikts in der Ostukraine verlegen die Vereinigten Staaten erstmals schweres Militärgerät in die Nato-Staaten Mittel- und Osteuropas. Washington wolle „vorübergehend“ Ausrüstung für eine Kampfbrigade stationieren, sagte der amerikanische Verteidigungsminister Ashton Carter am Dienstag in der estnischen Hauptstadt Tallinn bei einer Pressekonferenz mit seinen Kollegen aus den drei Baltenstaaten. Zu dem Gerät zählten unter anderem Panzer und Artillerie. Eine amerikanische Kampfbrigade besteht aus rund 5000 Soldaten.
Estland, Lettland, Litauen, Bulgarien, Rumänien und Polen hätten zugestimmt, Ausrüstung in Bataillon-Stärke aufzunehmen. Das Gerät werde „an verschiedenen Standorten der Region für Ausbildung und Übungen genutzt werden", sagte Carter.
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Bei einem Besuch in Berlin hatte der Pentagon-Chef bereits am Montag entsprechende Pläne bestätigt, jedoch keine Details genannt. Ziel der Amerikaner sei es, „die Widerstandsfähigkeit“ der Nato „und insbesondere von Verbündeten an ihren Rändern zu erhöhen“. Das betreffende Militärgerät sei derzeit in Deutschland stationiert, fügte der amerikanische Verteidigungsminister hinzu.
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hatte zudem am Montag in Brüssel angekündigt, dass die Allianz ihre Eingreiftruppe auf 30.000 bis 40.000 Soldaten erweitern will. Damit werde die „aktuelle Größe mehr als verdoppelt", sagte er. Den Beschluss dazu würden die Nato-Verteidigungsminister bei ihrem Treffen am Mittwoch und Donnerstag in Brüssel treffen.
Nato-„Speerspitze“ ab 2016 voll einsatzbereit
Bisher zählt der Kern der Nato-Eingreiftruppe rund 13.000 Soldaten, hinzu kommen Kommandoeinheiten und eine Unterstützungsreserve. Die Soldaten der NATO Response Force (NRF) können im Krisenfall sehr viel schneller stationiert werden als herkömmliche Truppen. Die Nato gründete innerhalb der NRF zudem eine sogenannte Speerspitze mit rund 5000 Soldaten, die binnen Tagen in Krisengebiete geschickt werden kann. Sie soll insbesondere Russland demonstrieren, dass die Nato ihre östlichen Bündnispartner nicht im Stich lassen wird. Dieses Jahr wird das neue Konzept getestet. 2016 soll die Speerspitze voll einsatzbereit sein.
Angesichts des russischen Vorgehens in der Ukraine sorgen sich mehrere osteuropäische Nato-Staaten um ihre Sicherheit und fordern eine stärkere Präsenz der Allianz. Russland wiederum reagierte auf Berichte zu den amerikanischen Militärplänen mit der Ankündigung, sein Atomwaffenarsenal ausbauen und bis zum Jahresende mehr als 40 neue Interkontinentalraketen für die Atomstreitkräfte des Landes anschaffen zu wollen.
Lafontaine macht Front: „Fuck the US-Imperialism“
Mit harschen Worten hat unterdessen Linken-Politiker Oskar Lafontaine die Ukraine-Politik der Vereinigten Staaten kritisiert. „Fuck the US-Imperialism“, schrieb er am Dienstag zum Europa-Besuch Carters auf seiner Facebook-Seite. Carter sei als „US-'Verteidigungs'- also -Kriegsminister in Berlin“.
„Der US-Kriegsminister ruft die Europäer dazu auf, sich der russischen „Aggression“ entgegenzustellen. Dabei hätten die Europäer allen Grund, sich der Aggression der Amerikaner entgegenzustellen“, argumentierte der einstige SPD-Vorsitzende.
Mit seiner Kritik bezog sich Lafontaine auf eine Äußerung der amerikanischen Diplomatin Victoria Nuland zur Ukraine-Krise. In einem auf YouTube am 6. Februar 2014 veröffentlichten Telefonat mit dem amerikanischen Botschafter in Kiew hatte sie gesagt: „Fuck the EU“ - frei übersetzt: „Die EU kann uns mal.“
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